Radkultur

Sternfahrt Ruhr malte Räder aufs Revier

Am 20. September hieß es bei der Fahrradsternfahrt Ruhr: Wir malen Fahrräder aufs Revier!

Die Sternfahrt fand in diesem Jahr wegen Corona in einem neuen Design statt. Es gab am 20. September nicht wie üblich eine zentrale Tour, bei der am Zielort viele Menschen aufeinander treffen, sondern Einzelne und Gruppen sind Rad gefahren und haben die gefahrenen Wege mit einer App erfasst. Die Wege aller App-Nutzer*innen lassen sich auf einer Karte anzeigen, und je häufiger eine Strecke gefahren wurde, umso heller leuchtet sie auf dieser Karte. Indem wir uns bei den Wegen abgestimmt haben, wollten wir gemeinsam Fahrräder aufs Ruhrgebiet malen. Jeder mit Spaß am Radfahren war aufgerufen, mitzumachen.

„Das klappt nie“, hat uns so mancher gesagt, und zeitweise haben wir selbst gezweifelt. Seit acht Jahren wird die Sternfahrt Ruhr von VeloCityRuhr mit wechselnden Partnern veranstaltet, aber in dieser Form fand sie noch nie statt. Es war völlig unklar, ob das Experiment gelingen oder scheitern würde. Wir haben es trotzdem versucht: Es gab ein riesiges Fahrrad quer übers Revier, das so groß war, dass jeder Einzelne nur ein Teilstück fahren konnte, und es gab kleine Fahrradformen in einzelnen Städten, die man vollständig abfahren konnte.

Am Sonntag wurde es dann spannend. So manche/r musste früh aufstehen, um nach der Tour auf einem Stück des riesigen Fahrrads rechtzeitig zur Kidical Mass wieder in der Heimatstadt zu sein. Abends haben sich für die kleinen Fahrradformen in einigen Städten spontane Critical Mass gebildet, zum Beispiel in Witten, wo die Critical Mass schnell wächst und auf Twitter als @CM_Witten sehr aktiv ist. Passend zur (noch) nicht alltagstauglichen Oberfläche des östlichen Rheinischen Esels ist die Wittener Fahrrad-Form eindeutig ein BMX-Rad.

In Dortmund war der Andrang besonders groß: 90 Radfahrende trafen sich nach der Kidical Mass um 18 Uhr an der Reinoldikirche, um mit einer Critical Mass das Dortmunder Rad zum Leuchten zu bringen. Mit dem Wall als Vorderrad, dem krummen Bananenradweg als Teil des Hinterrads, dem Hoeschpark als Sattel und der Bornstraße als Lenkstange bringt es das Dortmunder Rad auf eine Gesamtlänge von etwa 18 Kilometern. Nicht nur Radfahrende waren interessiert. Auch die Polizei kam — bestens vorbereitet — zur Reinoldikirche. Sie hatte sich die Route bei uns heruntergeladen und fein säuberlich auf Papier ausgedruckt.
Trotzdem war bei der Vorbereitung offenbar etwas schief gelaufen, denn die Ordnungshüter*innen hatten versehentlich keine Fahrräder, sondern ein Auto mitgebracht. Dass dieser Fahrzeugtyp in der Stadt gewisse Nachteile hat, dürfte bekannt sein, aber immerhin nahmen sie es mit Humor, als sie an den Pollern des Gerichtsplatzes die Verfolgung aufgeben mussten: „Das ist aber jetzt echt unfair!“ war über die Lautsprecheranlage zu hören. Dank Karte fanden sie zwar wieder den Anschluss, aber nach einer erneuten Enttäuschung an den Pollern des Bananenradwegs machte sich offenbar die Erkenntnis breit, dass bei einer Critical Mass niemand Straftaten begehen will, sondern einfach nur viele Menschen mit Spaß und Musik gemeinsam Rad fahren. Und dass das auch ohne Begleitung recht gut funktioniert.

Das Dortmunder Fahrrad ist deutlich erkennbar. Klicken zum Vergrößern.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Auf Dortmund strahlt ein wunderschönes Fahrrad! Auch Bochum und Witten waren erfolgreich und haben klar erkennbare Räder gemalt (allerdings ist die Beule im Wittener Vorderrad wirklich beängstigend). Beim riesigen Fahrrad sind die beiden Räder deutlich erkennbar, auch der Rahmens ist gut sichtbar. Das ist es, was zählt! Technische Kleinigkeiten wie Sattel und Lenker werden ohnehin völlig überschätzt. Insgesamt war die Weltpremiere im Fahrrad-Malen also ein voller Erfolg!

Möglich wurde die Aktion durch die Zusammenarbeit mit Bike Citizens, die eine App für Navi und Routenplanung anbieten, die auch Wege aufzeichnen kann. Neben dem Bereitstellen einer kostenlosen Ruhrgebietskarte für alle hat Bike Citizens uns die hoch aufgelösten gefahrenen Strecken für den 20. September zur Verfügung gestellt, die man hier sehen kann. Vielen Dank dafür!

Räder und Rahmen des riesigen Fahrrads sind gut erkennbar. Essen und Dortmund sind die Radnaben, Bochum das Tretlager. Und wer genau hinschaut, sieht kleine Fahrräder auf Dortmund, Witten und Bochum leuchten. Klicken zum Vergrößern.
Fahrräder in Bochum, Witten und Dortmund gesichtet. Klicken zum Vergrößern.

Interessant sind die vielen Details, die auf den Karten erkennbar sind, besonders für Dortmund, für das wir eine besonders gut aufgelöste Karte haben.

Zum Beispiel strahlt das Dortmunder Rad im Vergleich zu anderen Städten besonders hell. Das zeigt wieder einmal: Die Menschen in Dortmund wollen Rad fahren! Und sie wünschen sich Bedingungen, unter denen das auch gut und sicher möglich ist. Nun sind Politik und Verwaltung gefragt, den vielen schönen Worten über die Fahrradstadt Dortmund auch endlich Taten folgen zu lassen.

In einigen Städten ist auch die Route der Kidical Mass erkennbar. So ist in Dortmund die Strecke vom Wall über Geschwister-Scholl-Straße und Oesterholzstraße zum Borsigplatz kein Teil des Fahrrads, aber sie strahlt hell, weil sie Teil des Weges ist, den die Kidical Mass gefahren ist.

Auch einzelne Straßen sind erkennbar, wenn sie von Radfahrenden genutzt werden. Die Ruhrallee/Ruhrwaldstraße wird im Süden genutzt, im Norden verschwindet sie dagegen von der Karte. Niemand nutzt sonntags die B1, aber der Phoenixsee ist gut erkennbar. Die Märkische Straße verliert klar gegen den Hundeweg und der Weg von der City über die Schützenstraße und das Geschnörkel in Fredenbaumpark und Weidenstraße zum Kanal leuchtet besonders hell.

In Dortmund sind unzählige Details erkennbar. Seht Ihr den Phoenixsee? Und wo ist die Kleine Beurhausstraße? Klick aufs Bild zum Vergrößern.

Peter Fricke

Peter aus Dortmund schreibt mit der Absicht, auch von jenseits der Stadtgrenzen zu berichten. Interessiert sich für Infrastruktur und die Frage, wie man des Rad als Verkehrsmittel für die große Mehrheit attraktiv machen kann. Ist leider nicht in der Lage, mit Falschparkern auf Radverkehrsanlagen gelassen umzugehen. Per E-Mail erreichbar unter peter.fricke, dann folgt das übliche Zeichen für E-Mails, und dann velocityruhr.net.

Ein Gedanke zu „Sternfahrt Ruhr malte Räder aufs Revier

  • Arno Groß

    Hätte ich nicht gedacht, das es kalppt. Gibt es bessere Bilder von Witten?

    Antwort

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