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Neue Umwege für Rad- und Fußverkehr: Bleibt der Weg zwischen den Westfalenhallen offen?

„Im Einklang mit der beschriebenen hochbaulichen Entwicklung wird auch die verkehrstechnische Erschließung und die Lenkung der unterschiedlichen Verkehrsarten (KFZ-Verkehr; Fuß-/RadVerkehr) optimiert.“ (Drucksache 13930-19 zur „Eventmeile Strobelallee“, S. 4). Die heutige Führung von Rad- und Fußverkehr ist blau eingezeichnet. Wenn es zu einer Sperrung des Verbindungswegs kommt, muss der optimierte rote Weg genommen werden. Grafik: © OpenStreetMap-Mitwirkende/Peter, CC BY-SA)

Direkte Wege sind für Fuß- und Radverkehr mit ihrer geringen Umwegtoleranz von entscheidender Bedeutung. In Dortmund ist eine solche direkte Verbindung jetzt in Gefahr: Die Westfalenhallen möchten den Verbindungsweg zwischen den Hallen 3 und 4 schließen und nur in Ausnahmefällen, etwa bei BVB-Spielen öffnen.

Der Weg ist Teil einer fast schnurgeraden Verbindung von der Lindemannstraße über die B1-Brücke bis zur Strobelallee. Er verbindet das Kreuzviertel mit seiner dichten Bebauung und den Fachhochschul-Standorten mit den Stadien an der Strobelallee, dem Eissportzentrum und dem Freibad, dem Naherholungsgebiet Bolmke und den Kleingartenanlagen. Außerdem ist er Teil einer verkehrsarmen Verbindung zum Schultenhof und den südlichen Stadtteilen

Besondere Bedeutung hat der Weg für Bewohner des Kreuzviertels und FH-Studierende als schnelle Verbindung zum Haltepunkt Signal-Iduna-Park, der für viele Ziele im Süden, Südosten oder Osten der günstigste Bahnhaltepunkt ist. Das zeigt auch, warum der Weg dauerhaft geöffnet bleiben muss: Wenn temporäre Sperrungen drohen, müssen Bahnreisende die Zeit für den Umweg immer mit einplanen, so dass eine temporäre Sperrung fast so negativ wie eine dauerhafte Sperrung wirkt.

Interne Logistikachse

Die Westfallenhallen möchten den Weg als interne Logistikachse nutzen und begründen das damit, dass der Auf- und Abbau im Messebetrieb schneller erfolgen könne, wenn auf dem Weg keine Fußgänger und Radfahrer unterwegs seien. Außerdem wird auf Probleme der Verkehrssicherheit verwiesen, wenn beim Auf- und Abbau von Messen Fuß- und Radverkehr mit Lkw-Verkehr gemischt werde. Und schließlich würden manche Veranstalter ein abgeschlossenes Messegelände fordern.

Eventmeile Strobelallee

Die Diskussion wird aktuell geführt, weil die Stadt unter dem Oberbegriff „Messe- und Veranstaltungszentrum Strobelallee“ umfangreiche Veränderungen in diesem Bereich plant. So soll die Messe erweitert werden und ein Großkongresszentrum mit Kongresshotel gebaut werden. Im zentralen Bereich der Strobelallee soll eine „Eventmeile Strobelallee“ entstehen. Diese soll sich im „Bereich zwischen der Helmut-Körnig-Halle im Osten und der Straße ‚Im Rabenloh‘ im Westen, zu einer Identität prägenden und adressstiftenden Kernzone entwickeln und sich als neuer zentraler Open Air Eventbereich etablieren.“ Damit das funktioniert, sollen zwei Kreisverkehre gebaut werden und dazwischen soll der Kfz-Verkehr dauerhaft oder zumindest temporär herausgenommen werden. Interessant ist die Beschreibung in der Verwaltungsvorlage: „Individualverkehr findet hier, wenn überhaupt, nur noch temporär statt“. Auch im Jahr 2019 ist Individualverkehr in Dortmund also nur, was Brumm-Brumm oder Summ-Summ macht. Fuß- und Radverkehr zählen nicht.

Haltung von Politik und Verwaltung

Das wird auch in der Stellungnahme der Verwaltung zu einer möglichen Sperrung des Wegs deutlich: „Der städtebauliche Rahmenplan beinhaltet keine Entscheidung zur Öffnung oder Schließung des Westfalenhallen-Durchgangs […], der besonders zu BVB Spielen und großen Events eine wichtige Funktion für den Fuß- und Radverkehr übernimmt. Aktuell werden unterschiedliche Varianten, die eine temporäre sowie eine kontinuierliche Schließung vorsehen, zwischen der Westfalenhallen Unternehmensgruppe GmbH und der Verwaltung diskutiert. Zielsetzung ist, unter Abwägung und Bewertung sämtlicher Interessenslagen, eine für alle Beteiligten einvernehmliche Lösung zu erarbeiten.“

Wie ein klares Bekenntnis der Verwaltung zu einem dauerhaft offenen Weg klingt das nicht gerade. In der Politik möchte niemand eine dauerhafte Sperrung, aber auch dort fehlt überwiegend das klare Bekenntnis zum Erhalt des jetzigen, dauerhaft offenen Zustands. Lediglich von den Grünen gab es einen Antrag (über den noch nicht entschieden wurde), die Verbindung für den Fuß- und Radverkehr grundsätzlich zu sichern und eine Sperrung des Durchgangs auf Ausnahmefälle zu beschränken.

Weiteres Vorgehen

Die Verwaltung wurde von der Politik damit beauftragt, zum Durchgang „in Abstimmung mit der Westfalenhallen GmbH einen Lösungsvorschlag zu erarbeiten, der den unterschiedlichen Interessen Rechnung trägt.“ Das Ergebnis ist den politischen Gremien erneut zur Beratung und Beschlussfassung vorzulegen, voraussichtlich noch in diesem Jahr.

Würde die Stadt ihre eigenen Beschlüsse ernst nehmen, wäre das Ergebnis klar und der Weg würde offen bleiben. Eine Sperrung des Weges, auch wenn sie nur temporär ist, verletzt gleich zwei Ziele des Masterplans Mobilität 2030, der derzeit erarbeitet wird: Sie widerspricht der Zielsetzung des Masterplans, Dortmund als Stadt der kurzen Wege weiterzuentwickeln. Und sie widerspricht dem Ziel der Förderung des Fußverkehrs, des Radverkehrs sowie des ÖPNV.

Mit einer Schließung würde das Gegenteil erreicht.

Der Weg endet an der Strobelallee. (Foto: Jan Rocho)
Blick von Norden von der B1-Brücke (Foto: Jan Rocho)
Blick von Süden, im Hintergrund die B1-Brücke. (Foto: Jan Rocho)
Dortmund will sich bekanntlich auf den Weg nach Kopenhagen machen. Ein langer Weg – und ziemlich eng noch dazu. Über diesen engen Zickzackpfad soll der Radverkehr sich quälen, wenn der Weg zwischen den Hallen gesperrt wird. (Foto: Jan Rocho)
Noch nicht einmal eine Verbreiterung wäre mögliich, weil die angrenzenden Rosenterassen geschützt sind. (Foto: Jan Rocho)
Die Rampe ist so schmal, dass man sie leicht übersehen kann. Darum wird mit einem gut sichtbaren Schild auf sie hingewiesen. (Foto: Jan Rocho)
Gegenverkehr ist erst im letzten Moment zu sehen. (Foto: Jan Rocho)
Radverkehr braucht Qualität, keine Umwege über Zickzackpisten! (Foto: Jan Rocho)

Peter Fricke

Peter aus Dortmund schreibt mit der Absicht, auch von jenseits der Stadtgrenzen zu berichten. Interessiert sich für Infrastruktur und die Frage, wie man des Rad als Verkehrsmittel für die große Mehrheit attraktiv machen kann. Ist leider nicht in der Lage, mit Falschparkern auf Radverkehrsanlagen gelassen umzugehen. Per E-Mail erreichbar unter peter.fricke, dann folgt das übliche Zeichen für E-Mails, und dann velocityruhr.net.

3 Gedanken zu „Neue Umwege für Rad- und Fußverkehr: Bleibt der Weg zwischen den Westfalenhallen offen?

  • Johannes Jajczyk

    Hallo, ist denn schon mal etwas im Durchgang während des Auf- und Abbaus passiert? Ich hab nichts dergleichen gehört.

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    • Ich glaube, es gab vor vielen, vielen Jahren mal einen Unfall, aber seitdem sind reichlich Warnschilder aufgestellt worden – und wenn es wirklich ernsthafte Bedenken gibt, könnte man durch baulich abgegrenzte Ladebuchten sicherstellen, dass ein Stapler beim Queren nicht unmittelbar hinter einem LKW hervorkommen kann, sondern gute Sichtlinien bestehen. Und wenn das nicht reicht, um den Lieferverkehr verträglich zu machen, muss er eben eine Ebene höher oder tiefer stattfinden.

      Auf der B1 und unzähligen anderen Straßen passieren ständig Unfälle, ohne das jemand deswegen auf die Idee kommt, sie einfach zu sperren. Warum sollten für den Radverkehr andere Regeln gelten?

      Antwort
  • Jan hat ein paar schöne Bilder gemacht, der Artikel wurde aktualisiert.

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