Radkultur

Ein historisches Jahr geht zu Ende

Es gab viel zu meckern im Jahr 2016 in Dortmund: Stagnation und fehlender Wille zu Veränderung in Politik und Verwaltung, kaum Verbesserungen, dafür neue Hindernisse für den Radverkehr, ein dramatischer Rückgang der Verwarnungen für Falschparker, und der größte Teil der Mittel für den Radverkehr konnte nicht investiert werden, weil die Stadt versehentlich 600.000 € vergessen hat. Zu den ganz wenigen Pluspunkten gehören die Fortschritte bei der Planung des Gartenstadtradwegs – kein Wunder, da ist ja auch nicht die Stadt, sondern hauptsächlich der RVR zuständig, und Gleiches gilt für die Planung des Radschnellwegs Ruhr.

Ob der neue Nahmobilitätsbeirat die Stadt wirksam beraten kann, wird abzuwarten sein. Doch dass der Fußgänger- und Fahrradbeauftrage nach nur einem Jahr die Brocken hingeschmissen hat, lässt erahnen, dass der Wille, sich beraten zu lassen, wohl noch ausbaufähig ist. Zumindest in der Kategorie Etikettenschwindel waren Erfolge zu verbuchen: Eine Maßnahme zum Bau von 47 neuen Kfz-Stellplätzen in der Faßstraße konnte erfolgreich als Förderung des Rad- und Fußverkehrs verkauft werden. Ob der dabei abfallende Radfahrstreifen überhaupt benutzbar sein wird, ist derzeit noch unklar. Bleibt als einziger echter Pluspunkt die Eröffnung der vergrößerten Radstation, die allerdings mit ihrer Eröffnung im Januar eher den Aktivitäten der Vorjahre zuzurechnen ist. Aber wir wollen Erfolge nicht kleinreden: Dortmund (586.181 Einwohner) hat jetzt immerhin 440 bewachte und wohl über hundert weitere Stellplätze am Hauptbahnhof. Das sind immerhin fast zehn Prozent dessen, was die knapp 102.000-Einwohner-Stadt Delft erreicht (8700).

Nun muss man sich wohl erst einmal ausruhen, nach dieser Anstrengung.

Also alles ganz schrecklich? Ganz im Gegenteil! Schaut man über die Stadtgrenzen hinaus, wird schnell klar, dass 2016 ein grandioses, wunderbares, wahrscheinlich historisches Jahr für den Radverkehr in Deutschland war, mit ganz kleinen, aber auch bedeutenden Schritten nach vorn.

Fangen wir ganz klein an: In Bochum bewegt sich was. Nicht alles, aber doch vieles ist positiv, und anders als in Dortmund passiert wenigstens mal etwas. Mehr dazu im Januar.

Modellstrecke Radschnellweg Ruhr. (Foto: Peter Maier)
Vor allem aber: 2016 war das Jahr des Radschnellwegs Ruhr

Der anfangs noch kritisch beäugte Plan des RVR, mit einer Modellstrecke die Idee praktisch erfahrbar zu machen, ist voll aufgegangen. Seit der Eröffnung im November 2015 schafft man es kaum noch, den Überblick über die positiven Berichte in den nationalen und internationalen Medien zu behalten. Keine noch so teure Imagekampagne für das Ruhrgebiet hätte Vergleichbares leisten können. Und damit ist 2016 auch erstmals klar: Aus der Nummer kommt keiner mehr raus, das Ding ist nicht mehr zu stoppen. Den Übergang von einer bloßen Idee zu etwas Realem kann man schön an den Pressemitteilungen der CDU-Fraktion im Landtag NRW verfolgen: Im September 2014 forderte sie noch ein Ende der Planungen: „Zurück zur Realität – utopische Leuchtturmprojekte beenden“. Im September 2016 ging es dann nur noch um die Finanzierung: „Rot-Grün gefährdet Radschnellwege wegen schlechter Haushaltslage“. Auch wenn es in einzelnen Parteien noch Vorbehalte und auch noch erhebliche Unklarheiten bei der Finanzierung gibt – das Ding hat so eine Eigendynamik entwickelt, dass es für jede Landesregierung außerordentlich schwierig würde, die Sache noch zu stoppen. Ganz gleich, von welchen Parteien sie gebildet wird.

Diese Dynamik hat das Thema Radschnellwege in ganz Deutschland nochmals voran gebracht – wichtig, weil Schnellwege nützlich sind, aber auch, weil sie zeigen, dass Radinfrastruktur in Deutschland nicht qualitativ minderwertig sein muss. Und als dann, wohl teils auf Drängen der „Verkehrsministerin der Herzen“ (Zitat: Daniel Dörk) Hendricks, teils um den Bundesverkehrswegeplan grün zu waschen, 25 Millionen Bundesmittel für Radschnellwege eingeplant wurden,12 war ein weiterer wichtiger Schritt getan. Der Betrag ist lächerlich gering, aber entscheidend ist, dass der Bund sich für zuständig erklärt hat und nicht mehr wie bisher den Standpunkt vertritt, jenseits von Radwegen an Bundesstraßen könne er leider fast nichts machen. Die stetige Erhöhung der Mittel ist nur eine Frage der Zeit – sei es durch Politiker mit Überzeugung oder durch durch solche mit dem Hang zur Grünwascherei. Denn Radinfrastruktur ist selbst in der relativ teuren Variante Schnellweg so kostengünstig, dass sie eine ausgezeichnete Möglichkeit bietet, mit Mitteln, die aus Bundessicht vernachlässigbar gering sind, gut dazustehen.

Protected Bike Lane in den USA. Radfahren für alle. (Foto: Adam Coppola Photography, Public Domain)
2016 war auch das Jahr der „Geschützten Fahrradstreifen“

Gut da stand 2016 auch die „Protected Bike Lane“. Diese Idee aus den USA ist ebenso einfach wie genial: Man weiß, dass sehr viele Menschen nur dann Rad fahren, wenn sie das unbehelligt vom Kfz-Verkehr tun können. Und man weiß ebenfalls, dass die deutsche Lösung für dieses Problem, der Bordsteinradweg für Hauptstraßen, nicht nur teuer und unflexibel, sondern meist von so fürchterlicher Qualität ist, dass sie bei vielen Radfahrern Alpträume auslöst. Bei der Protected Bike Lane verwendet man Flächen auf der Fahrbahn für den Radverkehr und trennt sie mit Blumenkübeln oder Plastikpollern vom Kfz-Verkehr ab. So kann man Rad fahren, ohne vom Kfz-Verkehr belästigt zu werden, und hat gleichzeitig viele Vorteile gegenüber dem deutschen Bordsteinradweg: Nicht zu Lasten des Fußverkehrs, klare Trennung vom Fußverkehr, ausgezeichnete Oberfläche, keine Pfosten und ähnliche Hindernisse, keine schlecht abgesenkten Bordsteinkanten an Einmündungen, besserer Schutz vor Falschparkern, sehr geringe Kosten, schnelle Umsetzbarkeit und später leichte Anpassungsfähigkeit an veränderte Bedingungen (Blumenkübel umsetzen, fertig). In den USA ist diese Idee seit einigen Jahren sehr erfolgreich und verbreitet sich sehr schnell. In Deutschland erlangte sie 2016 größere Bekanntheit, als sich NRW-Verkehrminister Groschek und ADFC-Geschäftsführer Storck bei einem Besuch in Chicago über die Vorteile dieser Lösung informierten.

Protected Bike Lane in Kanada. Stressfreies Radfahren. (Foto:
Paul Krueger, https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/ )

Die Medien nahmen das Thema auf, die Reaktionen waren überwiegend positiv, und mittlerweile wird diese Lösung bereits für die Kölner Ringe und Düsseldorf diskutiert.

Noch ist nichts erreicht und nichts entschieden, aber die Diskussionen (und später einzelne Realisierungen) sind ein wichtiger erster Schritt, um diese neue Idee in den Regelwerken für den Radverkehr zu verankern und so einen Baustein für eine Infrastruktur zu schaffen, die das Radfahren auch für die Mitte der Gesellschaft attraktiv macht.

So nicht: Alptraumradweg in Unna. 40 cm Hoppelpflaster mit Wurzelaufbrüchen, ausgewiesen als legaler Kfz-Stellplatz. (Foto: Peter Maier)
ADFC-Leitlinien zur Fahrradinfrastruktur

Dieses Ziel verfolgt in zunehmendem Maße auch der ADFC. Bereits das verkehrspolitische Programm hatte 2013 unter dem Stichwort „Radverkehrsförderung für die breite Mehrheit“ betont, dass Menschen vor allem dann mit dem Fahrrad fahren, wenn sie sich sicher fühlen. Die Leitlinien zur Fahrradinfrastruktur 2016 übersetzen das ins Konkrete und enthalten viele wichtige Forderungen. Die Weiterentwicklung von geschützten Radspuren zu einer Regellösung gehört ebenso dazu wie die Forderung, bei der anstehenden Überarbeitung der Regelwerke für den Radverkehr die Nutzerakzeptanz zu berücksichtigen und die Kombination von Minimallösungen auszuschließen

Nach Jahren quälender Debatte hat sich der ADFC damit endgültig zu einer Position bekannt, die in anderen Ländern (nach oftmals ähnlich scharf geführter Debatte) längst Konsens ist: Man kann den Radverkehr nur erfolgreich fördern, wenn man die Bedürfnisse der großen Mehrheit nach stressfreiem Radfahren ohne Belästigung durch den Kfz-Verkehr berücksichtigt. Gleichzeitig sind aber auch wichtige Argumente der Skeptiker aufgenommen worden: Radverkehr muss zügig und komfortabel sein, damit er eine sinnvolle Alternative zu anderen Verkehrsmitteln sein kann. Und gute Infrastruktur wird auch ohne Benutzungspflicht gern benutzt.

Und so stammt das Zitat des Jahres von ADFC-Vorstandsmitglied Koopmann:4

„Ja, das Konzept ‚Radfahren auf der Straße‘ funktioniert nicht für ‚Jung und Alt und jedes Fitnesslevel‘, das ist vollkommen richtig. Allerdings ist diese Erkenntnis […] Konsens in der internationalen Fahrrad-Fachwelt, nach Deutschland gebracht vom ADFC. […] Ein paar Jahre lang hat die ganze deutsche Fahrradwelt geglaubt, dass das Radfahren auf der Straße eine gute Lösung ist. Das war keine böse Absicht, sondern der Stand der damaligen Erkenntnis. Heute sind wir schlauer. Das ist eine Art Fahrrad-Evolution.“

Gut da stand 2016 aber vor allem einer: Der Radentscheid

Als sich im November 2015 drei Dutzend Fahrradinteressierte trafen, um Möglichkeiten und Risiken eines Volksentscheids Fahrrad zu diskutieren, hat wahrscheinlich kaum jemand damit gerechnet, was für ein spektakulärer Erfolg sich daraus entwickeln würde: Das Fahrrad wurde erstmals zu einem wichtigen Thema in einem Landtagswahlkampf, in den Medien in Berlin hatte das Thema Dauerpräsenz (mit erheblichen Auswirkungen auch auf den Rest der Republik), die Notwendigkeit, Infrastruktur so zu bauen, dass sie für alle attraktiv ist, wurde umfassend beleuchtet, und am Ende stand die Zusicherung der neuen Koalition, „unter Berücksichtigung von Zielen des „Volksentscheid Fahrrad“ und der im Koalitionsvertrag genannten Maßnahmen [..] einen Gesetzentwurf für den Radverkehr [..] ein[zu]bringen.“3
Noch ist das Gesetz nicht verabschiedet, keine neue Abstellanlage und kein Schnellweg gebaut und kein Unfallschwerpunkt saniert worden. Darum ist es wichtig, dass die Aktiven des Radentscheids den Prozess weiter aktiv begleiten – und dass DU sie dabei mit einer kleinen (oder großen!) Spende unterstützt. Aber schon jetzt kann man sagen, dass der Radentscheid sensationell erfolgreich ist: Berlin dreht sich, die Mittel für Radverkehrsinfrastruktur steigen auf jährlich 51 Mio. € (2019) und eine breite Mehrheit in der Bevölkerung unterstützt den Kurs. Das ist gut für Berlin, aber auch für uns alle, denn die Erfolge in Berlin werden auch auf den Rest der Republik ausstrahlen.

2016 war also ein wunderbares, vielleicht sogar historisches Jahr. Wenn man in dreißig Jahren zurück blickt, wird man vielleicht sagen können, dass 2016 das Jahr war, in dem der Radverkehr in Deutschland endlich die Kurve kriegte: Hin zu einer Infrastruktur, die dank Schnellwegen das Rad auch auf längeren Strecken wettbewerbsfähig macht, die das Radfahren für alle attraktiv macht, und die man zügig und komfortabel benutzen kann. Wenn man will.
Wenn dass Jubiläumsjahr 2017 nur halb so gut wird wie 2016, wird der Radverkehr einen weiteren großen Satz nach vorn machen.

Und noch etwas hat 2016 gezeigt: Die großen Erfolge haben Radfahrende dort erreicht, wo (wie in Berlin, aber auch in Köln) die verschiedenen Strömungen zusammen gearbeitet haben, statt einander verbal die Köpfe einzuschlagen. Mit der klaren gemeinsamen Position, dass Infrastruktur das Radfahren auch für die Mehrheit attraktiv machen muss, aber auch, dass benutzungpflichtige Hoppelwegelchen keine Lösung sind.

Hoffen wir, dass 2017 auch in dieser Hinsicht weitere Fortschritte bringt.

Peter Fricke

Peter aus Dortmund schreibt mit der Absicht, auch von jenseits der Stadtgrenzen zu berichten. Interessiert sich für Infrastruktur und die Frage, wie man des Rad als Verkehrsmittel für die große Mehrheit attraktiv machen kann. Ist leider nicht in der Lage, mit Falschparkern auf Radverkehrsanlagen gelassen umzugehen. Per E-Mail erreichbar unter peter.fricke, dann folgt das übliche Zeichen für E-Mails, und dann velocityruhr.net.

19 Gedanken zu „Ein historisches Jahr geht zu Ende

  • Norbert Paul

    Die Radstation von Dortmund ist auch im Vergleich zu den umliegenden Städten eher klein geraten.

    Zumindest in der Kategorie Etikettenschwindel waren Erfolge zu verbuchen: Eine Maßnahme zum Bau von 47 neuen Kfz-Stellplätzen in der Faßstraße konnte erfolgreich als Förderung des Rad- und Fußverkehrs verkauft werden.

    Gute Sichtweise!

    Antwort
  • Norbert Paul

    Berlin dreht sich, die Mittel für Radverkehrsinfrastruktur steigen auf jährlich 51 Mio. € (2019)

    Gab es in Berlin nicht wie in Dortmund auch reihenweise nicht genutzte Mittel für den Radverkehr?

    Antwort
      • Norbert Paul

        Das sind politische Absichtserklärungen und wie realistisch ist es, dass auch noch die Restmittel ausgegeben werden, wenn schon nicht die regulären Mittel ausgegeben werden?

        Antwort
        • Peter Maier

          Lies mal, es werden auch reichlich neue Vollzeitstellen geschaffen, um das auszugeben. Und wenn sich wirklich mal Restmittel stauen sollten, sind ja auch noch die Helden von Berlin da, um ordentlich Druck zu machen. 🙂

          Antwort
          • Norbert Paul

            Ja, die sollen schon seit Jahren in Berlin geschaffen werden, wenn ich mich richtig erinnere. Auf dem Papier soll Dortmund auch fahrradfreundlich werden. Da guckst du dir doch auch die Realität an.^^

            Antwort
  • Simon Knur

    Essen wird übrigens die 500.000€ für den Radverkehr wohl tatsächlich ausgeben. Also 1€ pro Einwohner ist anscheinend nicht so einfach, werde da aber im nächsten AK Radverkehr nochmal nachfragen.

    Und 2017 bekommen wir wohl erste PBL-Projekte in NRW und die BMUB Projekte gehen in die Umsetzung…

    Antwort
  • Jochen G.

    Modellstrecke RS1: Das Bild zeigt wohl die eine Stelle wo die selbstauferlegten Mindestvorgaben noch am wenigsten unerfüllt geblieben sind. Betrachten wir aber doch mal dieses zeitgeraffte Video der gesamten Strecke von Mülheim bis Duisburg: https://www.youtube.com/watch?v=qDraylbLSxE

    Häufig zu schmal, wenig und dann auch meist nur schlecht gemachter Raum für Fußgänger, keinerlei Mittelstreifen, immer wieder miese ruppig gepflasterte Abschnitte, deretwegen dann sogar auf den eh schon nicht berühmten „Gehwegabschnitt“ ausgewichen wird und sehr eng am Weg stehende Schildermasten statt deutlich geeigneterer Piktogramme. Und immer wieder der hübsche Schotter am Rand, wo der sich wohl wiederfindet und mit welchen Folgen?
    Dann der Abschnitt wo der zu schmale Weg die Bahngleise direkt begleitet und der schicke Stahlgitterzaun auf Ellenbogenabstand zur äußeren Begrenzung den Ausweichraum auf NULL reduziert. Und div. andere Dinge mal hier und mal dort und mal hastenichtgesehen.

    Sollen wir Bullshitbingo spielen wo auf dieser „Modellstrecke“ zukünftig die unterschiedlichsten Unfälle passieren und worüber sich alle möglichen Nutzer zu Recht beschweren werden?
    Wenn diese Geschichte das Leuchtturmprojekt wird, dann mit einem erloschenem=historischem Leuchtturm als Vorbild.

    Für mich ist die zentrale Satire dieser Sache, der feuchte Traum der Planer, daß in Zukunft dann sogar Touristen extra wegen dieses Zustands ins Ruhrgebiet reisen werden, um dort mit dem Rad zu flanieren und von überall her Verkehrsplaner kommen um sich über die tollen Ausführungen für sich daheim Ideen zu holen.

    ————–

    Unna, der Holperradweg: Massener Straße? Ich meine da sieht das ziemlich genau so aus. In Hamm kann da das Torkelfeld, äh “ ZumTorksfeld“ lockerst mithalten und toppt es gar noch- Ich sehe gerade ich habe leider keine Bilder davon aktuell online. Die wackere Stadtverwaltung hat es übrigens abgelehnt dort die Radwegpflicht aufzuheben, es sei ja schließlich alles soweit in Ordnung. Okay das war das Statement vor einem Jahr auf eine Anfrage von den Grünen. Ich war jetzt länger nicht mehr dort und muss nicht nur das nach nun überstandener dicker Erkältung nachholen. Haben sich ein paar Ecken angesammelt, bei denen ich unbedingt sehen möchte wie sie sich entwickelt haben.

    Antwort
    • Peter Maier

      RS1:
      Du meinst Mülheim-Essen. Die Modellstrecke im Video geht nur bis 5:40 und durch die dreifache Geschwindigkeit wirkt es schlechter, als es ist.
      Ich mecker ja auch (z.B. hier und hier) und sammele weiter fleißig Fotos, die die Probleme zeigen (der von dir angesprochene Schildbürgerstreich Bahnschotter, der Schottergehweg mit Hindernissen und die dadurch induzierten Konflikte).
      Aber ich finde, man darf bei allem Ärger über niedrige Standards, Fehlentscheidungen und unnötige handwerkliche Fehler nicht vergessen, dass das Ding trotz allem ein riesiger Fortschritt ist. In einer dichtbesiedelten Region (bald) ohne eine einzige Ampel von der Innenstadt Mülheim in die Innenstadt Essen und demnächst noch viel weiter, das ist schon ausgezeichnet. Auf insgesamt doch sehr guter Oberfläche, die sehr zügiges Fahren ermöglicht. Komplett ohne Autoverkehr. Das ist schon was.
      Dazu die praktisch durchgängig positive Berichterstattung, in der das Rad als Verkehrsmittel und nicht als Freizeitgerät beschrieben wird, verbunden mit der Erkenntnis, dass das Rad in der Stadt oft schneller als das Auto ist. Gäb’s ohne den RS1 so nicht.
      Also: Konstruktive Kritik, aber ohne dabei zu vergessen, dass das Ding trotz aller Einschränkungen toll ist.

      Unna:
      Das kann gut sein. Bin nicht ganz sicher, denn ich irrte orientierunglos umher und versuchte, nach dem Stand der Sonne zu navigieren, weil ich Opfer der „wegweisenden Beschilderung für den
      Radverkehr in Nordrhein-Westfalen“ geworden war. 😉

      Antwort
      • Norbert Paul

        Das heißt ja auch nicht zielweisende Wegweisung. 😀

        Bist du dir sicher, dass man zwischen RS 1 und der City in Essen ohne Ampel eine Ampel kommt?

        Was man am RS 1 lernt: Euphorische Presseberichte von Allerweltsmedien von irgendwo, die sich auf PR-Material stützen, sind keine ausgewogene Quelle für eine brauchbare Beurteilung. Das wird sicherlich auch für Kopenhagen und die Niederlande gelten, dass es da auch Probleme gibt, die in den euphorischen Berichten nicht vorkommen.

        Ja, im Vergleich zu dem Ruhrgebiet, wie es jetzt ist, ist das ein relativ großer Fortschritt.

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        • Peter Maier

          @Ampel:
          Das, wo der RS1 derzeit endet, ist für mich die Innenstadt. Wenn du in die Fußgängerzone willst, hast du noch eine einzige Ampel. Auf der ganzen langen Strecke (bald) ein Drittel dessen, was du auf den paar Metern zwischen Südwestfriedhof und DO-Innenstadt hast. 🙂

          @“wird sicherlich auch für Kopenhagen und die Niederlande gelten“
          Lösung: Hinfahren, ausprobieren, glücklich sein. 🙂

          Antwort
          • Norbert Paul

            Das löst nicht das Problem, dass auswertige Presseberichte über Radverkehr meist verzerrt sind, der s. g. Münstereffekt. Ich will nicht (nur) im Urlaub entspannt fahren sondern hier.

            Antwort
  • Norbert Paul

    Eine Modellstrecke soll einen Vorgeschmack bieten auf das, was man erwarten kann und nicht, was denkbar ist. Schotter ist natürlich auch bei Stützen besonders gut geeigneter Boden.

    Antwort
  • Jochen G.

    „Eine Modellstrecke soll einen Vorgeschmack bieten auf das, was man erwarten kann und nicht, was denkbar ist. “

    Wwie steht es schon irgendwo in dem dicken alten Buch? Ihr sollt sie messen an ihren Taten.

    Mir ist in dem Fall erstmal egal was denkbar wäre, ich sehe hier die nicht unerhebliche Diskrepanz zwischen dem was über lange Zeit sehr vollmundig angekündigt und dem was dann als erste echte Strecke mit Vorbildcharakter abgeliefert worden ist.
    Angeblich möchte man etwas in diesem Land noch nie dagewesens abliefern, einen Meilenstein, einen großen Schritt nach vorne. Wenn das wirklich so wäre, weshalb werden wieder einmal beinah sämtliche Fehler der Vergangenheit wiederholt? Unter Fortschritt und deutlicher Weiterentwicklung verstehe ich etwas anderes.

    Antwort
    • Peter Maier

      Hätte man vorher genauer nachgedacht, statt einfach mal anzupacken, stände man immer noch bei 14 Mio. statt im Koalitionsvertrag vereinbarten 51 Mio., hätte das Thema nicht in den Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion gerückt, hätte nicht die wunderbaren Zahlen zur Unterstützung aus der Bevölkerung (Folie 2, 73%), die nicht folgenlos bleiben werden, und hätte keine schlagkräftige Truppe, die weiter Druck machen wird. Um den Radverkehr in Berlin mach ich mir ganz wenig Sorgen. 🙂

      Auf Bamberg haben sie übrigens schon ausgestrahlt.

      Deine Verwaltungsinfektion hält sich aber hartnäckig… Schon mal beim Arzt gewesen? 😉

      Antwort
      • Norbert Paul

        Das sehe ich auch, aber ich neige bekanntlich nicht zu Euphorie und den langfristigen Effekt kann man nun mal aktuell nicht beurteilen. Mich interessiert nicht so sehr was angekündigt wird (auch im Ruhrpott wird viel angekündigt) sondern was tatsächlich passiert.

        Deine Verwaltungsinfektion hält sich aber hartnäckig… Schon mal beim Arzt gewesen?

        Da muss man durch auf dem Weg zum tiefenentspannten Radfahrer. Aber nur wütene Männer initiieren Dinge wie den Radentschied.

        Antwort
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