DortmundVerkehrspolitik

Radverkehr in den Kommunalwahlprogrammen für Dortmund

Am nächsten Sonntag ist Kommunalwahl. Als Hilfestellung zur Bildung der eigenen Wahlentscheidung möchte ich die Thematisierung des Radverkehrs in den jeweiligen Wahlprogrammen fachplanerisch und vor dem Hintergrund der Verkehrspolitik der letzten Jahre einordnen ohne damit eure eigene Bewertung vorwegnehmen zu wollen. Der Radverkehr ist dabei nur ein Teil der Verkehrspolitik und muss immer im Bezug zu den anderen Zielsetzungen betrachtet werden, was dieser Beitrag nicht leisten kann. Die Parteien sind alphabetisch nach Abkürzungen sortiert.

AfD

Im Wahlprogramm der AfD findet man Bullshit-Ideen, wie dem Vorschlag, ausländische Prostituierte aus Südosteuropa sollen dank Hinweise auf sozialrechtliche Rückreisehilfen den brutalen Zuhältern entkommen. Auch ansonsten lebt man in der AfD in einer Parallelwelt, in der mittels Klimahysterie den Bürgern Geld aus der Tasche gezogen werden sollen und in der Messstellen und Richtwerte wissenschaftlich angegriffen werden sollen, um Dieselfahrverbote zu verhindern. Umgesetzt wird das von Nachwuchstalenten, die lieber nicht mit vollem Namen zu ihrem Engagement stehen wollen.

Zum Thema Radverkehr hat man vor lauter Empörung nicht viel zu sagen.

Ideologisch motivierte Projekte wie etwa eine vierspurige „Radschnellbahn“ rund um die Innenstadt lehnen wir als nicht bedarfsgerecht und zu kostenintensiv ab.

Kennt jemand diese geheimen Pläne?

CDU

Das Wahlprogramm der CDU ist ein Stichpunkte-Programm.

  • Qualitativer Ausbau des Radverkehrs

Klingt gut, sagt nichts. Beim Kfz-Verkehr ist man durchaus konkreter als beim Radverkehr (z. B. “

  • Schaffung eines Radwegenetzes in der gesamten Stadt

  • Führung von Radwegen über Nebenstraßen, die auch Fahrradstraßen werden können, aus Gründen der Verkehrssicherheit

Das Thema taucht auch bei anderen Parteien auf. Offensichtlich will man nicht überall Radwege bauen, sondern denkt auch bei der CDU in Routen. Eine Verlagerung des Radverkehrs auf in der Regel längere Routen im Nebenstraßennetz klingt immer besser als es ist, gerade wenn es der Verkehrssicherheit dienen soll. Viele Ziele liegen nun mal an den Hauptstraßen und dort wird auch gewohnt, wenn auch nicht unbedingt vom Hauptwähler-Klientel der CDU. Daher löse ich das Problem an den Hauptstraßen nicht durch Verlagerung.

  • Realisierung des RS1, eines durchgängigen Radrings um den Wall, des Gartenstadtradweges und weiterer, auf eigenen Trassen geführter Radwege

Sicherlich vor wenigen Jahren nicht denkbar, dass sich die Dortmunder CDU zu RS und Radring bekennt.

  • Förderung des Baus von Fahrradparkhäusern

Hier wäre interessant zu wissen, ob damit kleine dezentrale Lösungen gemeint sind.

  • Keine Bebauung des Stadtgartens mit einem Fahrradparkhaus, dafür Installation entsprechender Abstellmöglichkeiten für Fahrräder auf Parkflächen von Parkhäusern

Auch eine Überraschung, dass die CDU die Umwandlung von Parkplätzen in Parkhäusern zu Gunsten des Radverkehrs ins Gespräch bringt. Warum man vor dem Hintergrund des vorgenannten allgemeinen Punktes ein konkretes Vorhaben ablehnt, wirft Fragen auf, ob die CDU nicht weiterhin dagegen ist, wenn es konkreter wird mit den Veränderungen.

  • Schaffung von Bike+Ride-Anlagen

Gibt es bereits vielerorts.

  • Ausbau der Infrastruktur für mehr Radverkehr in den Stadtbezirken

Zu unkonkret, um das einordnen zu können.

  • Optimierung der Ampelschaltungen für RadfahrerInnen

Eine weitere Überraschung im Programm der CDU. Auch hier bleibt vor dem Hintergrund der bisherigen Ratsarbeit die Frage, wie die CDU bei der Konkretisierung reagieren wird. Entsprechend der bisherigen Arbeit fordert man an anderer Stelle Grüne Wellen für Tempo 50, was diesem Ziel entgegen läuft.

  • Erhöhung der Verkehrssicherheit an Kreuzungen zur Vermeidung gefährlicher Situationen beim Abbiegen

Hier stellt sich die Frage, welche Veränderungen die CDU mittragen wird und welche nicht. Andere Parteien sind dadurch aus konkreter. Die Linke fordert z. B. getrennte Grünphasen.

Im Kapitel zur E-Mobilität heißt es zudem u. a.:

  • Schaffung einer öffentlichen Ladeinfrastruktur für E-Bikes, Pedelecs und E-Scooter im öffentlichen Raum

Die Nachfrage nach Lademöglichkeiten ist sehr gering, da die Akkukapazitäten für Tagesstrecken längst ausreichend sind.

  • Minimierung multipler Anfahrten von Lieferverkehren durch Lastenfahrräder und Elektrofahrzeuge im Zusammenhang mit Mikrodepots für die letzte Meile der Auslieferung

Das Lastenräder nicht nur für die Freizeit sind, ist ebenfalls nicht gerade das, was man von der CDU erwartet in Dortmund als Aussage.

Zuletzt sei noch darauf hingewiesen, dass auch eine weitere Aussage im Wahlprogramm im Kontrast zur bisherigen Ratsarbeit steht.

  • Verkehrsplanung, die alle VerkehrsteilnehmerInnen gleichgestellt und Verkehrsräume in ihrer Gänze überplant – nicht einseitig zugunsten oder zulasten einzelner Verkehrsträger

Aber wie ernst man das meint, ist fraglich, wenn es hinsichtlich konkreter Projekte dann heißt:

  • Keine Verkehrsexperimente wie der gescheiterte Umbau der Faßstraße

  • Keine Aufgabe von Fahrspuren auf dem Wall

Letzteres klingt ein wenig nach „Wasch mich, mach mich aber nicht nass“. Man will zwar (s. o.) einen Wallring, aber verändern soll sich nichts. Offener ist man dann für Dinge, die vermutlich noch mehr Kfz-Verkehr produzieren.

  • Teststrecke für autonomes Fahren

Insgesamt lassen die Stichpunkte vieles offen und in der Gesamtschau wirkt das nach einer Reihe an Einzelpositionen, die in sich noch kein schlüssiges Programm bilden. Soweit die Aussagen allgemein sind, sind diese nicht weit weg von den Grünen und der Linken. Soweit die Aussagen konkrete Umsetzungen betreffen, sind die Aussagen wieder erwartbar.

Die Partei

Im Programm der Partei ist der Radverkehr nicht mal als Feindbild vorhanden.

FDP

Die FDP gehört zu Großen Koalition, die auf Freiwilligkeit setzt, was ja bekanntlich bisher nicht funktioniert.

Zur Verkehrswende gehört auch ein Individualverkehr mit alternativen Antrieben. Wir wollen politisch sicherstellen, dass sowohl für Elektromobilität als auch für Wasserstoff-Autos ausreichende Lade- bzw. Tankmöglichkeiten vorhanden sind. Dies ist Aufgabe der Privatwirtschaft […]. Eine solche Angebotsstrategie ist ein Beitrag, die Politik der Verkehrsbeschränkungen nicht noch weiterführen zu müssen. Fahrverbote sind nicht unser Weg. Wenn Emissionen durch alternative Antriebe insgesamt zurückgehen, müssen Verkehrsbeschränkungen wie nach dem
1020 gerichtlichen Vergleich zur Umsetzung der europäischen Immissionsschutzvorgaben überprüft und ggf. wieder aufgehoben werden.

Vor dem Hintergrund steht das allgemeine Bekenntnis zur Radverkehrsförderung.

Wir Freie Demokraten in Dortmund begrüßen wir das Ziel der Stadt, in Zukunft zur „Fahrradstadt“ werden zu wollen.  Hierzu gehört gerade der Ausbau der Radwegenetzes. Eine sinnvolle Vernetzung und die Anbindung einzelner wichtiger Knotenpunkte sollte hier das vorrangige Zel sein. Der Ausbau des Radwegenetzes soll sich am tatsächlichen Bedarf orientieren. Wichiger als Leuchtturm-Projekte im City-Bereich sind für uns Qualitätssicherung und -verbesserung der Radwege in der ganzen Stadt. Viele Radwege sind immer wieder unterbrochen, schlängeln sich gefährlich vom Fußweg auf die Straße oder fehlen ganz. Die Menschen werden aber nur dann häufiger das Rad nutzen, wenn es eine sichere Radverkehrsinfrastruktur gibt.

Auch wenn man sich zum Luftballon-Begriff Fahrradstadt bekennt, will man nichts ambitioniertes, wenn man das Engagement auf Ausbau gemäß Bedarf will – das dürfte eine Chiffre für „Nur soweit unvermeidbar“ sein – und das notwendige Minimalprogramm der Wallertüchtigung schon für ein Leuchtturm-Projekt hält.

Wie andere Parteien erkennt man, dass die bisherige Politik zu Radwegen führt, die nicht überzeugen. Obwohl „Radwege bauen“ nicht zu überzeugenden Ergebnissen führte, will man weiter welche bauen. Radverkehrsförderung darauf zu beschränken, ist zu simpel.

Unklar bleibt, was genau Vernetzung meint und was die zu vernetzenden Knotenpunkte sind.

Zur sicheren Radverkehrsinfrastruktur gehört schrittweise eine klare und separierte Ampelschaltung für Radfahrer/innen.

Unklar ist, was genau gemeint ist.

Nur bei einer deutlich sichtbaren und separierten Kennzeichnung von Radwegen sowie einer eindeutigen Verkehrsführung kann verhindert werden, dass sich die unterschiedlichen Verkehrsteilnehmer in die Quere kommen. 

Was ist eine separierte Kennzeichnung von Radwegen?

Radverkehrsförderung bleibt ganz im Sinne des autogerechten Städtebaus Trennung. Einschränkung des Autoverkehrs entspricht wohl nicht dem Freiheitsbegriff der FDP.

Die aktuelle Beliebtheit des E-Bikes erfordert einen Ausbau von Ladestationen in der gesamten Stadt, um den Bürgerinnen und Bürgern stets eine Möglichkeit zu geben, die Akkus der Fahrräder aufzuladen.

Einerseits will man nur bedarfsgerecht ausbauen, anderseits will man eine Ladeinfrastruktur, die jetzt schon nicht nötig ist, da die Akkukapazitäten längst für Tagesfahrleistungen reichen.

Letztlich ist in der Innenstadt eine Verbesserung der Parkmöglichkeiten für Fahrräder bereitzustellen.

Nur wie? Fahrradparkhäuser? Dezentrale Bügel?

Grüne

Das Kapitel zum Radverkehr ist Teil eines Kapitels zur Verkehrswende.

Im Frühjahr 2019 wurden die Dortmunder*innen zum dritten Mal befragt, wie sie sich hauptsächlich in der Stadt
fortbewegen. Das Ergebnis ist enttäuschend: Zwar hat sich der Anteil des Radverkehrs seit der letzten Befragung
2013 erhöht, doch insgesamt hat die Nutzung der umweltfreundlichen Verkehrsarten abgenommen, während der
Anteil des Autoverkehrs sogar gestiegen ist.
Wir wollen Mobilität, die sauber, sicher, energie-, ressourcen- und platzsparend ist. Dazu wollen wir die Nutzung des
Autos verringern und den Verkehr auf Fahrräder, Busse und Bahnen verlagern. Außerdem müssen Autos energieeffizienter werden, um die Klimaziele zu erreichen. 2030 sollen nur noch emissionsfreie Autos, das heißt solche ohne
Verbrennungsmotor, neu zugelassen werden. Doch es reicht nicht, Verbrennermodelle durch Autos mit alternativen
Antrieben zu ersetzen, weil wir damit die Platzprobleme auf der Straße nicht lösen können.
Unser Ziel ist: Weniger Autoverkehr in der Stadt – mehr Platz für die Menschen. Dazu können autofreie Quartiere
beitragen, in denen nicht nur erfahrbar wird, dass Mobilität auch ohne das eigene Auto möglich, sondern auch, welcher Zugewinn an Lebensqualität im Wohnviertel damit verbunden ist.
Die autozentrierte Verkehrspolitik ist ein Relikt von gestern. Der Straßenraum muss neu aufgeteilt und den
Fußgänger*innen, den Radfahrer*innen und dem ÖPNV den nötigen Platz eingeräumt werden.
Unser Ziel für eine neue und in der Metropole Ruhr vernetzte Mobilität ist nicht nur der notwendige Beitrag zum
Klimaschutz, sondern auch die Erhöhung der Lebensqualität in der Stadt.

Im Gegensatz zu den Linken verwechseln die Grünen die Anteile der Verkehrsmittelwahl der Einwohner nicht mit denen des gesamten Verkehrsaufkommens.

Während andere das Platzproblem beim Kfz-Verkehr häufig vergessen, wird es hier korrekterweise genannt.

Dass es emissionsfreie Autos gibt, ist eine Lüge, die allein dazu dient, ein Schlupfloch zu finden, um unseren Lebensstil nicht in Frage zu stellen. Die Frage ist nur, welche Emissionen bei Rohstoffgewinnung, Produktion, Nutzung und Entsorgung entstehen und vor allem wo. Es gibt sogar ein Kapitel “ Sauber Autofahren“. Da darf man schon mal schlucken.

Solange bundesrechtlich ein Ausschluss des privaten Autobesitzes beim Wohnen in Autofreien Gebieten nicht möglich ist, sind höchsten Light-Varianten möglich, die vor allem sozial ungerecht sind. Wer es sich leisten kann, wohnt in autofreien Gebieten und autofrei zu leben. Mit dem am Rande abgestellten Auto fährt man dann an Wohnungen vorbei, in denen die wohnen, die sich das autofreie Wohnen nicht leisten können und unterdurchschnittlich häufig ein Auto haben.

Nun zum Radverkehr an sich. Während die CDU Stichpunkte bietet, positionieren sich die Grünen zuerst, bevor sie daraus Ziele ableiten, was aus Wählersicht sicherlich hilfreich ist, die Konsistenz und Tiefenschärfe zu prüfen.

Wir glauben, dass das Fahrrad ein hervorragendes städtisches Verkehrsmittel für fast alle sein kann, nicht nur für mutige Radfahrende mit dickem Fell. Aber viele Menschen ertragen das Fahren auf der Fahrbahn oder auf schmalen Streifen nur dann, wenn Geschwindigkeit und Menge des Autoverkehrs niedrig sind. Für diese Menschen funktioniert die heutige Infrastruktur schlecht, und für Kinder ist Radfahren in vielen Teilen der Stadt gar nicht möglich. Wer beim Radfahren Angst hat, wählt ein anderes Verkehrsmittel, darum muss das Sicherheitsempfinden viel stärker als bisher beachtet werden. Dazu
muss die Menge des Autoverkehrs gesenkt werden. Wo das nicht möglich ist, braucht es eine stärkere bauliche
Trennung des Radverkehrs vom Autoverkehr als bisher. Gute Infrastruktur für den Radverkehr ist sowohl für ein zehnjähriges Kind als auch für die eilige Pendlerin geeignet.

Der Anteil des Radverkehrs liegt nur bei 10 Prozent. In Zukunft sollte der Radverkehr in der Stadt- und Verkehrsplanung eine vorrangige Rolle spielen, um diesen zu verdreifachen und um mehr Autofahrer*innen im Stadtgebiet zum Umstieg aufs Rad zu bewegen.

Anders als die politischen Mitbewerber, steckt hier zumindest in Ansätzen die Erkenntnis drin, dass das Problem primär eine des Autoverkehrsaufkommens und nicht eines der fehlenden Infrastruktur ist. Gemeinsam haben sie mit diesen die Hoffnung, dass die Schaffung eines Angebotes reicht (s. bei den anderen Parteien).

Ziel der Stadt- und Verkehrsplanung sollte es sein, keine Stadträume zu schaffen, in denen die Trennung – ganz im Sinne vergangener Leitbilder der funktionsgetrennten bzw. autogerechten Stadt – die einzige Lösung zu sein. Gerade die Probleme, die bei sich kreuzenden Verkehrsteilnehmer*innen entstehen, löst man nur mit umfangreichen Ingenieursbauwerken mit all ihren Problemen.

Daher fordern die Grünen:

Die Verkehrsplanung in Dortmund braucht einen Paradigmenwechsel. Nicht der Autoverkehr muss attraktive gestaltet werden, sondern die umweltfreundliche Mobilität muss in Zukunft Vorfahrt haben. Eine grüne Welle für Radfahrende fördert den Radverkehr und macht ihn sicherer. Radfahrer*innen werden hierzu beim Anfahren der Ampel frühzeitig erkannt und es wird ein entsprechendes Programm zur schnellen Grünschaltung initialisiert.

Grüne Wellen funktionieren schon beim Kfz-Verkehr nur unter sehr spezifischen Laborbedingungen. Beim Radverkehr ist das noch weniger realisierbar aufgrund der höheren Bandbreite an gefahrenen Geschwindigkeiten. Wenn man den letzten Satz betrachtet, scheint vielleicht auch eher eine Vorrangschaltung gemeint zu sein. Das funktioniert in einer Stadt ebenfalls nur beschränkt, denn es bremst z. B. den querenden Radverkehr aus. Woher dabei ein Sicherheitsgewinn kommen soll, bleibt unklar.

Fahrradstraßen sind ein sinnvolles Mittel, um die Radinfrastruktur zu verbessern. Daher muss es deutlich mehr als die bisherigen vier in Dortmund geben. Der Wall muss fürs Rad in beide Richtungen komfortabel und sicher befahrbar werden. Die jetzige Ausweisung eines kurzen Stück Radwegs am Ostwall ist für uns nur ein Einstieg. Außerdem ist eine attraktive Querung der City für den Radverkehr sowohl in Ost-West- als auch Nord-Süd-Richtung einzurichten. Fahrradstraßen müssen baulich umgestaltet werden und sind nicht nur blaue Schilder, sondern benötigen eine spezielle Infrastruktur wie Modalfilter oder Bremsschwellen und Mindestbreiten.

Regelmäßige Leser*innen wissen sicherlich, dass ich regelmäßig in die StVO gucke und das ich darin bisher keinen wesentlichen Unterschied zu Tempo 30-Zonen gefunden habe. Entscheidend ist die Straßenraumgestaltung. Das kommt im letzten Satz auch zum Ausdruck. Warum das aber nur kommen soll, wenn eine rechtlich bedeutungslose Umflaggung vorgenommen wird, bleibt unklar.

Vor dem Hintergrund des nicht gerade großen Umsetzungstempos in Dortmund ist der Hinweis darauf, dass es am Wall weiter gehen muss, sicherlich richtig. Beim ersten Bauabschnitt geht es nicht um die Ausweisung eines Radweges. Sprachliche Präzision ist immer auch Ausdruck der Tiefenschärfe der Durchdringung eines Themas.

Um die Verbindung von Innenstadt und Außenbezirken für Radfahrende attraktiv zu machen und als Alternative zum Auto zu etablieren, müssen die Dortmunder Stadtteilzentren mit guten Radwegen ausgestattet und über sichere Verbindungsrouten auch untereinander verbunden werden. Dazu kann auch das regionale Radwegenetz des Regionalverbands Ruhr (RVR) dienen und muss dementsprechend weiterentwickelt werden.

Anders als bei den anderen Parteien ist hier die Begrifflichkeit doch präziser gewählt. Auch die anderen analysierten Parteien haben das Thema entdeckt, aber nicht wie die anderen differenziert, dass sie in den Stadtbezirken Radwege wollen, ob damit nur Radwege i. S. der StVO gemeint sind oder auch Radfahrstreifen und Schutzstreifen, bleibt ungeklärt. Zwischen den Stadtteilen kommt es den Grünen offensichtlich darauf an, dass es eine brauchbare Route gibt ohne sich auf eine Infrastrukturform festzulegen.

Das Regionale Radverkehrsnetz ist unter der Leitung eines inzwischen geschassten Grünen den Kommunen auf’s Auge gedrückt worden. Daher verwundert es nicht, dass die Grünen das unterstützen. Aber auch wie andernorts in diesem Artikel angemerkt. hilft es auch nicht immer weitere Netze zu entwickeln, wenn keins davon funktioniert.

Vor allem Pendler*innen soll der RS 1 durchs Ruhrgebiet eine Alternative für die tägliche Fahrt zur Arbeit und gerade in Dortmund auch zum Campus von TU und FH bieten. In Dortmund warten Fahrradfahrer*innen – und alle die es werden wollen – auf die Fertigstellung des RS 1 und auf den damit verbundenen Ausbau der lokalen Zubringerstruktur. Radwege dürfen nicht mehr nur ein Nebenprodukt des Straßenbaus sein.

Ich vernehme auch unter Radfahrer*innen durchaus kritische Äußerungen zum RS 1. Vermutlich soll diese Aussage bedeuten, dass die Grünen den so schnell wie in Dortmund möglich wollen. Anders als die anderen Parteien wollen die Grünen den RS 1 auch einbinden, Inwieweit diese Zubringerstruktur Teil eines der vielen Radnetze ist, bleibt hier unklar.

Der letzte Satz klingt irgendwie sinnvoll, ist aber beim genauen Lesen unklar. Ist Straßenbau bei absoluter Mehrheit der Grünen das Hauptprodukt des Straßenbaus? Oder nur gleichberechtigt?

Um den Radverkehr sicherer zu gestalten, sind an vielen Stellen ein sichtbarer Schutzraum und eine räumliche Trennung vom Pkw- und Lkw-Verkehr wichtig. Sinnvolle Instrumente sind eine farbliche Markierung der Radwege, vorgezogene Aufstellflächen und geschützte Radfahrstreifen, sog. Protected Bike Lanes, an viel befahrenen Straßen und dort, wo Tempo 30 nicht umsetzbar ist. Auch Vorfahrtsregelungen oder separate Grünphasen für Radfahrer*innen machen das Radfahren sicherer. Kreuzungen sind Unfallschwerpunkte für den Radverkehr, sie müssen sicher für alle Abbiegebeziehungen gebaut werden und für die Nutzer*innen selbsterklärend sein. Die Einrichtung von Umleitungen an Baustellen auch für den Radverkehr muss konsequent umgesetzt werden.

Revolutionäres wollen die Grünen sicherlich nicht, wenn das Denkbare immer noch einen umfassend gefährdenden Kfz-Verkehr voraussetzt. Ohne geänderte Gesetze können Städte aber auch kaum Revolutionäres vollbringen. So bleibt der Ansatz des Trennens innerorts auch weiterhin ein Rumdoktorn an Symptomen. Und wie die Grünen auch festhalten, sind die Kreuzungen das größere Problem als die Strecke.

An anderer Stelle heißt es im Programm:

Darüber hinaus sollen Geh- und Radwege mit physischen Barrieren (z. B. Poller oder Bepflanzungen) Falschparken verhindern.

Wenn man die eng stellt, erschwert man das verlassen des Radweges zum Ausweichen, Abbiegen etc. Wenn man die nicht eng stellt, wird trotzdem geparkt und auch wenn das Einparken länger dauert als der Weg vom nächsten Parkplatz.

Fehlende oder fehlerhafte Umleitungen bei Baustellen sind in Dortmund für Rad- und Fußverkehr an der Tagesordnung.

Stadtweit müssen Fahrradabstellanlagen dem steigenden Radverkehrsanteil angepasst werden. Ihre Zahl muss
deshalb in den nächsten Jahren deutlich erhöht werden – ohne dabei die Mobilität der Fußgänger*innen zu behindern. Dafür brauchen wir weitere Fahrradparkhäuser und Flächen mit Ladestationen zum sicheren Abstellen auch von E-Bikes und Lastenrädern. Außerdem sollen ServiceStationen für Radfahrer*innen mit Fahrrad-Werkzeug und Luftpumpen installiert werden. Neben dem Bau von Fahrradgaragen in Wohngebieten wollen wir in bestehenden Autoparkhäusern solche Abstellmöglichkeiten einrichten. Wichtig dabei ist eine konfliktfreie Ein- und Ausfahrt für Radfahrer*innen. Vor allem im Bereich des Dortmunder Hauptbahnhofs sollen weit mehr geschützte Abstellmöglichkeiten neu geschaffen werden, als dies die bisherigen Planungen zum Umbau der Nordseite vorsehen.

Obwohl Dortmund beim Thema Fahrradstellplätzen im Vergleich zu anderen Städten gut aufgestellt ist, klingt es in anderen Wahlprogrammen so, als ob das Thema stiefmütterlich behandelt worden wäre bisher. Da ist es doch korrekter, wenn es heißt, dass der Weg weiter beschritten werden muss. Wichtig ist auch der Hinweis, dass dies nicht zu Lasten des Fußverkehrs gehen darf. Die Forderung nach Fahrradparkhäusern ist sehr unkonkret. Geht es um einzelne große in der Innenstadt und in den größeren Vorortzentren? Oder um kleine dezentrale Anlagen? Den Vorschlag, in Autoparkhäusern Stellplätze umzuwandeln, hat auch die CDU im Programm. Da steht doch einem entsprechenden Ratsbeschluss noch in diesem Jahr vermutlich nichts mehr im Wege. ;-) Das das Thema nicht nur angerissen wird, zeigt sich in dem Hinweis, dass die Ein- und Ausfahrt konfliktfrei gestaltet werden muss.

Auch wie andere Parteien fordern die Grünen Lademöglichkeiten, für die es aufgrund der Ladekapazitäten kaum Nachfrage gibt. Geladen werden die Akkus zu Hause über Nacht.

Das Abstellen von Lastenrädern wird zunehmend wichtiger, da es immer mehr Lastenräder gibt, Lösungen dafür im öffentlichen Raum gibt es in Dortmund bisher nicht. Die vielleicht gültige StVO-Novelle bietet nun die Möglichkeit für Lastenradstellplätze.

Servicestationen sind eine schöne Idee, die aber in der Realität aufgrund von Vandalismusschäden nicht dauerhaft funktioniert. Die bisherige Umsetzungsgeschwindigkeit in Dortmund war hier bereits häufiger Thema.

Wir wollen stadtweite und regional vernetzte SharingAngebote für Fahrräder, Lastenräder, usw. Im Rahmen der
Stellplatzsatzungen können fördernde Regelungen für Leihangebote verankert werden, auch um Behinderungen des Rad- und Fußverkehrs zu vermeiden. Bike- und Carsharing sollen im Rahmen von Konzeptvergaben auch beim Wohnungsbau berücksichtigt werden.

Unklar ist, was über Metropolrad Ruhr gewünscht wird. Beim Thema Leihlastenräder fehlt mir eine Aussage zu den schon vorhanden freien Lastenrädern. Soll es ein kommerzielles Konkurrenzangebot geben? Sollen sie gefördert werden?

Im Rahmen einer Stellplatzsatzung werden allein Aussagen zu bauordnungsrechtlich notwendigen Stellplätzen getroffen. Wie das mit dem Vorschlag kompatibel ist, ist mir nicht ersichtlich. Der letztgenannte Wunsch betrifft hingegen die Stadt als Bauherren o. ä. Da sehe ich keine rechtssystematischen Probleme.

Gut ist der erneute Hinweis, dass Radverkehrsförderung nicht zu Lasten des Fußverkehrs erfolgen darf.

Wir wissen, dass unsere ambitionierten Ziele für den Radverkehr nur zu erreichen sind, wenn genügend Mitarbeiter*innen und ausreichend Geld für die Umsetzung vorhanden sind. Darum werden wir nach der jüngsten Erhöhung der Stellenzahl weitere Planstellen für den Radverkehr schaffen und perspektivisch jährlich 30 € je Einwohner*in investieren, wie es die erfolgreichen niederländischen Städte und Kopenhagen vormachen.

Die Investitionen je Kopf sagen nichts darüber aus, wie das Geld eingesetzt wird. Es kann auch in kontraproduktive Maßnahmen oder peinliche Kampagnen versenkt werden. Und je nachdem wie ich buche, kann ich ganz unterschiedliche Werte erreichen. Man kann Fördergelder mit einrechen oder nicht. Betrachte ich die Mittel anderer Straßenbaulastträger mit? Wenn eine Siedlungseinheit mit wenigere als 80.000 Einwohnern selbstständig ist, ist sie nicht Straßenbaulasträger für Ortsdurchfahrten. Wird sie eingemeindet, ist die Kommune nun zuständig und selbst wenn die für den Radweg entlang der Strecke weniger ausgibt als der vorherige Straßenbaulasttäger, erhöht sich die Gesamtsumme. (s. § 44 StrWG NRW)

Zu den neuen Planstellen gehört aber auch, dass immer oder häufig dafür andere Stellen wegfallen, sodass am Ende Arbeit nur anders verteilt wird. Und wenn zusätzliche Stellen tatsächlich geschaffen werden, muss man erst einmal Personal finden.

Linke

Im Wahlprogramm der Partei Die Linke für Dortmund gibt es einen eigenen Abschnitt zum Radverkehr, auf den ich mich im folgenden beschränke.

Mit dem Rad unterwegs zu sein ist die umweltfreundlichste Möglichkeit der Mobilität. Gerade in der Stadt bietet das Rad großes Potenzial, da viele der zurückgelegten Wege unter fünf Kilometern liegen. Radfahren ist eine gerechte Form der Mobilität. Auch Kinder und, mit dem Aufkommen des E-Bikes, körperlich eingeschränkte Menschen können sich auf diese Weise fortbewegen.

Im Moment liegt der Anteil des Radverkehrs nur bei etwa sechs Prozent der zurückgelegten Wegstrecken. Die Hauptgründe hierfür sind mangelnde Sicherheit und Komfort durch das hohe Autoverkehrsaufkommen. Radverkehr muss Vorrang vor dem motorisierten Individualverkehr (MIV) bekommen. Nur so kann Dortmund seine dreckige Luft und den ständigen Lärm loswerden.

Da es sogar ein eigenen Abschnitt zum Fußverkehr gibt, stellt sich die Frage, warum man den Fußverkehr nicht als Möglichkeit der Mobilität (eine etwas eigenartige Formulierung)  sieht, der zumindest gleich viel umweltbeeinträchtigend ist.

Vermutlich bezieht man sich beim Radverkehrsanteil auf die städtische Erhebung, die den Wirtschaftsverkehr ausklammert und nur die Einwohner betrachtet. Tatsächlich dürfte der Radverkehrsanteil noch deutlich geringer sein. Da sind die Grünen in ihrem Wahlprogramm präziser.

Ein zentrales Problem des vielen Autoverkehrs ist die große Flächeninanspruchnahme die hier wie so häufig nicht betrachtet wird.

DIE LINKE fordert den Ausbau der Radwege nicht nur zu den Zentren hin, sondern im gesamten Stadtbereich. Fahrradwege dürfen weder Flickenteppiche noch Zickzackrouten sein.

DIE LINKE will eigene Fahrradstraßen und Radvorrangstraßen sowie breitere Fahrradstreifen (mindestens 1,85 Meter) mit Sicherheitsabstand zu parkenden Autos. An Kreuzungen braucht es eigene Grünphasen und grüne Wellen für Fahrradfahrer*innen.

Beim ersten Satz bin ich mir nicht sicher, ob hier wirklich Radwege im Sinne der StVO gemeint sind. Denn das würde dem andernorts genannten Ziel der Flächenentsiegelung zugegen laufen und immense Kosten verursachen.  Wenn hingegen vielmehr Radwege im Sinne von Radrouten gemeint sind, ist es sicherlich richtig, dass Radverkehr nicht nur auf die City ausgerichtet geplant werden darf. Mit dem HBR-Netz gibt es ja im Prinzip ein solches Netz, dass aber aufgrund einer katastrophalen Beschilderung unbenutzbar ist. Zudem arbeitet die Stadt nicht daran, gezielt die aus unterschiedlichen Gründen problematischen Abschnitte zu entschärfen. Vielmehr wird parallel schon wieder mit Schön & Schnell ein weiteres Radverkehrsnetz geplant, dessen Umsetzung aber ebenso wenig voran kommt. Wenn dann nun in Richtung Osten etwas passiert, leidet die Planung daran, dass die problematischste Stelle im Bereich der Franziskanerkirche ausgelassen wird. Ebenso saniert man am Wall nicht zuerst die problematischsten Abschnitte. Im zweiten Satz ist dieses Denken in Netzen angelegt.

Was Radvorrangstraßen sind, weiß ich nicht. Beim Thema Sicherheitsabstände hat die Stadt Dortmund jahrelang Erkenntnisse der Unfallforschung und auch einschlägige Richtlinien ignoriert. Inzwischen scheint das Tiefbauamt bei dem Thema dazu gelernt zu haben.

Grüne Wellen funktionieren beim Kfz-Verkehr nur unter sehr spezifischen Laborbedingungen. Beim Radverkehr ist das noch weniger realisierbar aufgrund der höheren Bandbreite an gefahrenen Geschwindigkeiten. Im Sinne der Verkehrssicherheit ist es sinnvoll eigene Grünphasen zu fordern, jedoch nutzt das Tiefbauamt bisher eigene Signale für den Radverkehr dazu, die Kapazität des Autoverkehrs zu maximieren und nicht zur Förderung des Radverkehrs. Vorteil eigener Grünphasen ist, dass sich damit die Forderung nach indirektem Linksabbiegen, das gerade wieder in Mode kommt um der Frage auszuweichen, warum Leute sich das nicht trauen, nicht mehr stellt.

DIE LINKE fordert mehr Fahrradstellplätze und Lademöglichkeiten für E-Bikes. Bei Neubauten müssen die Fahrradstellplätze vor Autos Priorität haben.

Auch wenn Dortmund im Vergleich zu anderen Städten bereits viel getan hat, braucht es noch mehr Fahrradstellplätze im öffentlichen Raum. Das aktuelle Problem ist m. E. nach mangelnde Kapazitäten bei der Umsetzung. Es reicht also nicht, einfach mehr Fahrradstellplätze zu fordern. Auf der anderen Seite wäre zu prüfen, wie die Stadt das Instrument der Stellplatzsatzung nutzt, um private Fahrradstellplätze bei Bauvorhaben voranzubringen. Im Jahre 2017 hatte die Fraktion von Linke und Piraten das Thema von Fahrradabstellplätzen im Neubau in den Rat eingebracht (Drucksache Nr. 07542-17-E1). Eine Antwort der Verwaltung ist mir bisher weder bekannt noch kann ich diese im RIS finden.

Praktiker wissen, dass die Kapazitäten der Akkus längst so gut sind, das kaum jemand unterwegs nachladen muss und will. Die Ladegeräte sind zudem nicht für den Einsatz im Freien geeignet.

Worauf der zweite Satz im Lichte von § 48 I Satz 1 BauO NRW  genau hinauslaufen soll, weiß ich nicht.

DIE LINKE setzt sich ein für mehr Kontrollen und härtere Bestrafung von Falschparkern auf Fahrrad- und Fußwegen und in Kreuzungsbereichen.

In vielen Teilen der Stadt wäre die Einführung der Kontrollen schon ein Fortschritt. Ob die Kontroll“dichte“ in Dortmund noch den rechtlichen Anforderungen an die Erfüllung dieser Pflichtaufgabe entspricht, halte ich für fraglich.

Aber die „Härte“ der Bestrafung ist Bundesrecht und der Einfluss der Stadt Dortmund darauf ist Null.

DIE LINKE fordert mehr kostenlose Park&Ride-Plätze außerhalb der Innenstadt mit einer kostenlosen Anbindung an den ÖPNV.

Sehr viele viele Politiker schwören auf Park & Ride, obwohl das viel Fläche verbraucht, der Öffentlichen Hand viel Geld kostet und eine direkte Konkurrenz zu den Zubringer-Bus-Linien ist. Den Zusammenhang zum Radverkehr kann ich nicht erkennen.

DIE LINKE fordert: Gefährliche Stellen – etwa Radwege, die plötzlich auf die Straße führen – müssen mit Hinblick auf die Sicherheit von Fahrradfahrer*innen umgebaut werden. Tödliche Unfälle mit dem Rad gehen auch oft auf rechtsabbiegende Lkw zurück. Die Anzahl der Lkw im Stadtgebiet muss reduziert werden. Die notwendigen Lkw müssen mit Abbiegeassistenten ausgestattet sein. An den Stellen, an denen es zu Unfällen gekommen ist, muss der Straßenabschnitt geändert werden.

Die Forderung nach weniger LKW-Verkehr werden die meisten unterstützen. Spannender ist es, wie das passieren soll. Der entsprechende Abschnitt enthält dazu keine wirklichen Angaben, die über Verlagerungen z. B. auf den Autobahnring hinausgehen. Der Ansatz der Stärkung lokaler Wirtschaftskreisläufe ist sicherlich nicht falsch, aber am Ende vor allem von politischen Entscheidungen auf Bundes- und EU-Ebene abhängig. Die Stadt Dortmund hat zudem kaum Einfluss darauf, wieviel LKW-Verkehr in der Stadt unterwegs ist. Mit der Entscheidung, Logistik anzusiedeln hat die Stadt sicherlich LKW-Verkehr angezogen. Erst kürzlich wurde beschlossen, ein Gewerbegebiet vom Schienenverkehr abzuhängen.

Auch Abbiegeassistenten sind ein Thema der Bundespolitik und von der Ausstattung kommunaler Fuhrparks keins der Kommunalpolitik.

Nicht jeder Unfall ist durch die Infrastruktur bedingt, sodass die pauschale Forderung nach Umbauten keinen Sinn macht. Im Prinzip ist es richtig, dass man sich Unfallschwerpunkte anschaut durch Unfallkommissionen – auch wenn es Ziel der Planung sein sollte, diese gar nicht erst entstehen zu lassen.

Auch an dieser Stelle der Hinweis, dass straßenbegleitende Radwege natürlich Teil der Straße sind. Straßen sind mehr als Räume für Kfz-Verkehr, sodass man Straßen nicht auf Fahrbahnen reduzieren sollte, die man wiederum nicht allein dem Kfz-Verkehr zugestehen sollte.

DIE LINKE will, dass bei Baustellen kein Fahrradweg wegfällt. Radfahrer*innen müssen wie Fußgänger*innen durch eigene Absperrungen geschützt werden. Einschränkungen dürfen nur zu Lasten des Autoverkehrs gehen. Bestehende Gesetze müssen hier angewandt werden.

Ziel muss die sichere Führung sein. Im Einzelfall wird das sehr unterschiedlich gelöst werden. „Radfahrer absteigen“, abrupte Enden etc. gehörten sicherlich nicht dazu.

Es geht nicht um mehrere Gesetze, sondern um die StVO und die RSA 95 als maßgebliche Richtlinie (bzw. demnächst irgendwann deren Überarbeitung).

DIE LINKE will die kostenlose Mitnahme von Fahrrädern, Lastenrädern und Fahrradanhängern im ÖPNV. Die Möglichkeiten zur Mitnahme müssen verbessert werden.

Die Mitnahmebedingungen in Dortmund – es ist Kommunalwahl – sind m. E. durchaus gut. Jedoch muss man sich im Klaren sein, dass für die Mitnahme von Lastenrädern große Freiflächen vorgehalten werden müssen zu Lasten von Sitzplätzen.

Piraten

Ich habe kein Wahlprogramm gefunden auf der Webseite.

SPD

Im Wahlprogramm der SPD Dortmund kommt das Wort Fahrrad vier mal (davon einmal im Zusammenhang mit der Fahrradstaffel der Polizei), Radwegnetz/-system dreimal vor. Der Abschnitt zum Radverkehr heißt auf den ersten Blick etwas irreführend „Nutzende in den Mittelpunkt stellen“.

Wir wollen niemandem vorschreiben, welches Verkehrsmittel vorrangig genutzt wird. Aber wir wollen allen die Möglichkeit geben, es sich wirklich aussuchen zu können. Das gilt insbesondere für das Fahrrad. Hier werden wir noch mehr erreichen müssen: Ein geschlossenes Netz von hoher Qualität und Sicherheit. In Dortmund fehlt aber nicht nur ein solch geschlossenes Radwegenetz. Unser Maßstab, an dem wir ein neues Verkehrssystem für unsere Stadt entwickeln wollen, ist nicht der Profi-Radfahrer. Wir müssen vom schwächsten Nutzer her denken: Kinder und Familien. Für diese brauchen wir vor allem ein sicheres Radwegesystem mit breiten und deutlich abgegrenzten Spuren. Dazu gehören für uns auch neue innerstädtische Fahrradstraßen, zum Beispiel parallel zur B1 und entlang des Walles, sowie gute Möglichkeiten, die bereits heute autofreie Innenstadt und die zahlreichen Parks schnell zu durchqueren. Ebenfalls werden wir uns um sichere, überdachte und abschließbare Fahrradabstellplätze in ausreichender Zahl kümmern.

Die Hoffnung, dass über Einzelfälle hinaus Leute freiwillig auf das Rad umsteigen, hat sich bisher nicht erfüllt. Leute steigen um, wenn sie sich neu orientieren müssen: Neue Arbeitsstelle, neue Wohnung, Führerscheinverlust etc. oder aber auch und vor allem, wenn Restriktionen nicht mehr die gewohnte Nutzung des Autos fortzuführen. Natürlich bedarf es dafür gewisser Voraussetzungen, die geschaffen werden müssen, aber ausreichen werden die nicht.

Richtig ist natürlich, dass man in Netzten denken muss und ich vermute, dass „geschlossenes Radwegenetz“ hier im Sinne von Radrouten gemeint ist und damit nicht ein immenses Versiegelungsprogramm im Außenbereich gemeint ist. Darauf deutet hin, dass auch Fahrradstraßen dazu gehören sollen.

Richtig ist, dass das Netz für alle nutzbar ist. Die beste Lösung dafür ist und bleiben die Reduzierung des Kfz-Aufkommens, dessen Verlangsamung und weniger stadtunverträglichere Kfz. Aufpassen muss man, dass man im Bugwasser des Neuen Radaktivismus nicht die „Profi-Radfahrer“ ausbremst, zu denen Umsteiger, Kinder etc. irgendwann auch werden. Es bleibt ein Paradoxon, dass man mehr routinierte also regelmäßige Radfahrer will, in denen aber zunehmend eine Gruppe sieht, an deren Bedürfnissen man sich nicht orientieren darf.

Wo parallel zum Wall und der B1 Fahrradstraßen kommen sollen, ist mir unklar.

Auch wenn Dortmund vergleichsweise gut ausgestattet ist mit Fahrradstellplätzen, sind diese nie überdacht. Die Überdachung würde die Qualität deutlich verbessern, ist jedoch auch nicht überall nötig.

Eine autofreie Innenstadt hat Dortmund. Offensichtlich ist eher eine Querung der Fußgängerzone gemeint. Vom Wort Fußgängerbereich abgesehen, kommt der Fußverkehr begrifflich im Wahlprogramm übrings gar nicht vor.

Die Verbesserung von ÖPNV und Radwegenetz muss von unten gestaltet werden. Vor Ort braucht es dafür aber nicht nur gute Ideen, sondern auch Umsetzungsperspektiven. Dazu wollen wir ein Verkehrswendebüro einrichten, dass innerhalb der Verwaltung die Umsetzung koordiniert und verantwortet. Wir wollen den Mut haben, verschiedenste Konzepte und Ideen zur Verbesserung von Lebensräumen und Mobilität auszuprobieren. Es soll möglich sein, Ideen zur Belebung des öffentlichen Raumes ebenso wie Fußgängerbereiche oder verkehrsberuhigte Zonen für einen begrenzten Zeitraum auszuprobieren. Die Erfahrungen mit diesen Maßnahmen sollen dann dazu dienen, mit Anwohnern gemeinsam über
die weitere Umsetzung, Fortführung oder auch Ablehnung der Maßnahmen zu entscheiden.

Radverkehrsförderung ist nur zu einem (kleinen) Teil Radwegebau, der auch hier im Vordergrund steht. Eine der wirksamsten Maßnahmen bleibt die Bändigung des Autoverkehrs, zu der auch die Verkehrsüberwachung gehört, deren Ausweitung der Rat erst kürzlich abgelehnt hat.

Interessant scheint mir die Idee des Verkehrswendebüros. Wobei es hier darauf ankommt, wie dieses ausgestaltet ist, ob es mehr wird als ein PR-Büro und ob die konkreten Maßnahmen dann mitgetragen werden. Ein solches Büro bringt nichts, wenn es vor allem der Beruhigung vom Neuen Radaktivismus (die traditionelle Radverkehrsszene hat man ja mit dem Beirat für Nahmobilität etc. ausreichend beruhigt), Klimabewegung und den Grünen dient. Zumindest im Stadtbezirks Brackel hat die SPD die Konkretisierung der s. g. Verkehrswende durchaus auch versucht voranzubringen, wenn dies mit Konflikten einhergehen wird. Für die ganze Dortmunder SPD insbesondere im Rat gilt das nicht. Entsprechend ehrlich ist es daher schon, dass man nichts zusagt, sondern in fast kirchentaglichem Duktus sich den Mut erhofft, Dinge zu probieren.

Vor dem Hintergrund dessen, dass man keinem etwas vorschreiben will, bleibt fraglich, wie dann das Verkehrswendebüro eine Verkehrswende einleiten soll.

Norbert Paul

Norbert Paul ist per PGP-Schlüssel erreichbar über die E-Mail-Adresse norbert.paul@velocityruhr.net

8 Gedanken zu „Radverkehr in den Kommunalwahlprogrammen für Dortmund

  • Danke für den Überblick und deine fachlichen Einschätzungen!

    Grüne:
    „Servicestationen sind eine schöne Idee, die aber in der Realität aufgrund von Vandalismusschäden nicht dauerhaft funktioniert.“
    Sind Leitplanken und damit letztlich die bauliche Trennung auf Autobahnen auch eine schöne Idee, die aber in der Realität aufgrund von Schäden durch dort reinknallende Kraftfahrzeuge nicht funktioniert? Ich denke, mit dem Argument hat man schon kapituliert… klar, Servicestationen baut man nicht in finstere Ecken. Aber wenn dann da alle Monate ein Sechskant wegkommt, sollte es doch drin sein, den zu ersetzen.

    Linke:
    Zu der Forderung der Linken nach härteren Strafen für Falschparker: „Aber die „Härte“ der Bestrafung ist Bundesrecht und der Einfluss der Stadt Dortmund darauf ist Null.“
    Jein… klar sind die Bußgelder Bundesrecht. Aber aus „Nutzersicht“ sind Kosten der Umsetzung ihres Fahrzeugs auch eine Art Bestrafung, und zwar eine zeitlich und finanziell spürbare. Was wäre denn, wenn die Stadt hier von „nur wenn echt unvermeidlich“ zu „wann immer rechtlich möglich“ umschwenken würde…?

    „Auch Abbiegeassistenten sind ein Thema der Bundespolitik und von der Ausstattung kommunaler Fuhrparks keins der Kommunalpolitik.“
    Was hältst du aus planerischer Sicht von Trixi-Spiegeln? Das wäre immerhin kommunal zu entscheiden.

    SPD:
    „Eine autofreie Innenstadt hat Dortmund. “ Fehlt da ein ’nicht‘ ? Ansonsten zu allem einfach ohne Worte…

    Der Link hinter „Nachwuchstalenten“ führt direkt zur Seite der Dortmunder AfD, das könnte man vielleicht kenntlich machen (bei allen anderen ist recht klar, wo man landet).

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    • Norbert Paul

      Ich habe lange geglaubt, dass es nur um gelegentliche verschwundenen Sechskante geht. Am Nordcampus hat der AStA wohl kapituliert und das hätte ich für ein problemlosen Standort gehalten.

      Linke: Okay, so kann man das sehen. :-)

      Antwort
  • Jonas Krug

    Und nun kommen wir zur Stichwahl. CDU oder SPD. „Mobilität, die Fußgänger*innen genauso berücksichtigt wie Autofahrer*innen, den Radverkehr und den ÖPNV.“ gehört zu den wichtigsten Themen in den nächsten 5 Jahren für Westphal. Hollstein hingegen führt an: „Zukunftsstadt: Ich möchte die Mobilitätswende mit einem Ausbau des ÖPNV, mehr Radwegen und einem P+R –Ring um Dortmund voranbringen. “
    Wenn ich nur die Wahl zwischen den beiden habe, weiß ich, wo meine Stimme hin geht.
    Beides ist im Kandidatencheck des WDRs nachzulesen.

    Antwort
    • Norbert Paul

      Und wo ist der Unterschied in den beiden Aussagen? Beide wollen demnach den Kfz-Verkehr nicht antasten und noch mehr Verkehrsinfrastruktur schaffen, für die die Unterhaltsmittel fehlen. Also weiter machen wie bisher. Ein zuverlässiges Rezept, um immer neue Probleme zu schaffen, für die man Lösungen versprechen kann.

      P+R ist ein Konzept, was immer noch auf das Auto setzt, aus öffentlichen Geldern kostenlose Parkplätze (oder stark subventionierte) schafft und dem Zubringer-ÖPNV die Fahrgäste nimmt. Das mag in ländlichen Regionen hier und da sinnvoll sein, aber in Städten wie Dortmund ist das Quatsch. Lieber dafür sorgen, dass der S30 im 15 Minuten-Takt aus Bergkamen nach Dortmund fährt, die Stadtbahn über die Vollmetalbahn bis Herdecke oder weiter führen etc., ein Schnellbus aus Waltrop nach Dortmund etc.

      Antwort
    • Ich finde die Aussagen im WDR-Kandidatencheck zum Teil reichlich weichgespült. Schöne Worte (nachgefragt wird ja nicht), gerne garniert mit etwas „Am schönsten is‘ anne Pommes vorm Stadion“.

      Ich habe mir die Aufzeichnung der Parents for Future-Veranstaltung mit den OB-Kandidaten (https://www.youtube.com/watch?v=aiKMSD3Q6WQ) gegeben, da ergibt sich ein etwas anderes Bild. Zu der Art, wie Thomas Westphal mit den ehrenamtlichen Organisatoren und den Fragestellern umgeht, machst du dir am besten selbst ein Bild. Ich war ernsthaft schockiert.
      Inhaltlich ist hängen geblieben: Beide brennen jetzt nicht so richtig heiß für das Fahrrad, Westphal findet, man müsste sowieso viel mehr über den ÖPNV sprechen. Das ist nicht nur eine Nebelkerze, um vom Thema Flächenkonkurrenz wegzukommen, sondern auch inhaltlich fragwürdig. In Europa ist mir keine Stadt bekannt, die sich allein oder vor allem mit dem ÖPNV aus dem Verkehrschaos herausgearbeitet hätte.

      Da ich sowieso jede Erwartung bezüglich großer Würfe aufgegeben habe, gefiel mir zumindest eine Einlassung von Andreas Hollstein ganz gut: Wenn der Mann bezüglich gefährdender und behindernder Parkgewohnheiten Law&Order durchsetzen will – bitte! Daran könnte man ihn zur nächsten Wahl auch messen (ab ca. Minute 16).
      Die SPD darf man ja an ihren Versprechungen von gestern gar nicht messen, jedenfalls verbittet sich das der Mann, der siebter SPD-OB in Folge werden möchte (ab Minute 21:55).

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      • Norbert Paul

        Flächenkonkurrenz ist doch auch so eine Nebelkerzenbegriff. In den meisten Straßen wird die Fahrbahn gemeinsam genutzt von ÖPNV, Radverkehr und Kfz-Verkehr. Wie will man da Anteile berechnen und da es noch massig Kapazitäten in den meisten Straßen gibt, muss man auch nicht konkurrieren.

        Die Law & Order-Freunde von CDU, AfD, Die Rechte finden das doch nur gut, wenn es Minderheiten trifft, aber hierbei würde es sie ja selber treffen. Wo soll dann eine Mehrheit dafür herkommen? Sobald der erste E-SUV abgeschleppt wird, werden das auch die Grünen doof finden. Auch Gehwegparken kann durchaus in den grünen Forderungskatalog gehören.

        https://velocityruhr.net/blog/2017/12/31/buendnis-90-die-gruenen-wie-war-das-mit-der-verkehrswende/

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        • Ok, nennen wir es Straßenbreitenkonkurrenz :-) Parkstände werden schonmal nicht gemeinsam genutzt, und wenn auf der Fahrbahn dann der Radfahrer nicht sofort überholt werden kann – oder sich gleich zwei erdreisten, regelkonform nebeneinander zu fahren – steigen aus den dahinter fahrenden Autos gleich dunkle Wolken aus den Fenstern…

          Genau wegen deines Einwandes fand ich Hollsteins Einlassung bei der Parents4Future so ungewöhnlich. Das klang mal ganz anders als die üblichen „Unverhältnismäßig-irgendwo-müssen-die-Leute-ja-parken“-Aussagen. Und vielleicht akzeptiert es ja die Mehrheit, wenn „einer der ihren“ ihr erklärt, dass das tatsächlich verboten und gefährlich ist und jetzt etwas dagegen getan wird.

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