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Fahrradklimatest: Stadt Dortmund sieht sich trotz wieder schlechtem Ergebnis bestätigt

Der ADFC hat heute das Ergebnis des Fahrradklimatests veröffentlicht. Das Kopenhagen Westfalens hat mal wieder schlecht abgeschnitten: Vorletzter Platz unter den Großstädten. Allein schon aufgrund der Methodik sollte man schlechte ebenso wie gute Ergebnisse nicht überbewerten, insbesondere zu Einzelfragen. Am aussagekräftigsten ist noch die Entwicklung über die Jahre: Alles wie immer. Oder: Immerhin wird die Gesamtbewertung nicht schlechter.

Wie fragwürdig Einzelergebnisse sind, zeigt die Note für auf den Kfz-Verkehr beschränkte Einbahnstraßen. Inzwischen gibt es kaum noch Einbahnstraßen für Radfahrende in Dortmund. Da ist eine 2,8 nicht gerechtfertigt (zweitbeste Einzelnote). Über den Grund lässt sich nur spekulieren. Da Dortmund ziemlich früh im Vergleich zu anderen Städten in der Hinsicht aktiv war, fällt das vielleicht nicht mehr so auf und dadurch die wenigen anderen Straßen umso mehr. Vielleicht wird auch bewusst schlecht bewertet. Und obwohl immer weitere Einbahnstraßen „freigegeben“ werden, verbessert sich die Note von Dortmund in der Sache nicht.

Unverständlich positiv ist hingegen die Bewertung der Wegweisung für den Radverkehr (3,6, viertbeste Einzelnote), die schlicht nicht nutzbar ist. Jahrelang fehlende Wegweiser, ausgeblichene und verdreckte Wegweiser sind hier üblich. Gleich gut wurde Dortmund auch bei der Radverkehrsförderung in letzter Zeit bewertet. Hier wäre es spannend, an was die Teilnehmenden hier gedacht haben. Viel passiert ist ja nicht. Also eher nix: Die super innovativen Empfehlungen des Beirat für Nahmobilität liegen entweder im Giftschrank und werden deshalb nicht kommuniziert oder wurden durch Mehrheit von Politik und Verwaltung erst gar nicht gefällt. Die AGFS NRW-Mitgliedschaft wird nicht in die Stadt rein gelebt, außer für Insider dürfte sie schlicht unbekannt sein. Und von Politik und Verwaltung selber sind auch keine Initiativen bekannt. Der RS 1 hat nicht mal eine finale Trasse und nur ein kurzes Albi-Stück wurde realisiert. Auch die „Werbung für das Radfahren“ gehört noch zu den besser bewerteten Aspekten (3,8). Bis auf ein paar inhaltlich und ästhetisch fragwürdigen Plakaten im Rahmen von „Emissionsfreie Innenstadt“ gab es da auch nicht wirklich etwas. In einer ersten Einschätzung hebt Stadtsprecher Christian Schön gegenüber VeloCityRuhr.Net daher auch hervor: „Es ist erfreulich, dass der Aspekt ‚Fahrradförderung in jüngster Zeit‘ (von 4,7 in 2018 – auf 4,5 in 2020 – auf 3,6 in 2022) und auch ‚Werbung für das Radfahren‘ (von 4,7 in 2018 – auf 4,0 in 2020 – auf 3,8 in 2022) deutlich zugenommen haben. Das zeigt, dass die Aktivitäten der letzten Jahre (UmsteiGERN, Radwall, RS1, Fahrradachsen etc.) wahrgenommen wurden.“

Funfact: Ich habe mich in den letzten Jahren viel um Einbahnstraßen gekümmert: Zweitbeste Einzelnote für Dortmund hierfür. Um Baustellen habe ich mich zuletzt nicht wirklich gekümmert. Schlechteste Einzelnote, obwohl ganz selten leichte Verbesserungen erkennbar sind.

OB und die zuständigen Dezernenten waren im Laufe des Nachmittags und Abends für ein Statement zu dem ihnen ausgestelltem Zeugnis nicht zu erreichen. Während das Ergebnis eher nahelegt, dass die Stadt bisher etwas falsch macht, sagt Schön: „Der Fahrradklimatest bestärkt uns, bei der Radverkehrsförderung nicht nachzulassen.“ In einer ersten Einschätzung hat die Stadt auch Punkte identifiziert, wo sie mehr machen will: „Es gilt gerade in den Feldern, in denen Dortmund gegenüber vergleichbaren Städten schlecht abgeschnitten hat (z.B. Erreichbarkeit Stadtzentrum, zügiges Radfahren, Radwegezustand), durch die Velorouten in den nächsten Jahren deutliche Verbesserungen zu erzielen. Der Zustand der vielen Radwege im Bestand wird künftig verstärkt kontrolliert und verbessert. Eine moderner Grundlage, um in Zukunft gezielter und besser Mängel erkennen und beseitigen zu können, wird in Dortmund in diesem Frühjahr fortgesetzt: Ein mit Messtechnik ausgestattetes Quad wird Radwege, die in der Baulast des Tiefbauamtes liegen, abfahren und erfassen. 2021 wurden bereits Straßen, Fuß- und Radwege von Messfahrzeugen digital erfasst. Nun folgen rund 200 km straßenferne Wege, die nicht parallel zu den Straßen verlaufen und als Radwege genutzt werden. Das Verfahren (nach der Richtlinie ZTV-ZEB-StB), das hier zur Anwendung kommen wird, ist sehr genau und wird in Zusammenarbeit mit dem Vermessungs- und Katasteramt ein modernes Straßen- und Radwegekataster ergeben, das mit dem Infrastrukturmanagementsystem des Tiefbauamtes gekoppelt sein wird.“ Ein erster Schritt, dem weitere Schritte im Unterhalt folgen müssen. Ob die Fahrzeuge angesichts der Breite der (Rad)wege (Note 5,2) überhaupt überall fahren können? Es bleibt spannend. Außer das Abschneiden beim nächsten Fahrradklimatest, vermutlich zwischen 4,0 und 4,5 bei unveränderter Methodik und Politik.

Norbert Paul

Norbert Paul ist per PGP-Schlüssel erreichbar über die E-Mail-Adresse norbert.paul@velocityruhr.net

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