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Weitere Verschlechterung und vorletzter Platz für Dortmund beim Klimatest

Dortmund hat sich beim ADFC-Klimatest weiter verschlechtert und landet nun auf dem vorletzten Platz in der (neuen) Kategorie der Städte mit mehr als 500.000 Einwohnern (Platz 13 von 14). Der Trend stetiger Verschlechterungen ist ungebrochen, die Gesamtbewertung fiel von der Schulnote 3,9 (2012, gerundet) auf 4,4 (2018, gerundet). Damit liegt Dortmund fast gleichauf mit dem Klassenletzten Köln (ebenfalls Note 4,4. Unterschiede gibt es erst in der zweiten Nachkommastelle: Dortmund 4,35, Köln 4,38). Insgesamt haben 1390 Personen Dortmund am Klimatest teilgenommen.

In allen Einzelbewertungen gab es Verschlechterungen oder Stagnation auf niedrigem Niveau. Die einzige Verbesserung gab es beim Fahrraddiebstahl, auf den die Stadt nur bedingt Einfluss hat. Die schlechtesten Bewertungen gab es für die Führung an Baustellen, die Breite der Wege und die Kontrolle von Falschparkern. Im Vergleich zu ähnlichen Städten wurde die Fahrradförderung in jüngster Zeit am schlechtesten bewertet – kein Wunder angesichts der langen Liste von leeren Ankündigungen, Verschiebungen und Vertröstungen in letzter Zeit.

Immer schlimmer: Dortmund im ADFC-Klimatest. Grafik: ADFC

Sicher, es gibt ganz vereinzelt Anzeichen für ein Umdenken bei Teilen von Politik und Verwaltung, aber auf der Straße kommt davon bisher kaum etwas an. Und wenn es doch ankommt, leidet es wieder unter der alten Dortmunder Krankheit, nämlich der ausgeprägten Bereitschaft, faule Kompromisse zulasten der Qualität zu machen.

Interessant sind einige Einzelbewertungen. 64% vergeben auf die Frage, ob in letzter Zeit besonders viel für den Radverkehr getan wurde, die Schulnoten 5 oder 6. Und 65% vergeben auf die Frage, ob Ampelschaltungen gut auf den Radverkehr abgestimmt sind, die Schulnoten mangelhaft oder ungenügend. Wegen des schlechten Notendurchschnitts reicht das für eine „positive“ Erwähnung im Überblick, siehe Grafik oben.
Besonders eindrucksvoll: 59% geben der Stadt bei der Überwachung von Falschparkern auf Radwegen die Schulnote 6. Weitere 25% vergeben die Schulnote 5.

Nach den Erfahrungen mit den schlechten Bewertungen der vergangenen Jahre ist nicht davon auszugehen, dass sich nun etwas ändert. Wer Probleme nicht lösen will, kann sie sich schließlich auch schön reden. Oberbürgermeister Sierau, der sich nicht scheut, die Worte Kopenhagen und Dortmund im selben Satz zu verwenden, gab beim Symposium beim E-Bike Festival eine Kostprobe. Als später ein Bürger, der aus Bremen nach Dortmund gezogen ist, seiner Schönfärberei widersprach, legte er ihm nahe, doch nach Bremen zu gehen, wenn es ihm in Dortmund nicht gefalle.

Gute Idee, Herr Sierau.

Peter Fricke

Peter aus Dortmund schreibt mit der Absicht, auch von jenseits der Stadtgrenzen zu berichten. Interessiert sich für Infrastruktur und die Frage, wie man des Rad als Verkehrsmittel für die große Mehrheit attraktiv machen kann. Ist leider nicht in der Lage, mit Falschparkern auf Radverkehrsanlagen gelassen umzugehen. Per E-Mail erreichbar unter peter.fricke, dann folgt das übliche Zeichen für E-Mails, und dann velocityruhr.net.

6 Gedanken zu „Weitere Verschlechterung und vorletzter Platz für Dortmund beim Klimatest

  • Norbert Paul

    DAS hat DER wirklich so gesagt? Da weiß man dann auch nichts mehr dazu sagen soll. Aber irgendwie überrascht mich diese Aussage leider gar nicht, was ein Indiz dafür ist, dass es kein Ausrutscher ist, als er einen schlechten Tag hatte und auf dem falschen Fuß erwischt wurde.

    Gute Ampelschaltungen für den Radverkehr in Dortmund hätte man nie und nimmer und positiv listen dürfen. Dortmund ist immerhin eine Stadt, die Fahrradampeln nicht nutzt, um dem Radverkehr Vorsprung zu geben, sondern ihn eher zu stoppen.

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  • Bereits vor zwei Jahren (2017) hat Herr Sierau beim E-Bike Festival „Dortmund zum Kopenhagen NRWs“ machen wollen…

    Seine Aussage zum Neubürger aus Bremen und meine fast täglichen Erfahrungen als Radfahrer (mit Kind auf dem Sozius) lassen mich ernsthaft darüber nachdenken aus Dortmund wegzuziehen. Meine Angst aufgrund der Rücksichtslosigkeit, das Gefühl der Resignation aufgrund der fehlenden politischen Aktivität und die Müdigkeit sich über diese Umstände aufzuregen machen einfach nur unglücklich.

    Dabei wollen doch alle, sowohl im Auto, auf dem Rad oder als Fußgänger ohne Stress und Konflikte von a nach b kommen.

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    • Ich verstehe auch nicht, was er mit diesem Vergleich erreichen will. Wirklich selbst glauben kann er doch nicht, dass mit so wenig Einsatz Vergleichbarkeit erreichbar ist. Er lenkt damit doch nur die Aufmerksamkeit darauf, wie kläglich schlecht die Situation in Dortmund in vielen Bereichen ist und wie wenig aktuell getan wird, daran etwas zu ändern.

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  • Unser Leser Arne hat ein Interview gegeben zur schlechten Platzierung der Stadt Dortmund beim Klimatest. Als Ort hat er die Möllerbrücke gewählt, wo man sich an einem konfliktmaximierenden unsichtbaren 70cm-Radweg zwischen Fußgängern und wartenden Busnutzern in der Praxis anschauen kann, wie es aussieht, wenn sich Dortmund auf den Weg nach Kopenhagen macht. Für den Autoverkehr gibts fünf Fahrstreifen und die Notwendigkeit, für den Radverkehr die wichtige Nord-Süd-Relation auf der Ostseite durch einen geschützten Zweirichtungsradweg abzudecken, wird ignoriert, so dass das Chaos durch Massen von Geisterradlern vollendet wird.

    Sigrun und Fabian kommen auch zu Wort: http://kurt.digital/2019/04/18/kurier-dortmund-ist-zweitschlechteste-grossstadt-fuer-fahrradfahrer/

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    • Norbert Paul

      Dafür das KURT ein Projekt des Journalistik-Studiengangs an der TU Dortmund. Unsere zukünftige Journalisten-Elite hat aber mal wieder richtig schön viele Detail-Fehler gemacht und Dinge offensichtlich nicht eingeordnet. Gut, dass es kein Journalismus-Klimatest gibt …

      Hat Arne nicht das Radfahren in Dortmund aufgegeben? Das es immer mehr Verkehr wird, liegt nicht primär in der Verantwortung in der Stadt, sondern so ziemlich in der Verantwortung aller. Seit Jahren bringt unser Lebensstil immer neue Kilometerrekorde je Kopf hervor.

      Radwege muss man schon eindeutig erkennen können. Das ist an der Möllerbrücke nicht der Fall. In einem Knotenpunkt des Fußverkehrs mit Bushaltestelle wäre auch kein Radweg machbar auf dem Gehweg. Irreführende Signalisierung im Umfeld müsste die Stadt korrigieren, wenn Radverkehr in Dortmund einen Stellenwert hätte, der Sieraus Einschätzung nicht wie beißenden Sarkasmus klingen lassen würde.

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