Radkultur

Radschnellweg: Die ersten 220 m in Dortmund sind befahrbar [aktualisiert]

Der erste Bauabschnitt des Radschnellwegs in Dortmund ist noch lange nicht fertig, und auch auf dem jetzt freigegebenen Stück fehlt von der grünen Farbe über die Piktogramme bis zum Fahrradstraßenschild noch vieles, was einen Radschnellweg ausmacht. Trotzdem kann man sich auf den jetzt befahrbaren 220 m schon ungefähr vorstellen, wie der Schnellweg in diesem Bereich einmal aussehen wird.

Die Reaktionen auf den Social-Media-Plattformen sind bisher eher zurückhaltend.

Das dürfte auch damit zusammenhängen, dass die Fotos aus Mülheim von der Pilotstrecke auf einer alten Bahntrasse eine Erwartungshaltung erzeugt haben, die in dicht bebautem Gebiet einfach nicht zu erfüllen ist.

Die Kritik kommt aus zwei Bereichen.

Zum einen werden Planungsfragen mit dem Vollzugs-Desaster der Dortmunder Verkehrsüberwachung vermengt, indem vermutet wird, dass vielleicht auch in Zukunft weiter ordnungswidrig an den Baumscheiben geparkt werden könnte. Man kann eine Planung aber schlecht dafür kritisieren, dass der Verkehrsüberwachung die personellen Kapazitäten und vor allem der Wille zur Durchsetzung geltenden Rechts fehlen. Zudem fehlt bei dieser Kritik jeder Vorschlag, was man denn nun konkret anders hätte machen sollen in einem dicht bebauten Quartier, wo es nun mal keine ungenutzte Bahntrasse gibt. Man hätte den Schnellweg natürlich außen herum führen können, wo mehr Platz ist. Die Bilder wären dann sicher viel hübscher geworden, aber würde eine solche Route den tatsächlichen Bedarf abdecken?

Zum anderen wird behauptet, es habe sich ja gar nichts geändert. Der Vorwurf ist nicht zutreffend, denn immerhin gibt es folgende Verbesserungen:

  • an acht Kreuzungen und Einmündungen erhält der Radverkehr auf dem Schnellweg Vorrang statt Rechts-vor-Links,
  • eine Ampel entfällt,
  • die schlecht einsehbare Engstelle an der kleinen Grünfläche am Südwestfriedhof entfällt,
  • das bisher schon überwiegend illegale Baumscheibenparken wird klar per Beschilderung verboten,
  • die extrem enge Einfahrt in die Sonnenstraße (siehe Bild unten) wurde deutlich erweitert und dem Fußverkehr wurde mehr Raum geschaffen,
  • wahrscheinlich wird an der Wittekindstraße (Trommler) abgepollert, um den Kfz-Durchgangsverkehr herauszunehmen,
  • und die schlaglochdurchzogene Fahrbahn wird erneuert.

Auch diese Kritik kommt ohne jeden Vorschlag daher, was man denn nun konkret anders hätte machen sollen. Sie überzeugt mich daher nicht, zumal es tatsächlich noch Verbesserungsmöglichkeiten gäbe.

Einige kleinere Kritikpunkunkte gibt es nämlich durchaus.

Der Kfz-Durchgangsverkehr müsste noch konsequenter vom künftigen Radschnellweg ferngehalten werden. Dazu gibt es aus der Verwaltung Bereitschaft für eine Teillösung. Für den Fall, dass diese nicht ausreicht, hat Aufbruch Fahrrad Dortmund vor dem Umbau eine Verkehrszählung durchgeführt, um mit einem Vorher-Nachher-Vergleich gute Argumente für eine umfassende Lösung zu generieren.

Die Sichtlinien an den Kreuzungen und Einmündungen sollten noch besser mit wartungsfreien Lösungen wie Pollern und Fahrradbügeln gesichert werden.

Die abknickende Vorfahrt am Sonnenplatz wurde durch einen abgesenkten Bordstein realisiert, der zu hoch und darum eine Stolperfalle ist, auf die man auch noch in spitzem Winkel trifft. [Dieser Punkt wird korrigiert: Siehe „Aktualisierung vom 23. Juni 2021“ im grauen Feld unten.]

Und dann gibt es natürlich die Grundsatzfrage, wie viele Parkplätze ein Radschnellweg verträgt, und die ist natürlich eng mit der Frage der politischen Durchsetzbarkeit verknüpft. Auch wenn die Zahl der Ein- und Ausparkvorgänge in diesem Bereich eher niedrig ist, sind insbesondere die Querparkplätze am Südrand des Sonnenplatzes eine Stör- und Gefahrenquelle. Die anstehende Umgestaltung des Sonnenplatzes bietet die Gelegenheit, diese Parkplätze in Raum für Menschen umzuwandeln und nebenbei die Gefahrenquelle zu beseitigen. Für die Politik bietet sie die Gelegenheit, den Worten von der Verkehrswende Taten folgen zu lassen.

Die grüne Farbe für das erste Teilstück des ersten Bauabschnitts kommt in etwa drei Wochen. Endgültig fertig gestellt wird der erste Bauabschnitt (Wittekindstraße bis Arneckestraße) im September oder Oktober.

Aktualisierung vom 23. Juni 2021
Dieser Beitrag wird in zwei Artikeln in den Ruhrnachrichten zitiert. Björn Althoff verkehrt die Aussage diese Beitrags fast ins Gegenteil, indem er den kleineren Kritikpunkt des nicht ausreichend abgesenkten Bordsteins herausgreift und in eine Reihe mit der harschen grundsätzlichen Kritik aus den sozialen Medien stellt, ohne deutlich zu machen, dass dieser Beitrag diese harsche Kritik gerade nicht teilt: Erstes Stück Fahrradstraße in der Innenstadt fertig – schon gibt es Kritik.
Und Oliver Volmerich kommentiert in gewohnter Qualität: Radschnellweg Ruhr: Liebe Dortmunder, jetzt haltet mal den Ball flach!
Dass er VeloCityRuhr als „eine der engangiertesten Initiativen für den Radverkehr“ bezeichnet, freut uns natürlich (wobei eigentlich Aufbruch Fahrrad Dortmund gemeint sein dürfte, denn da ist der Wumms), vor allem aber räumt er mit der unrealistischen Erwartung auf, ein Radschnellweg in dicht bebauten Gebiet könne aussehen wie einer auf einer alten Bahntrasse. Die Entscheidung, dort zu bauen, wo man die meisten Menschen erreiche, sei richtig, allerdings stehe die Stadt vor der wichtigen Aufgabe, das Falschparken zu unterbinden, denn nur dann verdiene der Radschnellweg seinen Namen.

Neuigkeiten gibt es vom Stein des Anstoßes: Die Stadt hat schnell reagiert und wird den hohen Bordstein platt machen.

Peter Fricke

Peter aus Dortmund schreibt mit der Absicht, auch von jenseits der Stadtgrenzen zu berichten. Interessiert sich für Infrastruktur und die Frage, wie man des Rad als Verkehrsmittel für die große Mehrheit attraktiv machen kann. Ist leider nicht in der Lage, mit Falschparkern auf Radverkehrsanlagen gelassen umzugehen. Per E-Mail erreichbar unter peter.fricke, dann folgt das übliche Zeichen für E-Mails, und dann velocityruhr.net.