Dortmunder Doppelhaushalt 2020/2021
Am 12. Dezember wird der Doppelhaushalt 2020/2021 beschlossen. Für den Radverkehr sieht es wieder einmal sehr dünn aus. Zu finden sind hauptsächlich Projekte, die eigentlich schon längst fertiggestellt sein sollten. Mehr Geld für den Radverkehr soll es erst ab 2022 geben. Wenn man es sich bis dahin nicht noch anders überlegt.
Das ist ärgerlich, aber noch ärgerlicher ist es, wenn die Verwaltung als Reaktion auf die Kritik an geringen Finanzmitteln nun vereinzelt versucht, diese Mittel schön zu rechnen. Zum Beispiel beim Neubau von Bahnbrücken. Wenn der nötig ist, weil die alte Brücke hinüber ist, muss die Bahn, grob vereinfacht gesagt, nur gleichwertigen Ersatz schaffen. Will die Stadt Änderungen, muss sie die Mehrkosten tragen. Liegt die Brücke nun auf einer Strecke mit viel Schwerlastverkehr und ist niedrig, so dass immer wieder Lkw hängen bleiben, kann sie eine höhere Brücke fordern. Und bei der Gelegenheit dann auch für eine Verbreiterung der Durchfahrt sorgen, damit die Geh- und Radwege mehr Platz bekommen können, ohne dem Kfz-Verkehr einen Fahrstreifen wegzunehmen.
Und so wird dann aus einer Maßnahme in erster Linie für den Schwerlastverkehr, die nebenbei auch Fuß- und Radverkehr nutzt, eine knackige Maßnahme zur Radverkehrsförderung, für die man richtig hohe Beträge nennen kann.
Kopenhagen ist erfolgreich dank schöner Infrastruktur. Das Kopenhagen Westfalens versucht es offenbar stattdessen mit Schönrechnen.
Anträge der Parteien zum Thema Radverkehr
Grundlegende Änderungen am Haushalt sind kaum noch möglich, aber die Fraktionen stellen noch Anträge für kleinere Ergänzungen und machen so deutlich, was ihnen wichtig ist. Wir haben uns die Haushaltsbegleitanträge zum Thema Radverkehr angeschaut und veröffentlichen sie hier unkommentiert.
SPD
Nichts.
CDU
Nichts.
Linke
Nichts.
Grüne
Haushaltsmittel für Radverkehrsförderung
⦁ Der Rat begrüßt den von der Stadt eingeschlagenen Weg zum „Kopenhagen Westfalens“ und die jetzt von der Verwaltung vorgestellten Maßnahmen zur Radverkehrsförderung.
⦁ Der Rat stellt fest, dass das bisher veranschlagte Budget von 1,5 Millionen Euro für die nötigen Investitionen in den nächsten zwei Jahren nicht ausreicht.
⦁ Der Rat beschließt deshalb, die Ausweitung auf die im Jahr 2022 geplanten 6 Millionen Euro Radverkehrsbudget stufenweise vorzunehmen. Im Haushalt 2020/2021 werden zusätzliche städtische Mittel in Höhe von jeweils 1 Million Euro für die Umsetzung der Maßnahmen zur Radverkehrsförderung zur Verfügung gestellt.
Die Mittel werden vorrangig für folgende Projekte eingesetzt:
⦁ Bau eines zweiten Fahrradparkhauses in der Innenstadt.
⦁ Schließung der noch bestehenden Lücken des Radwegenetzes auf Hauptverkehrsstraßen und weitere Entwicklung eines leistungsfähigen Radverkehrsnetzes für den Alltagsradverkehr.
⦁ Anlage von Radwegen nach dem Konzept der Protected Bike Lanes.
⦁ Instandhaltung bestehender Radverkehrsanlagen.
⦁ Verbesserter Winterdienst und zeitnahes Räumen von Laub zumindest im Hauptroutennetz.
Umbau Hellweg
Die Verwaltung erstellt bis zur Sommerpause 2020 ein Konzept für eine Neuaufteilung des Verkehrsraums auf dem Hellweg Richtung Osten. Darin soll insbesondere der barrierefreie Ausbau der Stadtbahnhaltestellen der U43, die sichere Querung für Fußgänger*innen sowie die Einrichtung einer ausreichend breiten Verkehrsführung für den Radverkehr berücksichtigt werden. Die für die Planung benötigten Mittel sind im Haushaltsplan einzustellen.
Verkehrsüberwachung
Zur Verbesserung der Verkehrsüberwachung und des ruhenden Verkehrs haben mehrere Bezirksvertretungen den Rat aufgefordert, den Außendienst der Verkehrsüberwachung weiter deutlich aufzustocken.
Der Rat beschließt deshalb, dass der Bereich der Verkehrsüberwachung um weitere sechs zusätzliche Stellen vorrangig für die Innenstadtbezirke aufgestockt wird. Über Einnahmen im Rahmen der Verkehrsüberwachung finanzieren sich die Stellen zu großen Teilen selbst. Die Stellen sind spätestens zum 1.1.2021 zu besetzen.
Mobilstationen
Mobilstationen sind ein zentraler Baustein des multimodalen Verkehrs, d. h. der Nutzung verschiedener Verkehrsmittel für eine Wegstrecke. Sie ermöglichen eine sinnvolle Kombination der Verkehrsarten durch die Verknüpfung von ÖPNV, Car-Sharing, Bike-Sharing, Taxi, eScooter und ggf. S-Bahn-Leistungen.
Der Rat beschließt die Einrichtung von insgesamt 12 Mobilstationen – je eine pro Stadtbezirk. In einem ersten Schritt werden 2020 und 2021 jeweils zwei Stationen errichtet. Die Stadt führt eine entsprechende Bedarfsplanung durch. Dafür werden 200.000 Euro in den Haushalt eingestellt.
Sharing-Angebote
Zur Förderung von Sharing-Angeboten mit elektrischen Antriebsarten stellt die Stadt mindestens 10 eigene, geeignete Flächen im Stadtgebiet zur Verfügung. Diese werden entsprechend beschildert und zusätzlich mit Fahrrad- und Mietradständern sowie Abstellflächen für eScooter ausgestattet. Als Schutz gegen Falschparker*innen können umlegbare Poller eingesetzt werden.
Für die Maßnahme werden 50.000 € zur Verfügung gestellt und aus dem Sonderposten Ablösebeitrag Stellplätze gedeckt.
Dialogdisplays zur Geschwindigkeitskontrolle
Um im Zusammenhang mit der Neuaufteilung des Straßenraums die schwächeren Verkehrsteilnehmerinnen wie Fußgängerinnen und Radfahrende zu schützen, werden für die beiden bereits geplanten Fahrradachsen, die Faßstraße und die Saarlandstraße, weitere Dialogdisplays mit Messtechnik angeschafft. Dafür werden 40.000 Euro in den Haushalt eingestellt.
Gepäckdepots
Der Rat beschließt die Einrichtung jeweils einer abschließbaren Gepäckaufbewahrungsstelle im Fahrradparkhaus am Bahnhof und im geplanten Radhaus am Rathaus. Im Haushalt 2020/2021 werden dafür 10.000 Euro bereitgestellt. Die Einrichtung von Gepäckaufbewahrungsstellen wird zukünftig bei der Errichtung weiterer Radparkhäuser berücksichtigt.
Mobilitätskonzept „So läuft das“
Das Konzept zur Förderung der Kinder- und Jugendmobilität „So läuft das“ verfolgt das Ziel, die selbstbestimmte, sichere und nachhaltige Mobilität von Kindern und Jugendlichen zu fördern. Die Fortführung bestehender Maßnahmen an Grundschulen, die Ergänzung an weiteren Schulen und Kitas sowie die Konzepterstellung für weiterführende Schulen ist aufgenommen worden in das Programm „Emissionsfreie Innenstadt“. Über dieses Programm laufen auch die Finanzierung und Organisation. Das gilt aber nur für innenstadtnahe Schulen und Kitas im Umkreis von drei Kilometern um die Stadtmitte. Das Programm endet im April 2022. Zusätzlich wird „So läuft das“ für alle anderen Schulen über das Büro des Radfahrbeauftragten organisiert. So gibt es aktuell eine Ausschreibung für fünf Grundschulen, die im nächsten Halbjahr konzeptionell betreut werden sollen.
Da die personellen Kapazitäten beschränkt sind, wird zur Ausweitung des Mobilitätskonzepts „So läuft das“ eine zusätzliche Stelle geschaffen.
Naja, wenn diese Durchfahrt die Stelle ist, die Verbindungen unattraktiv oder subjektiv unsicher macht, kann auch eine Brückenaufweitung eine wichtige Maßnahme sein. Es gibt viele Bahnbrücken, wo nur eine Spur und sonst nichts ist und die Geh- und Radwege unterbrochen sind. Da verstehe ich, wenn Eltern ihre Kinder da nicht lang laufen/fahren lassen.
Hat die Stadt den Weg „Kopenhagens Westfalens“ eingeschlagen? Bisher habe ich nur gelesen, dass Sierau das – nachdem er zwei Amtszeiten lang das Thema nicht weiter beachtet hat – ausgerufen hat.
Diese Budgetierung ist eh nur beschränkt relevant, weil damit nicht mit angebildet wird, wie andere Maßnahmen erfolgen, die sich direkt und indirekt auf den Radverkehr auswirken. Und wenn dann jede Stadt noch anders erfasst, bleibt die Vergleichbarkeit eh auf der Strecke. Die letzten Jahre zeigten doch, dass eine Summe X im Dortmunder Haushalt völlig belanglos ist, wenn die Politik am Ende doch nicht mitzieht. 1,5 Jahre Grüner Bezirksbürgermeister in Innenstadt-West waren 1,5 für die Verkehrspolitik verlorene Jahre. Solange die Grünen dieses Versagen nicht ehrlich aufarbeiten, fehlt ihnen eh die Glaubwürdigkeit bei der Radverkehrsförderung, verstärkt dadurch, dass von den Grünen bisher kein stringentes Konzept vorgelegt wurde, sondern immer nur Aneinanderreihungen von Einzelmaßnahmen, die man irgendwo aufgeschnappt hat oder wie hier Dinge wiederholen, die schon x mal beschlossen wurden (z. B. Radhaus am Rathaus), mal aus Geldmangel, mal aus Personalmangel und mal aus beidem nicht umgesetzt wurden bisher.
Am Ende ist es sinnlos, das Budget direkt hochzufahren. Erst einmal müssen die personellen Kapazitäten und dann die nötigen Strukturen geschaffen werden, um das Geld auch auszugeben. Und mal eben ist nichts an ein Büro vergeben. Mal abgesehen davon, dass viele Büros ausgelastet sind auf Jahre.
Was hat ein Planungsauftrag im Haushalt zu suchen? Und wie soll man in einem halben Jahr ein Konzept für den Hellweg aus dem Ärmel schütteln? Das ist absolut unrealistisch, wenn man qualifizierte Arbeit will. Ist ja nicht so, dass die Haltestellen schon seit Jahren auf der to-do-Liste stehen. Wurde sicherlich schon in der einen oder anderen Ratsvorlage erläutert.
Keine Ahnung, was man sich von Mobilitätsstationen verspricht. Fährt man da mit dem Rad hin, um sich ein eScooter auszuleihen oder umgekehrt? Fragwürdig, dass der Bedarf schon auf eine je Stadtbezirk bestimmt wurde, bevor der Bedarf ermittelt wurde.
Einzig sinnvoll ist jede zusätzliche Stelle für die Verkehrsüberwachung. Sinnvoll wäre es, zusätzlich den von der Polizei so geliebten Ordnungspartnerschaftsdienst mangels Nutzen aufzulösen und das Personal für die Verkehrsüberwachung einzusetzen.
Tja, eine Schwalbe macht noch keinen Sommer und ein einzelner grüner Bezirksbürgermeister noch kein Koppenhagen…
Müssen die Beschlüsse der Bezirksvertretung nicht noch vom Rat abgesegnet werden? Wie soll da ein einzelner Bezirksbürgermeister viel erreichen?
Von Versagen der Grünen zu sprechen ist unsachlich! Und für ein Gesamtkonzept braucht es keinen Bezirksbürgermeister, sondern ein Planungsbüro mit Fachkräften!
Was Dortmund braucht ist eine Gehirnwäsche sämtlicher Autofahrer. Würden mehr Menschen das Auto stehen lassen, wäre das Fahrradfahren schon viel entspannter und die Luft sauberer.
Soweit es die Zuständigkeit der BV betrifft, trifft die BV Beschlüsse in eigener Verantwortung, ansonsten kann sie Empfehlungen aussprechen o. ä. (die sie natürlich auch beschließt). in dem Bereich hat die BV Spielräume und genau die haben die Grünen nicht genutzt als diese in der BV innenstadt-West hatten. Oder habe ich was verpasst? Verkehrspolitische Impulse kamen in der letzten Zeit aus der BV Brackel, z. B. zum Rückbau des Hellwegs. Bisher höre ich von den Grünen und ihren Anhängern nur, dass ich ihnen unrecht tun würde, aber konkret benennen konnte das bisher keiner, welche qualifizierten politischen Initiativen der Grünen außerhalb meiner Wahrnehmung stattgefunden haben. Die politischen Grundlagenentscheidungen sind nicht Aufgabe der Verwaltung, nicht Aufgabe der Planungsbüros. Parallel zum Hellweg in Brackel könnte man auch die Lindemannstraße umbauen, damit man die mit dem Rad vernünftig nutzen kann. Der Grüne Ex-Bezirksbürgermeister befand in einem Interview mal, dass die Lindemannstraße gut mit dem Rad zu befahren sei. Das ist was anderes als überzeugende konzeptionell durchdachte verkehrspolitische Impulse.
Hierzu passend eine Beschreibung aus Hamburg (deren Korrektheit für Hamburg ich nicht kenne):
In Dortmund sind die Grünen im Rat auch seit längerer Zeit einer der drei Parteien, die – wenn auch in wechselnden Konstellationen je nach Antrag – an der Macht sind und beileibe keine machtlose Oppositionspartei sind.
Aktuell können die Grünen ja mal zeigen wie sie zu den Anträgen in den Sitzungsunterlagen des Stadtrates vom 12.12.2019 stehen. Verkehrsführung Radverkehr Boulevard Kampstrasse?? Pläne RS1 im Kreuzviertel wirklich dem RS1 Standard folgend?