Dortmund

Bezirksvertretung will mehr Kfz-Verkehr auf dem Radschnellweg Ruhr im Kreuzviertel

Die Suche nach positiven Ansätzen für den Rad- und Fußverkehr ist in Dortmund leider sehr mühsam. Im letzten Dezember wurde ich dann doch einmal fündig und berichtete über den Beschluss der Bezirksvertretung Innenstadt-West, ein kurzes Teilstück der Großen Heimstraße, über die künftig der Radschnellweg Ruhr verlaufen soll, durch Abpollerung vom Kfz-Durchgangsverkehr zu befreien.
Noch vor wenigen Tagen merkte ich in der Diskussion mit unserer deswegen sehr aufgeregten Leserin Michaela dazu an:

Zu viel der Ehre, das ist nicht auf meinem Mist gewachsen. Ich wollte der Stadt die Sperrung im letzten Jahr tatsächlich vorschlagen und hatte auch schon Fotos gemacht, die Sache dann aber wegen vermeintlicher Aussichtslosigkeit aufgegeben. Das ist das erste mal, das Dortmund mich positiv überrascht hat.

In der heutigen Sitzung der Bezirksvertretung war die Sperrung wieder Thema, weil einige Anwohner über diese marginale Einschränkung für den Kfz-Verkehr so empört waren, dass sie den Untergang des Abendlandes oder Schlimmeres befürchteten und Eingaben für eine Rücknahme des Beschlusses machten.

Meine Einschätzung der Förderung von Rad- und Fußverkehr in Dortmund wurde dabei wieder zurecht gerückt, denn wie velocityruhr.net aus gut unterrichten Kreisen erfuhr, hat die Bezirksvertretung den Beschluss tatsächlich mit 13:3 Stimmen aufgehoben (nur drei der vier Grünen stimmten dagegen). Die Verwaltung wurde beauftragt, nach „alternativen Möglichkeiten“ (sprich: ohne Einschränkung für den Kfz-Verkehr) zur Sicherung des Fußverkehrs vor Rechtsabbiegern zu suchen.

Dortmund überrascht dich. Doch nicht.

Nun liegt der Ball wieder im Feld der Verwaltung, von der der Vorschlag zur Abpollerung ursprünglich kam. Es wird abzuwarten sein, ob die Verwaltung sich letztlich im Sinne des Fußverkehrs und eines Radschnellwegs, der diesen Namen auch verdient, positioniert – oder ob es doch wieder so läuft, wie es in Dortmund eben immer läuft.

Allzu große Hoffnungen sollte man sich jedenfalls nicht machen.

Aktualisierung vom 15.05.2017: Abstimmungsverhalten anhand des Sitzungsprotokolls präzisiert.

Peter Fricke

Peter aus Dortmund schreibt mit der Absicht, auch von jenseits der Stadtgrenzen zu berichten. Interessiert sich für Infrastruktur und die Frage, wie man des Rad als Verkehrsmittel für die große Mehrheit attraktiv machen kann. Ist leider nicht in der Lage, mit Falschparkern auf Radverkehrsanlagen gelassen umzugehen. Per E-Mail erreichbar unter peter.fricke, dann folgt das übliche Zeichen für E-Mails, und dann velocityruhr.net.

17 Gedanken zu „Bezirksvertretung will mehr Kfz-Verkehr auf dem Radschnellweg Ruhr im Kreuzviertel

  • Norbert Paul

    Solange die Lokalpolitik ohne Konzepte und nach Bauchgefühl zu operieren scheint, wird es immer wieder so zu laufen. Ich lese regelmäßig die Anträge der Fraktionen in den BV und ich kann bei keiner Partei ein ernsthaftes verkehrspolitisches Profil erkennen.

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  • Lorenz Jacobsohn

    Ich hatte bereits vorgeschlagen, den RS1 mit Gegenspur auf der Westseite der Wittekindstraße zu führen – dies ist eine deutlich bessere und kürzere Variante, als über die Große Heimstraße.

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    • Peter Maier

      Ich sehe da auch Bedarf für einen Zweirichtungsradweg auf der Nordwestseite der Wittekindstraße (Und für einen Gehweg, der den Namen verdient! Unsere aufgeregte Leserin Michaela hat hier den ganz wunderbaren Begriff „Fussgänge“ geprägt. Recht hat sie!) zumindest bis zur Lindemannstraße, weil der Radverkehr von der B1/Schnettkerbrücke kommend dort ohne Querungsmöglichkeit auf der falschen Straßenseite landet. Die Massen an Gehweg-Geisterradlern (und zunehmend auch Radfahrstreifen-Geisterradlern) zeigen den Bedarf deutlich. Wegen der besonderen Gefahren von Zweirichtungsradwegen müssten dazu die beiden kleinen Sträßchen in diesem Bereich abgepollert werden: Zum einen die Stelle, die im Artikel diskutiert wird, zum anderen das kurze Einbahnsträßchen parallel zur Lindemannstraße. Der Hintergedanke mit dem eigentlich erforderlichen Zweirichtungsradweg war einer der Gründe, warum ich über den Vorschlag zur Abpollerung so positiv überrascht war.

      Als Führung für den RS1 finde ich das allerdings weniger geeignet, weil man sich dann an der Ecke Lindemannstraße/Wittekindstraße gleich eine Ampel einhandelt, die man ja eigentlich vermeiden will, und weil ich nicht sehe, wie die Führung ab der Lindemannstraße in der erforderlichen Qualität erfolgen kann. Wie hast du dir denn die weitere Führung Richtung Nordosten vorgestellt?

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      • Norbert Paul

        Einbahnstraße parallel zur Lindemannstraße?

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      • Lorenz Jacobsohn

        Ich hatte mir die Weiterführung über den Vinckeplatz und dann nach Norden zur Fachhochschule (die ja jetzt auf das Hoesch-Spundwand-Gelände verlegt werden soll) vorgestellt und dann zur alten Trasse des RS1 mit Brücke über die Hohe Straße.

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    • Peter Maier

      Überkomplexe Lösung für ein nichtexistentes Problem. Es betrifft nur sehr wenige Leute, und in fast allen Fällen können diese Umwege durch vorausschauendes Fahren und Parken komplett vermeiden,. In den sehr seltenen Ausnahmefällen liegt der Zeitverlust bei 2-3 Minuten, ich bins mit dem Auto abgefahren. Rettungsdienste benutzen die Strecke nicht, denn die haben durch die Verwendung von Sonderrechten ohnehin direktere Wege.

      Versenkbare Poller sind nur in Ausnahmefällen sinnvoll, z.B. wenn eine Strecke des Linienverkehrs abgepollert werden soll.

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      • Norbert Paul

        Ich halte es auch für vollkommen zumutbar, eine echte Sackgasse für den Autoverkehr draus zu machen.

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    • Peter Maier

      Wenn die kruden Zeichnungen in der Drucksache wirklich so gemeint sind, dann ist das noch viel schlechter als erwartet: Die haben das Problem überhaupt nicht verstanden. Das Problem ist nicht, dass Autofahrer Fußgänger anfahren, die auf dem Gehweg des kleinen Sträßchens vor ihnen unterwegs sind, sondern dass einbiegende Kfz denen, die das Sträßchen überqueren, den Vorrang nehmen, weil sie beim Abbiegen nichts sehen können, aber trotzdem das Tempo nicht ausreichend absenken. Und dass Gehwegnutzer dieses Fehlverhalten der Kraftfahrer nicht durch Vorrangverzicht kompensieren können, weil sie ja selbst nichts sehen können.
      Das Anheben des Gehwegs bringt also gar nichts, stattdessen müssen zwei Kfz-Stellpätze an der Wittekindstraße vor der Einmündung des kleinen Sträßchen mit Pollern bepflanzt werden, um die Sichtlinie frei zu halten.
      Hier auf den Fotos kann man es gut sehen, Foto „Premiumgehweg und das darunter.

      Für den Radverkehr ist die fehlende Sperrung vorerst ziemlich egal, aber wenn mit Umsetzung des RS1 das Parken vor den Baumscheiben wegfällt, ggf. die Vorfahrt zugunsten der Großen Heimstraße geändert wird und ggf. der Kreisverkehr am Neuen Graben kommt, dann wird die Große Heimstraße für den Kfz-Durchgangsverkehr eine hochattraktive Strecke zur Umgehung von bis zu drei Ampeln entlang der Lindemannstraße.
      Schon jetzt gilt ja laut Drucksache: „Beobachtet wurde ein regelmäßiges Abbiegen von zahlreichen [gemeint ist: richtigen] Fahrzeugen“. Das ist noch kräftig steigerbar.

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      • Norbert Paul

        Ich habe mich auch gewundert, was die das vorhaben und wieviel Geld für Partikularinteressen da ist, wenn es um den Autoverkehr geht und das alles unter einem grünen Bezirksbürgermeister. Man wundert sich.

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  • Norbert Paul

    Es geht weiter: Drucksache Nr. 03850-16-E5 Grüne Verkehrspolitik: „Aber wenigstens LKW über 3,5 Tonnen ausschließen.“ Die werden da eh selten durch fahren und gerade bei denen wäre es sinnvoll, wenn die nicht in der engen Straße wenden oder rückwärts fahren …

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    • Peter Maier

      Das ist längst umgesetzt, und die oben vermerkten Befürchtungen haben sich bestätigt bzw. wurden durch die Position der Poller mitten auf dem Gehweg sogar noch übertroffen:

      Es wurde ein Problem gelöst, das praktisch nicht existiert (Autofahrer überfahren vor ihnen gehende Fußgänger, weil der Bordstein zu niedrig ist), und dabei wurde der ohnehin zu schmale Gehweg durch Poller noch weiter eingeengt.

      Das eigentliche Problem wurde überhaupt nicht behandelt: Die Ecke wird zugeparkt, so dass die Sicht versperrt ist, Autofahrer biegen mit grob überhöhter Geschwindigkeit blind ab, weil von hinten gedrängelt wird, und geradeaus gehende Gehwegnutzer können den Vorrangverstoß des Autoverkehrs nicht ausgleichen, weil sie selbst nichts sehen können. Die Poller gehören also nicht in die Seitenstraße, sondern auf die letzten beiden „Stellplätze“ auf der Wittekindstraße, damit die Sichtlinie zwischen abbiegenden Kfz und Gehwegnutzern frei bleibt. Derzeit sind diese „Stellpätze“ bis zum Schnittpunkt der Fahrbahnkanten farblich dunkler als der Restgehweg markiert, so dass es fast eine Aufforderung ist, ohne 5m Abstand bis unmittelbar vor der Einmündung zu Parken. Der graue Wagen steht oft noch weiter in der Einmündung.

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      • Norbert Paul

        Ich hab’s mir angeschaut und finde deine Kritik zu 100 % berechtigt. Dafür fehlt die Freigabe für Radfahrer*innen, um legal zu dem einen Haus radeln zu können aus der Großen Heimstraße.

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