Wie wichtig ist Radfahren für die grünen Bundesminister?
Wie wenig Verkehrswende die Grünen in den Koalitionsvertrag rein gehandelt haben, hat viele überrascht. Wie wenig sie selber davon überzeugt sind, dass das Rad alltagstauglich ist, demonstrierten sie bei der Ernennung zum Minister. Die Ernennung zum Bundesminister ist eine gute Gelegenheit zumindest ein Zeichen zu setzen, wenn es schon nicht dafür reicht, die Übereinstimmung von politisches Programm und eigenes Handeln als Einheit zu präsentieren. Spiegel Online berichtet, dass nur einer mit dem Rad da war.
Der neue Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir machte eine Ausnahme: Trotz eisiger Temperaturen fuhr der Grünenpolitiker mit dem E-Bike zum Sitz des Bundespräsidenten, mit Helm auf dem Kopf und einer blauen Winterjacke über dem schwarzen Anzug. Nach der Zeremonie bei Steinmeier schwang sich der Grünenpolitiker erneut aufs Fahrrad. Die Ernennungsurkunde verstaute er auf dem Gepäckträger.
Wäre er auch wie alle anderen gekommen, wäre der Imageschaden für die Grünen kleiner, weil es keine Berichte über das exotische, befremdliche Verhalten gibt, die den Fokus erst darauf lenken, wie die Grünen so unterwegs sind.
Einen zeitlichen Nachteil gegenüber seinen Kabinettskollegen hatte Özdemir trotz seines Verkehrsmittels nicht: Wenige Minuten nach seiner Abfahrt am Schloss Bellevue sah man ihn schon beim Anketten seines Fahrrads vor dem Bundestag. Die Strecke zwischen dem Amtssitz des Bundespräsidenten und dem Bundestag ist etwa 1,5 Kilometer lang.
1.5 km sind weniger als die magische Nahmobilitätsgrenze von 5 km. Ein toller Einstand für eine Zukunftskoalition. Bei 16 Minister*innen und einem Kanzler ergibt das ein Radverkehrsanteil von knapp 6 %. Mal sehen, wann die Regierung selber bei 25 % ist, zumindest innerhalb von Berlin.