Autofahrerin nimmt Vorfahrt, Radfahrerin muss ins Krankenhaus, Polizei gibt sich neutral ohne Helmhinweis-Äquivalent
Am 1. 4. fuhr in einer Tempo 30-Zone eine Radfahrerin im Winkelriedweg Richtung Geßlerstraße. Dort fuhr zeitgleich eine Autofahrerin in nördliche Richtung – entgegen der Blickrichtung des Fotos.
Nach § 45 1c Satz 3 StVO gilt hier in der Tempo 30-Zone Rechts-vor links. Bei einem Geschwindigkeitsverstoß könnte man der Autofahrerin zugute halten, dass sie womöglich im Gegensatz zur Straßenverkehrsbehörde der Stadt Dortmund § 45 1c Satz 2 StVO kennt und aus VZ 340 <Leitlinie> rückgeschlossen haben könnte, das Ende der Tempo 30-Zone wohl übersehen zu haben und nun außerhalb der Tempo 30-Zone zu sein. Aber bei den Vorfahrtsregeln gilt auch außerhalb von Tempo 30-Zonen § 8 Abs. 1 Satz 1 StVO, also Rechts-vor-Links. Bei der Polizei versucht man sich keiner Vorverurteilung der Autofahrerin in der Pressemitteilung schuldig zu machen.
Nach ersten Ermittlungen fuhr eine 55-jährige Dortmunderin gegen 7.45 Uhr mit ihrem Auto auf der Geßlerstraße in Richtung Norden. Im Einmündungsbereich zum Winkelriedweg übersah sie augenscheinlich das von rechts kommende Fahrrad einer ebenfalls 55 Jahre alten Dortmunderin.
Die Radfahrerin musste zur stationären Behandlung in die Klink. Selbst die Autofahrerin wurde leicht verletzt, was mit hoher Wahrscheinlichkeit darauf hindeutet, dass die da einfach durchgekachelt ist. Während man bei Radfahrern seitens der Polizei gerne thematisiert, ob ein Helm getragen wurde ohne das es eine Pflicht dafür existiert, traut man sich selbst bei so offensichtlichen Fällen nicht mal ein dezenten Hinweis darauf, dass man bei Rechts-vor-Links auch Radfahrer*innen Vorfahrt gewähren muss, immerhin spricht der Augenscheinsbeweis hier eindeutig dafür, dass die Ursache allein eine Vorfahrtverstoß war. Ein Augenscheinsbeweis kann nach Auffassung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 28.09.1962; Aktenzeichen 4 StR 301/62) auch die Inaugenscheinname der Verkehrszeichen sein.
Zur Augenscheinseinnahme im engeren Sinne gehört auch die Vornahme einer Ortsbesichtigung, bei der durch das Betrachten von Häusern, Straßen, Verkehrseinrichtungen usw. die Verhältnisse an einem Tatort aufgeklärt werden sollen.