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RSMR – Warum die Forderung der Nutzung der alten Bahntrasse in Bottrop den Bau der Strecke gefährdet…

Im letzte Jahr wurde die Studie zum Radschnellweg mittleres Ruhrgebiet (RSMR) vorgestellt. Der RSMR ist aufgenommen worden in die Prioritätenliste der Landesregierung. Die WAZ hatte das Thema im Januar 2017 schon aufgegriffen.

Nachdem ich jetzt mal die Zeit hatte, mir die Machbarkeitsstudie im Detail anzusehen, einige Gespräche geführt habe, sind einige Punkte nun deutlicher.

 

Zuerst einmal die Fakten zu dem Abschnitt:

„Aus Essen kommend soll der Radschnellweg vom RS 1 […] entlang der ehemaligen Kruppschen Ringbahn verlaufen.[…]“

In Essen kann man den Ausbau völlig unabhängig vorantreiben, als „Grünzug Zangenstraße“ sind erste Streckenabschnitte schon im Bau.

„Von Bottrop nach Gladbeck verläuft der RSMR auf der Hauptverkehrsachse Bottroper Straße / Gladbecker Straße (L 511). Auf dem gesamten Streckenabschnitt werden beidseitige Radfahrstreifen mit einer Breite von 3,00 m bis 3,30 m angelegt. Von der Hornstraße bis zur Zechenbahn wird der 600 Meter lange Abschnitt entlang der Bottroper Straße (L 511) geführt und als ein einseitiger Zweirichtungsradweg auf der südöstlichen Straßenseite angelegt. Dieser wird mindestens mit einer Breite von 3,00 m versehen, bei entsprechender Grundstücksverfügbarkeit werden es perspektivisch 4,0 Meter. Der Gehweg erhält eine Breite von mindestens 2,00 m. […] An diesen Abschnitt schließt sich ein 3,3 km langer Abschnitt auf der Zechenbahntrasse an.“

Schnell regte sich Widerstand beim ADFC Bottrop, danach auch in vielen Parteien, die lieber komplett auf die alten parallel laufende Zechenbahntrasse im östlichen Stadtgebiet ausweichen  und die Innenstadt von Bottrop nicht direkt anschließen wollen. Sie bevorzugen eine direkte Variante von Gladbeck nach Essen. Das ist aber keine gute Idee, wenn wir eine zeitnahe Realisierung und Finanzierung als Radschnellweg haben wollen.

In Gladbeck ist man sich  übrigens einig, dort steht man erst einmal seitens der Verwaltung und der Politik hinter dem Projekt.

 

Wo ist das Risiko:

Wie immer steckt der Teufel im Detail Radschnellwege haben Mindeststandards, die es zu erfüllen gibt. Sonst sind es keine Radschnellwege und können nicht als Landesstraße klassifiziert werden. Neben den baulichen Kriterien die erfüllt sein sollen, gelten eben auch Faktoren zur Auslastung und Anbindung. Radschnellwege sollen Städte verbinden (nicht daran vorbeiführen) und sollten entsprechend auch durch bewohntes Gebiet führen, damit auch die Nutzerzahlen im Alltag erreicht werden können. Es sind eben keine Strecken, die für ein sonntägliches Naturerlebnis der Seniorenabteilung des ADFC geplant werden, sondern sollen Pendler auf das Rad holen.

Bei Radschnellverbindungen ist wegen dem hohen baulichen Aufwand „daher ein Wert von 2.000 Personenbewegungen mit dem Rad anzustreben“, wie man der Arbeitsgruppe der FGSV zu „Einsatz und Gestaltung von Radschnellverbindungen (RSV)“ entnehmen kann.

Sprich: Eine Route durch die Prärie von Bottrop auf der alten Zechenbahn verringert durch die fehlende Anbindung von Siedlungsbereichen die alltägliche Auslastung der Strecke. Und da die Landesregierung bisher nicht mit Begeisterung für den Radverkehr auffällt, könnte sie dann so ein Projekt  der „Vorgängerregierung“ mal fix aus der Liste werfen, ein Finanzierungsproblem weniger. Genauso wie niemand von Duisburg nach Hamm radelt, werden nur wenige Nutzer von Gladbeck (und Umland) nach Essen radeln. Gerade im Radverkehr ist (auch mit Pedelecs) der 10-15 km Radius rund um den Wohnort als Reichweite entscheidend. Ob die Strecke jetzt 12 oder 16 km lang ist, spielt im Alltag für Radpendler nur eine geringe Rolle, wenn der RSMR schnell und zügig befahrbar ist.

 

Fazit:

Eine straßenbegleitende Führung mit 1001 Kreuzung in Bottrop mag auf den ersten Blick nicht attraktiv wirken, ist aber in Bezug bei Radschnellwegen und eine benötigte Auslastung durch die benötigten „Radfahrermassen“ im Alltag die wohl einzige tragfähige finazierbare Lösung. Ampelschaltungen sind lösbare Problemlagen (Das schaffen andere Fahrradstädte) auch. Und für den Einzelhandel in Bottrop in der Sandwichlage zwischen Essen und Gladbeck ist der Radschnellweg ein Geschenk, da er die lokale Kundschaft sicher und schnell vor Ort bringt. Zumal der RSMR auch die benachbarte B224 entlasten soll, wenn er einen Teil der lokalen Verkehre auf das Rad holt, wäre schon viel gewonnen. Im Gegensatz zu vielen Autoprojekten, stehen Radwege immer im Fokus zu Kosten-Nutzen-Betrachtung

Erfahrungsgemäß orientieren sich Behörden an entsprechenden technischen Regelwerken und Arbeitspapieren bei der Projektumsetzung, eine Umfahrung von Bottrop könnte als den Status als Landesstraße gefährden und das gesamte Projekt gefährden. Am Ende steht dann Gladbeck alleine im Regen, Bottrop wundert sich und Essen baut seinen Grünzug Zangenstraße bis kurz vor die Stadtgrenze. Damit wäre dann in bester Kirchturmpolitik alles verloren und ein weiterer Baustein für ein Dieselverbot gefunden. Für die Alltagsradfahrer und die Region wäre diese Nulllösung eine Katastrophe. Fällt der RSMR aus der Liste der „gesetzten“ Radschnellweg in NRW, dann wäre das wohl endgültig.

Ist sich der ADFC Bottrop dem Risiko überhaupt bewusst?

 

Simon Knur

Planer, Falt- und Liegeradfahrer aus dem Sauerland, wegen der Liebe und dem Job im Ruhrgebiet. Seit 2012 bei VCR und beruflich unterwegs zu den Themen Infrastruktur, Abwasser, Klimaschutz und Klimaanpassung. Blogge mit dem lokalen Schwerpunkt Essen, Radschnellweg und Radkultur.

4 Gedanken zu „RSMR – Warum die Forderung der Nutzung der alten Bahntrasse in Bottrop den Bau der Strecke gefährdet…

  • Norbert Paul

    Ich bin ja für eine klare Begriffsabgrenzung zwischen Radschnellverbindung und Radschnellweg als eigenständig geführte Radinfrastruktur mit bestimmten baulichen Standards.

    Damit wäre dann in bester Kirchturmpolitik alles verloren und ein weiterer Baustein für ein Dieselverbot gefunden. Für die Alltagsradfahrer und die Region wäre diese Nulllösung eine Katastrophe.

    Fahrverbote in Innenstädten sind doch ein großer Gewinn …

    Antwort
  • Die Betrachtungsweise ist sicherlich in manchen Punkten richtig. Jedoch sollte der Autor bedenken, dass der kommende Bau der A52 zwischen Gladbeck und der A42 der Auslöser für die Bedingung war, mit dieser Baumaßnahme auch den Fahrradverkehr von Gladbeck nach Essen zu verbessern. Ein Radschnellweg über Bottrop als Umweg ist kein Schnellweg und damit nicht in der Funktionsweise geeignet, die angedacht wird.
    Auch nicht ganz optimal ist die Führung über die Zechenbahngleise. Hier ist aber schon eher erkennbar, wohin der Weg führen könnte. Wenn ich als Pendler unterwegs bin, möchte ich zum einen eine direkte Verbindung, fahre aber auch schon mal einen Umweg, damit ich nicht direkt nur im Autoverkehr auf der Straße bin.
    Es geht nicht nur um das von A nach B sondern vor allem um das wie! Je attraktiver die Verbindung wird, desto eher bekomme ich die Anwohner auf Dauer in die Sättel! Der Freizeitverkehr ist dabei zu vernachlässigen.

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    • Simon Knur

      Warten wir es mal ab. Ein RS soll Städte verbinden, nicht dran vorbeiführen. Das dürfte der Knackpunkt in der Finanzierung werden. Egal ob einem das gefällt oder nicht. Und das ist sonst in Bottrop schlicht nicht gegeben, was die Umsetzung kippen könnte.

      Und das Hauptziel wird nicht sein Gladbeck direkt mit Essen zu verbinden. Das war nie der Auftrag…

      Antwort
    • Norbert Paul

      Jedoch sollte der Autor bedenken, dass der kommende Bau der A52 zwischen Gladbeck und der A42 der Auslöser für die Bedingung war, mit dieser Baumaßnahme auch den Fahrradverkehr von Gladbeck nach Essen zu verbessern.

      Wie soll denn eine Verlagerung erfolgen, wenn man parallel auch Autobahnen baut? Erzeugt nur mehr Rad- und Autoverkehr und wenn mit dem Rad einfach nur mehr Kilometer zurück gelegt werden, ist das kein Fortschritt.

      Antwort

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