RS1 – Mülheim, quo vadis?
Ein Gastbeitrag von Stefan Unteregge
Der Weiterbau des RS 1 wirft bei den potenziellen Nutzern viele Fragen auf. Auch die Planung ist umstritten. So ist der Stand der Dinge….
Obwohl die Eröffnung des ersten Teilstücks des Radschnellwegs 1 (RS1) über 5 km von Grenze Essen/Mülheim bis zum Mülheimer Hauptbahnhof am 27.11.2015, und damit mitten in der regenreichsten Zeit des Jahres, stattgefunden hat, fand dieses Teilstück zeitnah eine sehr hohe Beliebtheit bei vielen Menschen in dieser Region. Und das trotz der Tatsache, dass selbst dieses Teilstück noch nicht mal „fertig“ ist, denn der asphaltierte Gehweg und die Beleuchtung fehlen noch zum RS1-Standard.
Auch das Interesse der Medien, gerade auch aus anderen Regionen in Deutschland und aus dem Ausland, ist immens. Man hat den Eindruck: Wooow, hier tut sich mal was und der Pott ist mal ganz vorne mit dabei. Immer wieder werden dabei auch die durch die Machbarkeitsstudie aufgezeigten Standards für die gesamte Strecke gelobt und als Vorbild für weitere Radschnellwege aufgegriffen. Ein Prestigeprojekt, das weit über NRW ausstrahlen würde, ist möglich. Die Landesregierung, in Person von Verkehrsminister Groschek, bekennt sich bisher auch zum RS1, den Kosten und dem angestrebten Zeitplan. Wir werden sehen inwieweit die Landesregierung sich an diese Zusagen hält und den Zeitplan mit den notwendigen Finanzmitteln auch ermöglicht. Aber das ist ein anderes Thema …
Sowohl in den Kommentarmöglichkeiten der Presse, als auch in den sozialen Medien zum RS1, wie z.B. der Facebook Seite wird immer häufiger nachgefragt, wann es Richtung Duisburg und auch Richtung Hamm (über Bochum -> Dortmund) weiter geht. Erstmal geht es nur vom Mülheim HBF gen Duisburg, also in Richtung Westen, weiter. Die Finanzierung des nächsten Teilstücks zwischen dem Hauptbahnhof und der Duisburger Straße/Hochschule Ruhr-West (HRW) steht und sieht wie folgt aus:
Teilstück MH HBF – Ruhr: Die Umnutzung der Trasse als Radweg im Bereich des Abschnitts zwischen Mülheim Hauptbahnhof und Ruhr ist Teil des Integrierten Innenstadtkonzeptes und wird durch Mittel des Städtebauförderungsprogramms „Soziale Stadt“ (Landesmittel) und des Regionalverbands Ruhr (RVR) umgesetzt. Der städtische Eigenanteil wird durch den RVR übernommen. Zu diesem Teilstück gleich mehr …
Teilstück Ruhr – FHS Ruhr West: Den dann Richtung Duisburg folgenden Teil zwischen Ruhrpromenade – über die Ruhr hinweg – und der Hochschule Ruhr West fördert das Wirtschaftsministerium im Rahmen der Infrastrukturrichtlinie des regionalen Wirtschaftsförderungsprogrammes mit 5,5 Millionen Euro, die 80 Prozent der kalkulierten Kosten decken. Die fehlenden 20 Prozent werden, so wurde es zugesagt, vom Regionalverband Ruhr (RVR) übernommen.
Diese beiden Teilstücke sollen Ende 2016/Anfang 2017 fertiggestellt sein, was viele Radfahrer sehr erfreute und bis Ende 2017 will man dann bis zur Grenze Mülheim/Duisburg den Ausbau vorantreiben.
Kommen wir zurück zu dem bereits genannten Teilstück zwischen Mülheim Hauptbahnhof und Ruhr, einem ca. 300 m langen Viadukt im Bereich der Bahnstraße, die zu einer Hochpromenade ausgebaut werden soll. Die Stadt hat Mitte August 2015 von externen Planungsbüros zwei Entwürfe vorgelegt, nach denen aus dem Teilstück eine „Strecke mit Verweilcharakter“und „keinen Weg zum Durchbrettern“ gestaltet werden soll. So soll auf dem 8 m breiten Viadukt eine Flanierstrecke mit umfangreicher Möblierung entstehen. Geplant sind Sitzgelegenheiten, „Pflanzbeete und -tröge“ sowie auch ein „überdachter Aussichtsbalkon mit Blick auf den Rathausplatz“. Je nach Planungsvariante soll das Viadukt auf eine Mischverkehrsfläche von bis zu 3,8 Meter eingeengt werden. Auch Rückfragen beim Amt für Stadtplanung, Bauaufsicht und Stadtentwicklung der Stadt Mülheim haben die Sachlage leider nicht verbessert. Fußgänger und Radfahrer sollen sich eine „Mischverkehrsfläche“ von 3,8 m, die wohl auf der nördlichen Seite des Viadukts entstehen soll, teilen und der Radfahrer soll auch mal zum „Verweilen“ (O-Ton) anhalten. Als ein Grund dafür wird die Neugestaltung der Mülheimer Innenstadt (Stichwort „Ruhrbania“), die alle zum Verweilen einladen soll, ran gezogen.
Die Kritik ließ nicht lange auf sich warten. ADFC, VeloCityRuhr, weitere Fahrradverbände sowie unorganisierte, radelnde und nichtradelnde Bürger rannten Sturm gegen diese Pläne. Verkehrsflächen, die nur für Radfahrer gedacht sind, scheinen in Mülheim nicht vorstellbar und man hadert mit der verkehrspolitischen Kompetenz der städtischen Politiker. In einer köstlichen Satire kontert der ADFC mit dem angeblichen Neubau der A40 – Autobahnbrücke in Duisburg mit Verweilcharakter. Und was soll man sagen? Zu Recht, es baut auch keiner ein McDonalds-Drive Inn in den Essener A40 Tunnel.
Mir scheint, dass die Mülheimer Politik einfach nicht verstehen will, dass Menschen Radwege auch aus anderen Gründen als zur Freizeit nutzen wollen. Aber genau auf diese anderen Gründe, nämlich eine Alternative zu schaffen zum Auto, zum Motorrad und auch zum ÖPNV, schielt der Radschnellweg Ruhr. Es ergibt sich auch durch die Wegführung des RS1 mehrfach die Möglichkeit, das Rad mit dem ÖPNV zu nutzen, was auch schon praktiziert wird. Auch das scheint für die Herren aus dem Mülheimer Rathaus undenkbar. Hier gilt es anzusetzen, um noch Änderungen zu ermöglichen.
Was mich allerdings noch viel mehr wurmt, sind die Auswirkungen und die Fremdstrahlung solcher Entscheidungen. Die Mindeststandards der Machbarkeitsstudie werden schlichtweg unterwandert. Es sollte ein RADSCHNELLWEG über 110 km von Duisburg bis Hamm gebaut werden und nicht ein Radweg von Duisburg bis Mülheim, dann eine Verweilmeile und dann ein Radweg von Mülheim bis Hamm.
Mit welchem Grund sollten Städte, wie Bochum oder Dortmund sich jetzt an irgendwelche Standards halten? Mülheim braucht das auch nicht und verweist darauf, dass die Mittel für dieses Teilstück ja aus einem anderen Topf kommen und so mit dem Land abgestimmt sind (s.o.). Das mag ja so sein, aber was „Unsinniges“ zu tun, nur weil es jemand anderes bezahlt, macht es noch lange nicht sinnvoll.
Warum hat hier keiner der verantwortlichen Landespolitiker (schließlich soll der RS1 unter Landesrecht gestellt werden) den Finger drauf und stellt klare Regeln für die Vergabe von anderweitigen Landesmitteln an die Stadt Mülheim? Wo ist hier der Landesverkehrsminister?
Bitte schreiten Sie ein, bevor der erste große Fehler gebaut wird und es zu spät ist …
Ich fahre selber fast täglich mit dem Rad auf der Rheinischen Bahn und Grugaradweg. Ich glaube zur Zeit werden die Trassen von mehr Fußgängern als Radfahrern genutzt. Auch Fußgänger scheinen lieber autofrei zu laufen, als auf Bürgersteigen neben den Autos durch die Stadt. Mir scheint deshalb das Breitenverhältnis Fahrradweg und Fußgängerweg auf dem RS1 nicht ganz zu passen. Der Fußweg müßte breiter sein und der Radweg könnte meiner Ansicht sogar etwas schmaler sein. Auch der Belag scheint mir für die Fußgänger nicht ganz optimal. Was ich überhaupt nicht verstehe ist die fehlende Beleuchtung. Ich glaube fast, die Grugatrasse und Rheinische Bahntrasse sind die höchstfrequntiertesten Fußwege in Essen und abends sind sie stockdunkel. Da müßte dringend nachgebessert werden. Anfangs fand ich es auch unmöglich dass Mülheim auf dem Fahrradweg Bänke quer aufstellen will, da der Weg aber auch von vielen Fußgängern benutzt werden wird, denke ich , das es auf kurzen Teilstücken den Radlern schon zugemutet werden kann, auch mal etwas langsamer und vorsichtiger zu fahren.
Der Radverkehr wird durch weiteren Ausbau des RS1 überdurchschnittlich zunehmen, während die Fußgänger eher lokal unterwegs sind (Kurzstrecke). Im Bereich der Innenstadt und der Ruhr werden natürlich vermehrt Fußgänger die Autofreiheit und Ausblick genießen, daher sollte der Radweg hier nicht schmaler werden. Schließlich handelt es sich primär um eine RAD-Fernverbindung, wo der Name das Programm sehr treffend beschreibt: RadSCHNELLweg!!!
Hallo Uwe, schmaler dürfte der Weg nicht werden es sind jetzt ja schon nur 2m pro Fahrtrichtung vorgesehen.
Wenn ich jetzt vergleiche mit einer Autobahn die hat auch min 2 Fahrspuren pro Richtung. Mit 2m Breite kann dies aber unter Einhaltung vom Sicherheitsabstand jetzt schon nicht gemacht werden. Sondern es würden gerade mal 3 Räder nicht 4 nebeneinander passen ( schon mit verringerten Abstand)
Zudem hab ich auf einer Autobahn auch noch keinen Rastplatz mitten auf der Autobahn gesehen sondern da werden die auch immer neben die Autobahn gebaut, egal ob die Autobahn wie die A40 mitten durch eine Stadt geht oder durch die Pampa läuft.
Warum sollten Radfahrer nicht die gleichen Rechte bekommen wie auch Autofahrer?
Danke für die umfassende Erklärung.
Als ich mir den RS1 anschaute, wunderte ich mich schon über das nervende Kopfsteinpflaster vor allem am Bahnhof Mühlheim. Wahrscheinlich gehört das schon mit zum Konzept.
btw:
http://www.bild.de/regional/ruhrgebiet/johannes-remmel/warum-macht-der-umweltminister-unsere-radwege-platt-30752448.bild.html