Klingt gut, ist es aber nicht: Beschluss des Stadtrats zum Gehwegparken
Es gibt keine Rechtsgrundlage für die Anordnung des Parkens auf Gehwegen, wenn jemand dies wünscht und eine bestimmte Restbreite übrig bleibt. Schon 1980 hat das Bundesverwaltungsgericht festgehalten, dass eine Anordnung nicht dem Interesse eines Einzelnen dienen soll. Was das Interesse der Allgemeinheit ist, ist sicherlich nicht einfach zu bestimmen. Hinweise geben hier § 2 Absatz 1 StVO (Fahrbahnbenutzungspflicht für Fahrzeuge) und § 12 Absatz 4 StVO (Parkgebot auf dem rechten Seitenstreifen als Regelfall, der rechte Fahrbahnrand als Alternative): Die Freihaltung des Gehweges für die namensgebende Tätigkeit. Bevor es Verwirrung gibt: Das Urteil zum Gehwegparken in Bremen begründet ein individuelles, räumlich sehr beschränktes Recht des Anliegers auf Einschreiten gegen Verstöße, nicht auf eine straßenverkehrsrechtliche Anordnung. Bei der Anordnung von Gehwegparken gilt natürlich auch § 45 Absatz 9 StVO:
Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind nur dort anzuordnen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist.
Das dürfte bei Gehwegparken seltensten der Fall sein.
Für den Rat der Stadt Dortmund gab es zu seiner 26. Sitzung am 16.05.2024 einen Beschlussvorschlag der Verwaltung, der auf den Beirat für Nahmobilität zurück geht, mit dem der Rat der Stadt Empfehlungen des Beirates zur Kenntnis nehmen sollte. Der 1. Punkt war:
Der Beirat empfiehlt der Stadt Dortmund, künftig kein Gehwegparken neu anzuordnen, das zu einer Unterschreitung der eignen Mindeststandards (s. Fußverkehrsstrategie 2,50 m, mindestens 2 m) führen würde;
In Punkt 3 geht es um die Überprüfung des Bestandes. Interessanterweise wurde Punkt 1, nicht aber Punkt 3 zu einem Beschluss umgeändert. Somit beschloss der Rat,
künftig kein Gehwegparken neu anzuordnen, das zu einer Unterschreitung der eigenen
Mindeststandards (s. Fußverkehrsstrategie 2,50 m, mindestens 2 m) führen würde.
Lassen wir mal beiseite, dass man prüfen müsste, ob ein Stadtrat ermessenslenkende Beschlüsse für Auftragsaufgaben überhaupt treffen kann. Der Ratsbeschluss klingt bei flüchtigem Lesen vielleicht positiv, ist aber vom zugrundeliegenden Rechtsverständnis aus oben ausgeführten Gründen falsch und zementiert den Fehlglauben, Gehwege wären grundsätzlich disponable Flächen zum Parken von Kfz, weil er im Umkehrbeschluss nahelegt, man könne Gehwegparken bedenkenlos anordnen, wenn die genannten Restbreiten übrig bleiben.
21.07.2024: Den Artikel vor’m Schlafengehen noch fertig zu machen war keine gute Idee. Habe daher heute Tippfehler etc. korrigiert.