Verbotene Bilder aus den Niederlanden III
Bisher gibt es keine differenzierte deutschsprachige Auseinandersetzung zur niederländischen Radverkehrspolitik. Hier besteht noch Forschungsbedarf ebenso hinsichtlich der Frage der Übertragbarkeit. Während deutschsprachige Seiten sich darin ergehen, den deutschen Sprachraum schlechter zu reden als er ist und die Niederlande wie auch Kopenhagen zu idealisieren, ist die Realität dann etwas weniger eindeutig, wie die kleine Reihe „Verbotene Bilder aus den Niederlanden“ (Teil I und Teil II) zeigt. Heute ein Bild aus Venlo.
Ich war zwar noch nie in den Niederlanden. Wär mir zu flach und daher zu langweilig, ich brauch einfach Berge beim Radfahren. 😉 Aber ich werde da aber auch schon von Natur aus skeptisch, wenn irgendwas (hier eine bestimmte Region) pauschal in den Himmel gehoben wird. Zumal ja grade die Niederlande meines Wissens nach so ziemlich für totale Separation stehen. In den „Hinterhöfen“ sieht es dann oftmals auch nicht großartig anders oder besser aus, als anderswo.
Das ich jemand kennen lerne, der das genauso sieht wie ich. *hüpf* *freu*
Die Niederlande investieren aber immerhin recht konsequent in Verkehrsinfrastruktur:
6-spurige Autobahnen als Regelfall und teilweise großzügiger 8-spuriger Ausbau, der streckenweise an kritischen Stellen auf imposante 10 Spuren ausgeweitet wird?
Aus Los Angeles kennen wir das ja, aber ist für so ein kleines europäisches Land ist das doch schon recht beachtlich.
Die NL haben aber auch seit etlichen Jahren akribisch die Verlustzeiten des Autoverkehrs erfasst und sorgen auf mehreren Ebenen eifrig für eine verbesserte Reisezeit des Autoverkehrs (anti-congestion) und vor allem für eine stauarme Ausweitung des stark wachsenden Strassengüterverkehrs:
– Radverkehr auf allen für Autos wichtigen Strassen konsequent separieren
– Kosten beim ÖPNV sparen und lieber in Radwege und erweitete Autostraßen investieren
Auch Kreuzungen werden i.d.R. sehr effektiv für eine verbesserte Autoreisezeit umgestaltet. Zur Not wird dann sogar ein zusätzlicher Kreisverkehr zur Radseparation auf Seilen über die optimierte Autokreuzung gehängt (Hovenring).
Recht informativ :
https://www.uni-muenster.de/NiederlandeNet/nl-wissen/umwelt/vertiefung/staubekaempfung/verkehrsprojekte.html
oder auch:
https://www.uni-muenster.de/NiederlandeNet/nl-wissen/kultur/vertiefung/architektur/autobahn.html
Ebenfalls interessant wie sich in den neoliberalisierten Niederlanden auch im Städtebau suzzessive die „zwei-Klassen-Architektur“ einnnistet:
„In einer Arbeiterstadt wie Rotterdam stellt sich zudem die Frage, wie groß der Bedarf an Luxuswohnungen wirklich ist und wie sozial verträglich es ist, wenn eine Zwei-Klassen-Stadt mit einem reichen Zentrum und einem armen Rand entsteht.“
https://www.uni-muenster.de/NiederlandeNet/nl-wissen/kultur/vertiefung/architektur/rotterdam.html
Eigentlich läufts wie überall: der Autoverkehr nimmt zu, die Städte werden gentrifiziert und nach und nach zu grünen „liveable“ Zonen mit wenig Autoverkehr und teurem Investoren gesteuerten Wohnraum umgestaltet, während der gemeine „Pöbel“ und der abstiegsgefährdete ‚Mittelstand‘ mit den sich vermehrenden Autos die Gegend zwischen Periherie und teuren Zentren zudieselt.
https://www.automobilwoche.de/article/20170907/AGENTURMELDUNGEN/309079930/gerichtsentscheidung-niederlande-muessen-mehr-gegen-luftverschmutzung-tun#.WbaoK-5Tl9k.twitter
Am Rande erwähnt: auch der ökologisch maximal schädliche Flugverkehr steigt in den NL stark an.
Ah, eins hab ich vergessen: es werden immer noch in hoher Schlagzahl hübsche Fotos mit glücklichen Radfahrer*innen bei schönem Wetter auf separierten roten Wegen veröffentlicht.
Sehr schön das!
Das machen die NL-Touristiker ebenso wie die Dortmund-Touristiker mit jubelnden, friedlichen BVB-Fans werben, aber nie über rechts(radikale) Fan-Gruppen reden, zugeparkte Grünflächen in dem Vierteln um das Stadion, Glasscherben auf Radfahrstreifen und all die anderen Begleiterscheinungen. Einziger Vorteil für Anlieger: Leere Geschäfte während des Spiels.