Andernorts und überallVerkehrspolitik

DB Fernverkehr sieht Zuständigkeit für eigenes Versagen beim Kunden und fingiert Löschungsbitte anstatt DSGVO-Auskunft zu erteilen

Portraitfoto Michael Peterson: Im Hintergrund Fenster. Er trägt einen blauen Anzug und ein weißes Hemd ohne Krawatte)
Kommuniziert nicht über hausgemachte Probleme mit Betroffenen: Dr. Michael Peterson, Vorstand Personenfernverkehr (Foto: Deutsche Bahn AG / Hans-Christian Plambeck)

Inzwischen gibt man die Unzuverlässigkeit im Verhältnis zur Bahn an, so der Apothekerverband hinsichtlich des E-Rezept-Systems.

Die Apothekerverbände beklagen, dass das E-Rezept-System öfter ausfällt oder instabil läuft. Das elektronische Rezept laufe der Deutschen Bahn in Sachen Unzuverlässigkeit den Rang ab, sagte der Chef der Bundesvereinigung, Thomas Preis, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Ein ausgefallener Zug ist ärgerlich, aber ein nicht abrufbares E-Rezept kann erhebliche Konsequenzen für die Gesundheit von Menschen haben.“

So richtig Kontakt hat man dort wohl nicht zu DB Fernverkehr. Bisher habe ich nicht gehört, dass Deutsche Apotheken versuchen, die Kunden systematisch zu vergraulen.

Ich hatte hier ja bereits über Probleme mit dem Kundenkonto von DB Fernverkehr für bahn.de und den DB Navigator berichtet. Das Problem sollte dann nach 1,5 Monaten an das zuständige Team weitergeleitet werden. Und auch diesmal kam eine „Es wäre uns lieber, wenn Sie nicht mit uns fahren würden“-Antwort.

Ihre Fahrkarten befinden sich in Ihrem früheren Kundenkonto mit der Kundennummer, deren letzte vier Ziffern **** lauten. Leider ist es im Rahmen der Datenübernahme nicht möglich, diese Fahrkarten automatisch auf Ihr aktuelles Kundenkonto zu übertragen.

Als Alternative haben Sie jedoch die Möglichkeit, die Fahrkarten manuell in Ihrem aktuellen Kundenkonto hinzuzufügen.

DB Fernverkehr teilt ein Konto (ohne das man den Fernverkehr faktisch nur noch eingeschränkt nutzen kann) intern auf zwei Datensätze auf, die miteinander nicht verknüpft sind und das Problem soll aus Sicht von DB Fernverkehr der Kunde lösen. Das soll er dadurch machen, dass er die alten Login-Daten nutzt, die aber seitdem nicht mehr funktionieren., um womöglich dutzende oder gar eine dreistellige Anzahl (im gegenständlichen Fall zum Glück nicht der Fall) an Fahrkarten manuell überträgt. Ob man dann Zugriff auf die Rechnungen für Steuererklärung, Dienstreisekostenabrechnung etc. hat, ist unklar.

Mal sehen, was die Antwort von DB Fernverkehr auf die Frage

Wie soll ich die Fahrkarten abrufen über das alte Login, um sie über das neue Login hinzuzufügen, wenn das alte Login nicht geht?

sein wird. Anruf bei der Hotline? Der Vorwurf, ich hätte ein neues Konto angelegt, obwohl das mit der gleichen E-Mail-Adresse nicht geht laut einer Datenschutzbeauftragten des Konzerns:

Da es seit 01.10.24 nicht mehr möglich eine E-Mail-Adresse für mehrere Kundenkonto zu nutzen, kommt es zu Problemen beim Login.

Das wurde mitgeteilt, nachdem in dem Beispiel-Fall auch ein Antrag nach DSGVO gestellt wurde. Zu der Erwägungen ihres Erlasses gehört:

Eine betroffene Person sollte ein Auskunftsrecht hinsichtlich der sie betreffenden personenbezogenen Daten, die erhoben worden sind, besitzen und dieses Recht problemlos und in angemessenen Abständen wahrnehmen können, um sich der Verarbeitung bewusst zu sein und deren Rechtmäßigkeit überprüfen zu können. […] Nach Möglichkeit sollte der Verantwortliche den Fernzugang zu einem sicheren System bereitstellen können, der der betroffenen Person direkten Zugang zu ihren personenbezogenen Daten ermöglichen würde. […] Verarbeitet der Verantwortliche eine große Menge von Informationen über die betroffene Person, so sollte er verlangen können, dass die betroffene Person präzisiert, auf welche Information oder welche Verarbeitungsvorgänge sich ihr Auskunftsersuchen bezieht, bevor er ihr Auskunft erteilt.

Die oben stehenden Erwägungsgründe helfen beim Verständnis von Artikel 15 Absatz 1 DSGVO:

Die betroffene Person hat das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden; ist dies der Fall, so hat sie ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten […]

und Artikel 15 Absatz 3 Satz 1 DSGVO:

Der Verantwortliche stellt eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung.

Direkt im ersten Satz des hier einschlägigen Erwägungsgrundes steht „problemlos“. Ob das noch der Fall ist, wenn die Datenschutzbeauftragte schreibt:

Damit Sie sich auf Ihrem gewünschten Kundenkonto anmelden können, müssen Sie auf einem der beiden Konten die E-Mail-Adresse in eine, noch nicht in unseren Systemen genutzte Mail-Adresse ändern.

Problemlos wäre dabei, wenn ich alle Fahrkarten und Rechnungen als eine chronologisch geordnete PDF oder zusammen gezippt. Da wird sich dann der hessische Datenschutzbeauftragte mit befassen, solange Union und SPD den Datenschutz und die damit zusammenhängenden subjektiven Rechte nicht geschliffen haben. Vielleicht auch der bayrischer Datenschutzbeauftragter, denn die Antwort kam von der DB Vertrieb GmbH aus München und nicht von DB Fernverkehr direkt, die in Frankfurt am Main sitzt. Auch an den Chef, Michael Peterson, zu schreiben, hat nichts gebracht. Natürlich schreibt so jemand nicht selber, aber jemand in der Position hat Menschen, die sich drum kümmern, dass Schreiben beantwortet werden, wenn alles gut organsiert ist. Innerhalb eines Monats sollte das zu schaffen sein.

Die DB wäre demnach durchaus berechtigt, in einem Kundenkonto, zu dem man Zugang hat, den Abruf aller personenbezogener Daten bereitzustellen. Aber dass bekommt sie ja auch nicht hin.

Interessant ist außerdem, was die Datenschutzbeauftragte außerdem schreibt:

Ihr Löschwunsch für Ihr Kundenkonto wurde zum Fr. 24.07.27 vorgemerkt.

Diese Willenserklärung wurde nicht abgegeben.

Zu diesem Datum werden die derzeit noch laufenden geschäftlichen Vorgänge (Verträge, Buchungen werden erst nach 12 Monaten archiviert, Kundenkommunikation) abgeschlossen sein. Danach wird der Löschwunsch automatisiert vollzogen; es ist keine weitere Aktivität Ihrerseits notwendig. Bitte beachten Sie, dass der Löschwunsch außer Kraft gesetzt wird, falls Sie vorher neue geschäftliche Vorgänge in Ihrem Kundenkonto starten, die nicht ebenfalls bis zu diesem Datum abgeschlossen sind.

Wir haben aus wichtigem Grund im Rahmen unseres Onlineangebotes bestimmte Systemsperren und sogenannte „löschverhindernde Gründe“ implementiert. Sie können sich sicher vorstellen, dass wir bei über 30 Mio. Anfragen/ Buchungen im Monat auch gerne Zielscheibe von Missbrauchsversuchen sind. Aus diesem Grund ist ein Bahnwert (hier der Fahrschein, teilweise beglichen mit Guthaben aus Gutschein) bestimmten Löschroutinen ausgesetzt. Aus diesem Grund ist Ihr Wunsch auf Löschung des von Ihnen benannten Kundenkontos erst zum besagten Zeitraum möglich. Auch wir können die Systemlogik nicht brechen und die Daten tauschen/ übertragen/ überschreiben

Und das schlimmste ist nicht, wenn das Bier alle ist, sondern dass dies alles das Ergebnis nicht alternativloser politischer Entscheidungen ist, die zu einem darbenden Bahn-Konzern führten.

Norbert Paul

Norbert Paul ist per PGP-Schlüssel erreichbar über die E-Mail-Adresse norbert.paul@velocityruhr.net

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