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Straßenneubau Am Remberg: unzeitgemäße Lösungen und straßenverkehrsrechtliche Fragwürdigkeiten = Konflikte

In der Straße am Remberg wurde die Brücke ersetzt, die bisher nur einseitig einen sehr schmalen Gehweg hatte. Der Neubau sollte, so Stadtsprecher Frank Bußmann 2015 gegenüber VeloCityRuhr.Net auch mit einem beidseitigen Geh- und Radweg ein „Netzschluss zwischen den Radverkehrsanlagen Steinkühler Weg/ Am Remberg bis etwa Kohlensiepenstraße und dem östlich der B236 vorhandenen Geh- Radweg auf der ehemaligen Bahntrasse“ sein.

Im Frühjahr kündigte sich bei der Komplettsanierung der Straße Im Remberg bereits an, dass etwas gewaltig schief läuft:

(Foto: Norbert Paul)
(Foto: Norbert Paul)
(Foto: Norbert Paul)
(Foto: Norbert Paul)

Gegenüber VeloCityRuhr.Net erklärte Stadtsprecherin Alexandra Schürmann auf Nachfrage im Mai:

Der Radverkehr wird im Ausbaubereich zukünftig aufgrund von Sicherheitsbedenken hinsichtlich möglicher Konfliktsituationen (hohes Aufkommen an Fahrzeugen mit Anhängern und Großfahrzeugen) nicht mehr auf der Fahrbahn geführt, sondern von der Straße auf einen zukünftig beidseitigen gemeinsamen Geh- und Radweg geleitet. Dieser führt auch über die Brücke. Die bestehenden Eigentumsverhältnisse lassen eine andere Linienführung nicht zu, der kombinierte Geh- und Radweg hat daher in der Regel eine Breite von 3,00 Meter.

Besonders irritierend bei diesem Straßenneubau fand ich, dass erkennbar war, dass der Radverkehr von der Fahrbahn in den Aufstellbereich des FGÜ (Fußgängerüberwegs) geleitet wird bzw. umgekehrt erst danach auf die Fahrbahn. So baut man Konfliktstellen. Auch dafür hat die Stadt Dortmund eine Erklärung:

Es wurde sich für eine Führung des Radverkehrs in den Fußgängerüberweg entschieden, da es bei einer Nutzung der Fahrbahn durch die Radfahrenden möglicherweise zu weitaus gefährlicheren Situationen mit dem KFZ-Verkehr im Engstellenbereich kommen würde. Das einforderbare Maß an gegenseitiger Rücksichtnahme der Verkehrsteilnehmenden im Bereich des kombinierten Geh- und Radweges und die sehr guten Sichtbeziehungen lassen diese Lösung zu.

Also: Rücksichtnahme von Radfahrenden gegenüber dem Fußverkehr erwartbar, von Kfz-Führenden gegenüber dem Radverkehr eher unrealistisch?

Aber warum soll an der Stelle mit im Gewerbegebiet überhaupt ein FGÜ hin?

Hier bestand bereits ein nicht barrierefrei ausgebauter Fußgängerüberweg. Bei der Planung wurde die Breite der Mittelinsel erhöht und sowohl die Mittelinsel als auch die Gehwege im Sinne der Barrierefreiheit betrachtet.

Die Anordnung eines FGÜ richtet sich allein nach der R-FGÜ und es gibt im Straßenverkehrsrecht kein Bestandsschutz für einmal getroffene Anordnungen, sondern vielmehr die Pflicht der Straßenverkehrsbehörde, die getroffenen Anordnungen regelmäßig auf ihre Notwendigkeit zu prüfen. So ein Komplett-Neubau wäre eine gute Gelegenheit gewesen, einmal vertieft mit der R-FGÜ zu prüfen …

Auch die Medienanfrage hat zu keiner Korrektur geführt und so erwartet ab der Eröffnung diese Woche die Dortmunder für Jahrzehnte Konflikte, Konflikte und Konflikte.

Rechts Verkehrszeichen 237 Radweg, nach links folgen der Gehweg, ein schmaler Streifen Fahrbahn, eine gestrichelte Linie und der Rest der Fahrbahn
(Foto: Norbert Paul)

Was ist das? § 39 Absatz 2 Satz 3 StVO legt nahe, dass das rechts ein Radweg ist, vermutlich soll es aber ein Gehweg sein. Das auf der Fahrbahn kann aber auch kein Radfahrstreifen sein, zu dem das VZ 237 <Radweg> gehört, denn dafür müsste hier VZ 295 <Fahrstreifenbegrenzung,
Begrenzung von Fahrbahnen und Sonderwegen> als durchgezogene Linie hin.

In der VwV-StVO zu § 2 Straßenbenutzung durch Fahrzeuge hat da wohl jemand das Mindestmaß von 1,50 einschließlich VZ 295 gefunden (Rn. 19). Da man mit dem Rad auf einem Sonderweg unterwegs ist, wird von Kfz-Verkehr nicht überholt und somit gelten auch nicht die Überholabstände gemäß § 5 Abs. 4 Satz 3 StVO. Da ja nach der AGFS Liebe Abstand brauch, Abneigung im Umkehrschluss wohl nicht, also kein Problem.

In der Bildmitte ein Radsymbol, links eine weiße, unterbrochene Linie, rechts ein Bordstein; im Hintergrund ein Gehweg und ein Fußgängerüberweg
(Foto: Norbert Paul)

Offensichtlich hat hier jemand geprüft, ob eine Benutzungspflicht des gemeinsamen Geh- und Radweges zulässig ist und so ist daraus nun ein Gehweg Radfahrer frei geworden.

Laut Stadt gäbe es Konflikte, wenn Radfahrer auf der Fahrbahn fahren würden. Der wahre Konflikt entsteht nun aber hier nun dann, wenn rechtskundige Radfahrende auf Schritttempo verzichten und links rüber auf die Fahrbahn fahren. Die Wahlfreiheit wird durch die Markierung negiert und im Kopenhagen Westfalens manifestiert man durch die Art der Markierung eine Wartepflicht des Radverkehrs gegenüber dem Kfz-Verkehrs.

Rechts der Rinnstein mit Gulli, links die weiße Linie, ab der Bildmitte rotes Pflasterstein als Übergang auf den Gehweg
(Foto: Norbert Paul)

Anhand der Pflastersteine kann man abzählen, dass es inklusiv des Bordsteins gerade 1,50 m sind. Es gibt übrings Urteile, die den Rinnstein nicht zur Fahrbahn zählen. Dann wäre man unter dem Mindestmaß.

Der linke, steigende Bordstein ist schwer zu erkennen und stellt somit ein Sturzrisiko dar.

Da die eigentliche Brücke noch gesperrt war am Sonntag und am Mittwoch eröffnet wird, kann ich nur annehmen, dass in Gegenrichtung auch ein Gehweg Radfahrer frei kommen wird.

Fußgängerüberweg mit Mittelinsel
(Foto: Norbert Paul)

Auch hier fehlt die Verdeutlichung der Wahlfreiheit, die erst mit Beginn des Radfahrstreifens endet.

Gehweg geht in Radfahrstreifen über
(Foto: Norbert Paul)

Und auch hier noch ein Bild zum Breite abschätzen.

Rot gepflasterte Rampe geht in schmalen Radfahrstreifen über
(Foto: Norbert Paul)

Auch hier knapp 1,50 m. Immerhin anders als in die Gegenrichtung ist der Radfahrstreifen mit einem durchgehenden Breitstrich markiert. Hauptsache es passt zum Bestand.

Radfahrstreifen, im Vordergrund neu markiert, im Hintergrund mit ausgeblichener Markierung
(Foto: Norbert Paul)

Aufgrund der erwartbaren Konflikte hat sich die Situation hier für den Radverkehr verschlechtert, außer man gehört zu der Gehwegradler-Bubble.

Norbert Paul

Norbert Paul ist per PGP-Schlüssel erreichbar über die E-Mail-Adresse norbert.paul@velocityruhr.net

6 Gedanken zu „Straßenneubau Am Remberg: unzeitgemäße Lösungen und straßenverkehrsrechtliche Fragwürdigkeiten = Konflikte

  • Hallo Norbert,
    ich hatte die Ruhrnachrichten auf das Thema angesprochen. Diese haben bei der Stadt nachgefragt. Die Antwort der Stadt war, es gab eine Begehung mit dem ADFC und der Bereich wird überplant.

    Carsten

    Antwort
    • Norbert Paul

      Hallo Carsten,
      danke für das Engagement und die Info. Ob bei Beratung durch den ADFC was besseres raus kommt? Das Kind ist nun in den Brunnen gefallen, d. h. Bordsteine sind gesetzt, es ist asphaltiert etc. Spannend wäre hier nur noch, was vorher verwaltungsintern passiert ist. Ein Fall für ein IFG-Antrag.

      Grüße
      Norbert

      Antwort
  • Hallo Norbert,
    Es geschehen noch Zeichen und Wunder und das in beide Richtungen.

    Antwort
    • Norbert Paul

      Danke. Habe ich gestern auch gesehen. Ist m. E. jetzt rechtlich noch fragwürdiger.

      Antwort
      • Inwiefern noch fragwürdiger? Größe der Schilder, der Zusatz „In beide Richtungen“

        Antwort
        • Norbert Paul

          Warum überhaupt eine Benutzungspflicht?

          Was soll das nun für ein Streifen sein am Anfang in Ri. Schüren? VZ 237 wurde demontiert.

          Mir schien die Beschilderung zudem nicht konsistent.

          Antwort

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