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An diesem überraschenden Merkmal erkennt man eine erfolgreiche Fahrradstraße in Dortmund

Die AGFS NRW gibt das Magazin Nahmobil heraus, mit dem sich getarnt als Erfolgsgeschichten die kommunalen Planer:innen gegenseitig beruhigen, dass in den anderen Städten auch nicht mehr passiert. In Ausgabe 22, berichtet die Stadt Dortmund zum RS 1:

Die Umwidmung zur Fahrradstraße zeigt großen Erfolg: Die Zahl der Radfahrenden hat sich dort innerhalb eines Jahres seit der Eröffnung im Dezember 2021 vervierfacht. Im August 2022 waren dort teilweise
mehr Fahrräder unterwegs als Autos. In einem Abschnitt ist der Radverkehr mit 1.773 Radfahrenden am Tag
sogar um fast 400% (+1.326 Radfahrende pro Tag) im Vergleich zu Zählungen im Mai 2016 gestiegen.

An einzelnen Tagen im August sind nicht mehr Kfz als Fahrräder in der Fahrradstraße unterwegs. Das ist für die Stadt Dortmund eine erfolgreiche Fahrradstraße! Noch Fragen. Der Stadt zu Gute muss man halten, dass die Rechtslage inzwischen ein wenig der Realität angepasst wurde. Zu den Voraussetzungen heißt es in der VwV-StVO:

Die Anordnung einer Fahrradstraße kommt nur auf Straßen mit einer hohen oder zu erwartenden hohen Fahrradverkehrsdichte, einer hohen Netzbedeutung für den Radverkehr oder auf Straßen von lediglich untergeordneter Bedeutung für den Kraftfahrzeugverkehr in Betracht. Eine hohe Fahrradverkehrsdichte, eine hohe Netzbedeutung für den Radverkehr setzen nicht voraus, dass der Radverkehr die vorherrschende Verkehrsart ist. Eine zu erwartende hohe Fahrradverkehrsdichte kann sich dadurch begründen, dass diese mit der Anordnung einer Fahrradstraße bewirkt wird.

Irgendwie wird man die Anordnung einer Fahrradstraße schon mit den genannten Bedingungen begründen können. Radverkehrsdichte ist dabei ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Bedeutung unklar ist. Dass Radverkehr nicht die vorherrschende Verkehrsart sein muss, beißt sich dann womöglich mit der älteren Anordnungsbedingung, die weiterhin besteht:

Anderer Fahrzeugverkehr als der Radverkehr und der Verkehr mit Elektrokleinstfahrzeugen im Sinne der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung darf in Fahrradstraßen nur ausnahmsweise durch die Anordnung entsprechender Zusatzzeichen zugelassen werden (z. B. Anliegerverkehr).

Interessant ist auch der im Artikel nachfolgende Satz:

Weitere Abschnitte des RS1 im Dortmunder Stadtgebiet, die ebenfalls als Fahrradstraßen ausgebaut werden sollen, sind vollständig in Planung.

Wenn hervorgehoben wird, dass einzelne Planungen vollständig in Planung sind, gesteht die Stadt damit auch ein, dass unvollständige Planungsprozesse zumindest nicht unüblich, wenn nicht gar der Regelfall sind. Ich weiß aber nicht, was genau unvollständige von vollständigen Planungen unterscheidet. Ich kenne nur die vollständige oder unvollständige Berücksichtigung von Belangen bei einer Planung, die vollendet (=abgeschlossen) oder unvollendet sein kann. Ich bin Fan von präzisen Äußerungen der Verwaltungen, da dies Fehlverständnissen, Irrglauben und Missverständnissen entgegenwirkt.

Norbert Paul

Norbert Paul ist per PGP-Schlüssel erreichbar über die E-Mail-Adresse norbert.paul@velocityruhr.net

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