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Klimabeirat schlägt vor: Pop-Up Fahrradwege auf Wall, Treibstraße, Grüne Straße, Heiligegartenstraße und anderswo bis 30.06.2023 in Dortmund

Im Beirat für Nahmobilität beraten Politik und Verwaltung sich selber. Der tiefere Sinn davon bleibt geheim wie die Ergebnisse der Beratungen. Um Kritiker ruhig zu stellen, sind diese als Interessensvertreter eingebunden, wie auch zur Wahrung des Anscheins die Wissenschaft  eingebunden ist mit einem Sitz. Mit Stimmenmehrheit können Politik und Verwaltung – wer mehr bremst, ist hierbei egal – jeden Beschluss verhindern, der nur irgendwie etwas substanziell verändert. Politik und Verwaltungen scheinen mit der Ergebnislosigkeit zufrieden, sodass sie den Beirat auch in dieser Ratsperiode weiterführen. Inzwischen gibt es seit 2021 mit dem Klimabeirat ein Gremium, bei dem man erwarten könnte, dass es ebenso läuft. Nach der Geschäftsordnung ist die Verwaltung aber ganz außen vor und die Politik ist nur beratend Mitglied. Da wundert es nicht, dass den Rat nun Empfehlungen erreichen (Drucksache 25860-22).

Aus der Ratsvorlage ist nicht ersichtlich, worauf man jeweils die Annahme stützt, dass die Maßnahmen wirken. Von dem Bezug auf wissenschaftliche Untersuchungen ganz zu schwiegen, von einer Zusammenfassung von Ergebnissen und Grenzen der angewandten Methodik noch mehr zu schweigen. Hauptsache es klingt gut. Weißt du z. B., was „Nachhaltige Bewirtschaftung von Pachtflächen der Stadt einführen“ genau bedeuten soll, die dem Rat empfohlen wird als Maßnahme? Was mag der angenommene Wirkungsmechanismus sein hinter „Öffentliches Bekenntnis der Stadt Dortmund als Handwerksstandort für Erneuerbare Energien“? Auch das soll eine kurzfristig wirksame Maßnahme sein (oder soll „Quick Wins“ was anderes bedeuten?). Radaktivisten werden sich freuen, dass temporäre Radwege (Pop-up-Radwege) empfohlen werden, ohne sich darüber Gedanken zu machen, ob dass mit einem erhöhten Rückstau auf den Einfallsstraßen einhergeht und in der Gesamtsumme kontraproduktiv ist.

Als langfristig wirksame Maßnahmen („Big Points“) wird u. a. vorgeschlagen, dezernatsweise Konzepte aufzustellen, wie Klimaneutralität erreicht werden darf. Da wird natürlich ausgeblendet, dass im Verkehrsbereich die Kommunen nur einen sehr geringen Spielraum haben und die Einflussmöglichkeiten auch nicht besser werden, wenn man eine Wild-West-Regelung einführt („mehr Experimentierspielräume“) in der StVO. Auch der esoterische Vorschlag, privates Kapital in Energie umzuwandeln, hat es als Maßnahme in die Empfehlung geschafft. Schwurbelig ist auch „Ausweitung der Einführung von Tempo 30-Zonen bis hin zur Regelgeschwindigkeit auf innerstädtischen Straßen unter Berücksichtigung und Beachtung der Anforderungen des ÖPNV, des Brand- und Katastrophenschutzes sowie des Rettungsdienstes und der Wirtschaft.“ Das ist rechtlicher Bullshit. Es gibt keine Regelgeschwindigkeit, die man in der Regel fahren soll/darf/kann, sondern höchstens eine Regelhöchstgeschwindigkeit, also eine Festlegung in der StVO, was im Regelfall die unter optimalsten Bedingungen zulässige Höchstgeschwindigkeit ist und die wird in der StVO festgelegt und die entstammt der Regelungskompetenz des Bundes und nicht des Stadtrates. Nochmal: Der Spielraum der Kommunen im Verkehrsbereich ist gering, wenn es um Klimaschutz geht. Man kann die Zeit mit rechtlichem Nonsens verbringen oder im Rahmen des Spielraums das machtbare umsetzen. Solange Dortmund zu Lasten des Fußverkehrs Parkmöglichkeiten schafft wie Im Defdahl, passiert das nicht. Bevor man also neue Spielräume einräumt, sollen Kommunen erst einmal vor der eigen Tür kehren und tun, was sie könnten. Der Ruf nach mehr Spielräumen lenkt nur davon ab, dass man die eigenen Spielräume nicht nutzt. Aber Hauptsache, die Wirtschaft ist nicht beeinflusst. Also dann doch lieber nicht.

Den Grünen ist aufgefallen, dass das Ganze weder vom Klimabeirat, noch der Verwaltung mit einem Zeitplan unterlegt wurde (Drucksache 25860-22-E1) und nur die kurzfristigen Maßnahmen bis 30.06.2023 umgesetzt werden sollen. Wer glaubt, dass Dortmund wirklich bis 30.6. u. a. auf Wall, Treibstraße, Grüne Straße, Heiligegartenstraße Pop-up Radwege umgesetzt hat, kann das ja gerne in den Kommentaren kund tun. Das Fehlen eines Zeitplans ist umso verwunderlicher, da laut Verwaltungsvorlage diese zusammenhangslosen, durch Punktekleben zusammengestellten Maßnahmen eh schon zum großen Teil in Arbeit sein. Die Verwaltungsvorlage sieht auch den Beschluss vor, die Maßnahmen prioritär bearbeitet werden sollen. Ich nehme Wetten entgegen, an welchem Tag Stadtplanungs- und Tiefbauamt nur noch mit Neupriorisierungen befasst sind. Aber vielleicht ist die Priorisierungsverlagerung aus der Politik in die Verwaltung durch ständige Beschlüsse, Maßnahmen vorzuziehen, auch der Grund, warum es keinen Zeitplan gibt, da er eh Makulatur wäre, bis er veröffentlicht wäre.

Norbert Paul

Norbert Paul ist per PGP-Schlüssel erreichbar über die E-Mail-Adresse norbert.paul@velocityruhr.net

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