Ergebnisse für NRW beim Fahrradklimatest
(ADFC NRW) Macht das Radfahren in Ihrer Stadt Spaß oder bedeutet es Stress? Diese und 26 weitere Fragen hat der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) mit Unterstützung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) im Herbst 2016 Radfahrenden in ganz Deutschland gestellt. Mehr als 120.000 Menschen haben bei der Umfrage mitgemacht. In NRW waren es über 28.000 Teilnehmer. Herausgekommen ist eine Rangliste des Fahrradklimas deutscher Städte. Drei NRW-Städte sind in ihren Größenkategorien die Spitzenreiter in Deutschland, allerdings liegt auch das bundesweite Schlusslicht in NRW.
Münster, Hamm, Bocholt, Wesel und Reken unter den Top 3
Auf Platz 1 der großen Städte mit über 200.000 Einwohnern liegt Münster. Münster konnte mit der Note 3,07 seinen Spitzenplatz erneut verteidigen, hat aber in der Gunst der Radfahrer weiter verloren. 2014 hatte Münster noch die Note 2,5 erlangt. Thomas Semmelmann, Landesvorsitzender des ADFC NRW: „Münster bleibt weiterhin die Fahrradstadt Nummer 1 in Deutschland, steht aber vor großen Problemen. Die Infrastruktur hält der großen Menge an Fahrrädern nicht mehr stand. Die Unfallzahlen steigen, die Radwege sind zu schmal, die Zahl der Fahrraddiebstähle nimmt zu.“ Der Trend ist deutlich: 2003 hatte Münster noch die Note 1,88 erhalten. Semmelmann: „Münster hat sich auf den Lorbeeren der Vergangenheit ausgeruht und läuft Gefahr, den Spitzenplatz zu verlieren, wenn die Stadt die Fahrradinfrastruktur nicht der gewachsenen Nachfrage und den Qualitätsansprüchen anpasst.“
In der Größenklasse 100.000 bis 200.000 Einwohner hat es Hamm mit der Note 3,32 erstmalig unter die Top 3 auf Platz 2 geschafft (2014: 3,56).
Bocholt konnte in seiner Größenklasse von 50.000 bis 100.000 Einwohnern seinen Spitzenplatz mit leichten Einbußen verteidigen und erzielte die Note 2,29 (2014: 2,04). Wesel hat sich etwas verschlechtert, liegt aber unverändert auf dem dritten Platz mit der Note 3,02 (2014: 2,84).
Die Bestnote insgesamt sowie in der Größenklasse unter 50.000 Einwohner erzielte Reken. Reken bekam die Note 1,86 (2014: 1,94) und hat sich damit leicht verbessert. Erstmalig unter den Top 3 vertreten ist die Stadt Heek, die sich mit der Note 2,11 stark verbessert und auf Platz 3 gesetzt hat (2014: 2,7).
Bochum und Wuppertal die Aufholer aus NRW
Auch in der Gruppe der Aufholer sind mehrere NRW-Städte vertreten. Bochum erhielt die Gesamtnote 4,06 (2014: 4,38) und klettert damit bundesweit im Ranking von Rang 37 auf Rang 23. Am besten bewertet wurde der öffentliche Fahrradverleih (Note 2,1). Ansonsten erhielt Bochum durchgehend die Note „befriedigend“ oder „ausreichend“. Eine mögliche Ursache, warum Bochum so aufgeholt hat, mag die Aufnahme der Stadt in die AGFS NRW (Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Kreise und Gemeinden) und die damit verbundene öffentliche Wahrnehmung sein. So hat sich die Anzahl der Interviews von 270 in 2014 auf 609 in 2016 mehr als verdoppelt. Zudem wird derzeit der Springorum-Radweg gebaut. „Aus unserer Sicht ist das „ausreichend“ nicht zufriedenstellend, aber vielleicht ist die Auszeichnung Ansporn für die Stadt, noch intensiver an der Radverkehrsförderung zu arbeiten“, so Semmelmann.
Wuppertal hatte bereits beim Fahrradklimatest 2014 einen großen Sprung nach vorn geschafft und sich bei der Befragung 2016 noch weiter verbessert. Die Stadt erhielt die Note 3,9 (2014: 4,2) und hat sich in NRW auf Platz 3 der fahrradfreundlichsten Städte gesetzt. Bundesweit hat es Wuppertal im Ranking von Platz 32 in 2014 auf Platz 16 (von 39) geschafft. Grund hierfür mag erneut die Nordbahntrasse sein. Thomas Semmelmann: „Der Positiv-Effekt der Nordbahntrasse wirkt nach und es zeigt sich, dass bürgerschaftliches Engagement den Radverkehr der ganzen Stadt euphorisieren kann.“
Daneben wurden Iserlohn und Gevelsberg als stärkste Aufholer in ihren Städtegrößenklassen ausgezeichnet.
Schlusslicht Hagen, Absteiger Velbert und Aachen
Wo Licht ist, da fällt auch Schatten. Während das münsterländische Reken bundesweit die Bestnote 1,85 erhielt, hält Hagen als absolutes Schlusslicht mit der bundesweit schlechtesten Note 4,72 (2014: 4,72) die rote Laterne in der Hand. Velbert ist ebenfalls stark abgestiegen und ist in seiner Größenklasse 50.000 bis 100.000 Einwohner mit der Note 4,70 (2014: 4,36) auf dem letzten Platz.
Ein weiterer Absteiger ist Aachen. Mit der Note 4,18 rutscht Aachen von Rang 16 auf Rang 30 (2014: 3,86). Aachen hat bei der aktuellen Befragung mehrfach die Note 5 erhalten. So beispielsweise beim Thema Falschparker, Fahrraddiebstahl, Breite der Radwege, Führung an Baustellen und Mitnahme des Fahrrads im Öffentlichen Verkehr. Zudem ist bei der Anlage von Schutzstreifen in Aachen nicht der erhoffte Komfort entstanden, das Gegenteil ist eingetreten. Semmelmann: „Die Fahrradfahrer werden viel zu eng überholt. Das schürt Ängste und das Sicherheitsempfinden spielt eine entscheidende Rolle bei der Fahrradfreundlichkeit einer Stadt.“
Sicherheitsgefühl und Radwegequalität zählt
Die meisten Befragten sind zufrieden mit der Erreichbarkeit der Innenstadt per Rad. Auch die Kernfrage „Bei uns macht Radfahren Spaß bzw. Stress“ wird relativ gut bewertet. Genervt sind die Radler vor allem von Baustellen oder Falschparkern auf Radwegen, ungeeigneten Ampelschaltungen und zu schmalen Radwegen. Der massenhafte Fahrraddiebstahl wird fast überall als schwerwiegendes Problem wahrgenommen. Am wichtigsten sind den Befragten das Sicherheitsgefühl beim Radfahren, die Qualität – also Breite und Oberfläche – der Radwege und die zügige Erreichbarkeit von Zielen. Nicht zuletzt sind Kommunikation und Sichtbarkeit wichtig: In fahrradfreundlichen Städten fahren auch Bürgermeisterinnen und Verwaltungs-Chefs mit dem Rad, es gibt Aktionstage und Fahrrad-Kampagnen („Mit dem Rad zur Arbeit“, „Stadtradeln“…) sowie fahrradfreundliche Arbeitgeber, die ihren Mitarbeitern Diensträder, Fahrradparkplätze und Duschen zur Verfügung stellen.
Hintergrund zum ADFC-Fahrradklima-Test
Der ADFC-Fahrradklima-Test ist die größte Befragung zum Radfahrklima weltweit und wurde im Herbst 2016 zum siebten Mal durchgeführt. Er wird durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) aus Mitteln zur Umsetzung des Nationalen Radverkehrsplans 2020 gefördert. 539 Städte haben die Mindestanzahl an Stimmen erreicht und es damit in die Wertung geschafft. Die Umfrage wurde größtenteils online durchgeführt. Bewertet wurde nach dem Schulnoten-Prinzip mit Werten zwischen eins und sechs. Die Umfrage ist nicht repräsentativ. Alle Ergebnisse gibt es auf www.fahrradklima-test.de. Auf der interaktiven Karte lässt sich für alle 539 Städte ein Einzelstädte-PDF herunterladen. Das Städteranking und weitere Ergebnisse nach Stadtgrößen und nach Bundesländern lassen sich ebenfalls als PDF-Dateien herunterladen. Die Ergebnisse früherer Durchgänge gibt es unter: www.adfc.de/fahrradklima-test/adfc-fahrradklima-test-2014/adfc-fahrradklima-test-2014—die-ergebnisse.