Das haben die Grünen Hollstein abgerungen, falls dieser mit deren Unterstützung OB wird
Die Dortmunder Grünen unterstützen in der Stichwahl den OB Kandidaten der CDU. Dafür hat er den Grünen einziges versprochen. Und wie immer geht es in Dortmund nicht unter unrealistischen Zielen.
- Bis 2035 soll Dortmund klimaneutral sein. Wenn man das ernst meint, bedeutet das die Abschaffung des moderne Lebens. Die Dortmunder Bürger leben dann von dem, was in Dortmund wächst und sich fangen lässt. Radwege dürfen nur noch verwendet werden, bis sie endgültig kaputt sind. Aber das ist egal, denn neue Reifen für Fahrräder dürfen nicht mehr gekauft werden. Aber das ist egal, denn im Rattenfellkleid lässt sich eh nicht Rad fahren. Wie so oft bei den Grünen ist aber was anders gemeint, als gesagt wird. Es geht am Ende nur um Beruhigung des schlechten Gewissens: „Dabei kommt Themen wie Freiflächenschutz, Aufforstung, Dachflächenbegrünung, energetischer Sanierung des Gebäudebestandes, Urban Gardening und energieneutrale Quartiere sowie energieneutrale Gewerbegebiete eine hohe Bedeutung zu.“ Urban Gardening ist eher ein aufwendiges Spielzeug von Globalisierungsgewinnern mit schlechtem Gewissen als ein relevanter Beitrag zum Schutz des Klimas. Und in einem energieneutralen Gewerbegebiet wird nicht vielmehr möglich sein, als von Hand ein paar Dinge aus Holz zu schnitzen. Schon Feuer ist nicht zulässig. Zudem sollen jedes Jahr 2000 neue Wohnungen gebaut werden. Über den Lebenszyklus von Wohngebäuden betrachtet, ist etwa die Hälfte der Energie schon mit dem Bau verbraucht.
- 10 Jahre vorher soll es in 20 % Radverkehr geben. Auch wenn man sich auf die Wege der Einwohner beschränkt, wäre das eine Verdoppelung in 5 Jahren. Es gibt bestimmt irgendeinen alten Beschluss mit diesem Ziel. Dem Ziel näher gekommen ist Dortmund bisher nicht. Nur die Zeit ist verstrichen. Umso unrealistischer, dass das plötzlich klappt. Realistisch, wenn auch ambitioniert ist es, den RS 1 inkl. Brückenbauwerke bis dahin fertig zu bekommen.
- Bis dahin soll auch der Takt ausgebaut werden. In fünf Jahren wird es nicht mal eine nötige Planfeststellung für zusätzliche Stadtbahngleise in der Stadt geben. Wenn man zeitnah bestellt, könnte man zumindest die nötigen Wagen haben. Ob man dafür aber Fahrpersonal findet, ist auch eine Herausforderung.
- Ambitioniert und machbar ist der komplette Radwall. Es soll ein Zweirichtungsradweg auf jeder Seite geben. Auf noch nicht geklärte Art und Weise soll er sicher sein, also ohne die erwartbaren Unfälle der linksseitigen Radler.
- Gespannt bin ich auf das Mobilitätsreferat, in dem Personal aus Planung und Bau zusammengefasst werden sollen, um den Radwegebau voran zu bringen. Es soll zusätzliches Geld und Personal geben. Es ist ein offenes Geheimnis, dass es nicht gerade ein Überangebot an Verkehrsplanern gibt. Qualifiziertes Personal im Bereich Radverkehr dürfte nur schwer zu bekommen sein. Die Maßnahmen brauchen dann aber immer noch politischen Rückhalt …
- Begrüßenswert ist, dass der Weiterbau der L 663n (OW III a) ruhen soll gegen den Willen der CDU.
- Ebenso begrüßenswert ist es, dass der Flughafen nicht weiter ausgebaut werden soll und es soll über mögliche Nachnutzungen nachgedacht werden.
Kein Thema im LOI sind der Fußverkehr, die Barriefreiheit und die Radverkehrssicherheit in der Fläche durch Bändigung des Kfz-Verkehrs durch unterschiedliche Maßnahmen.
Ebenso taucht der Kfz-Verkehr im Papier nicht auf. Ob in den Verhandlungen die Bändigung des Kfz-Verkehrs überhaupt Thema war, ist nicht bekannt. Richtiges Interesse daran haben die Grünen bisher in Dortmund nicht gezeigt. Auf jeden Fall sind die Grünen in Dortmund zu einem geringeren Preis zu bekommen. Eine verkehrspolitische Neujustierung weg vom Auto mit der Priorität auf den Fußverkehr ist also nicht zu erwarten. Aber von Verkehrswende ist im Papier auch nicht die Rede. Offen bleiben dabei also, zu Lasten welcher Verkehrsart der Wachstum des Radverkehrs passieren soll. Es ist zu befürchten, dass er zu Lasten des Fußverkehrs wachsen wird.
Fazit: Es wird spannend, wenn es nach Jahrzehnten keinen SPD-Oberbürgermeister gibt. Das Papier skizziert natürlich nur mögliche Themen, man sollte es nicht überbewerten. Zur Freude des Neuen Radaktivismus hat der Radwegebau ein großes Gewicht in dem Papier. Den Radverkehrsanteil bis 2025 zu verdoppeln, ist unrealistisch. Ob die Bedeutung wirklich steigt, hängt davon ab, wofür genau die Millionen verbuddelt werden. Gefährliche Radwege, da wo Platz ist, hat Dortmund schon genug. Und der Enthemmung des Kfz-Verkehrs konnte damit nichts entgegen gesetzt werden.
Lieber Norbert,
ich finde es richtig und wichtig, solche Papier an den bisherigen Realitäten zu messen – schließlich gibt es Ankündigungen genug von allen Parteien. Aber was deine Aussagen zum Thema Klimaneutralität angehen, musste du doch etwas aufpassen. Klimaneutralität ist ein großes Wort, noch viel viel größer als Mobilitätswende, da hast du recht. Aber dann Bilder zu skizzieren, bei denen wir in die Steinzeit zurückfallen, ist doch etwas too much. Realistischerweise werden die wesentlichen Entscheidungen, wie schnell Dortmund seine Klimaemmissionen senken kann, nicht in Dortmund getroffen, sondern an anderen Orten (Berlin, Brüssel, darüberhinaus). Aber sich ambitionierte Klimaschutzziele zu setzen ist erstmal kein Fehler! Und sich dann (endlich) auf den Weg dorthin zu machen. Beim Radverkehr, bei Mobilität allgemein, bei der Energieversorgung (hier geht z.B. mehr in Dortmund!).
Entscheidend ist: Es muss jetzt losgehen!
Davon, dass es losgehen muss, ist auch schon etwas länger die Rede. Und es geht weiter in die falsche Richtung. Die meisten Einsparungen dürften Deutschland durch Verlagerungen erreicht worden sein. Deshalb gibt es genau da keine Rückgänge, wo man schlecht verlagern kann. Das Klima in Dortmund profitiert sicherlich davon, dass hier kein Hochofen mehr in Betrieb ist. Aber weniger Stahl verbrauchen wir deshalb ja nicht. Der wird nur nun in China in den dorthin verschifften alten Dortmunder Hochöfen produziert und dann hierher produziert. Die Gesamt CO2-Bilanz ist dann schlechter, die von China auch und Deutschland feiert sich als Klimaschutzweltmeister beim Weiter-so.
Los gehen kann es aber nur, wenn man überhaupt eine Vorstellungen vom nächsten Schritt im Rahmen der eigenen Möglichkeiten hat. Natürlich werden die wesentlichen Entscheidungen andernorts getroffen. Das ist für mich nur ein weiteres Argument dafür, dass es nicht zielführend ist, so ein Ziel auszurufen. Am Ende sendet man damit, dass man Quatsch-Ziele proklamiere, die Botschaft aus, dass man gar nicht den Anspruch und der Erwartung hat, eigene Ziele zu erreichen und das man kein Problem hat zu scheitern. Man nimmt sich und sein Anliegen selber nicht ernst. Und weil das ebenen total unrealistisch ist, brauch man gar nicht anfangen.
Ein richtiges Ziel ist, den OW IIIa-Weiterbau nicht weiter zu verfolgen. Und das ist realistisch. Und man kann das Ziel erreichen oder nicht. Aber mal sehen, ob die bisherigen Befürworter in der CDU sich daran gebunden sehen im Fall der Fälle.
Eigentlich gehört dieser Kommentar zum Velocity-Artikel :
https://velocityruhr.net/blog/2020/09/24/aufbruch-fahrrad-dortmund-und-velocityruhr-begruessen-vereinbarung-fuer-mehr-radverkehr-zwischen-cdu-und-gruenen/
Es scheint da aber ‚technische‘? Schwierigkeiten zu geben, die eine Veröffentlichung des Kommentars verunmöglichen 😉 ?
Daher an dieser Stelle, denn die Diskussion um den ‚modal-split‘, der sich absurderweise zur Zielgröße der neuen Radwegebewegung gemausert hat ist angesichts des weiter steigenden Autoverkehrs und des eskalierenden Klimaumbruchs, der immer stärker auf den worst-case zusteuert, dringender denn je.
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Also lieber ‚Peter‘, her der Kommentar:
Vielleicht mal Leute fragen die Ahnung von der Materie haben?
Ich zitier mal einen Prof. aus eurer Dortmunder TU:
„Aufgrund dieser Resultate und entgegen oder sogar gerade wegen seiner Eingängigkeit sollte der relative Modal Split nicht zur Beschreibung von Entwicklungen und Städtevergleichen und ebenso nicht als Zielgröße städtischer Verkehrspolitiken verwendet werden. Sinnvoller sind, ermittelt auf Basis von Verkehrsbefragungen, die absoluten Kenngrößen der Fahrten häufigkeit sowie die dabei zurückgelegten Distanzen nach Verkehrsmitteln. Diese Befragungen sollten nicht nur das Kerngebiet sondern auch das Umland betrachten, um die Verflechtungen zwischen Umland und Stadt einzubeziehen.“
http://www.vpl.tu-dortmund.de/cms/de/Aktuelles/VPL_Letter2/VPLetter/VPLetter-28-Oktober2018.pdf
In der lesenswerten Langfassung kommt das noch etwas deutlicher heraus.
Aber was hat schon Wissenschaft zu bedeuten, wenn stattdessen die schöne neue Einheitlichkeit des ‚lets go dutch‘ der Radentscheide gefeiert werden soll, während – wie in NL – der Autoverkehr parallel zum Radwegebau weiter wächst und wächst und wächst …
Danke übrigens für die Veröffentlichung des Kommentars, Meinungsfreiheit und Wissenschaftstrasfer ist ein wichtiges Gut, auch auf Blogs und socialmedia.
Bei velocityruhr.net war es immer üblich, sehr zurückhaltend mit der Moderation von Kommentaren zu sein. Ich kann mich nur an einen Fall erinnern, wo ich mal für ein paar Tage bei einem Beitrag das Kommentieren gestoppt habe, als der legendäre Münsterland-Radler die Autorität eines anonymen Polizisten über das Gesetz stellen wollte oder ähnlichen Quatsch von sich gab. Ansonsten habe ich meiner Erinnerung nach nur Werbelinks rausgelöscht und das dann jeweils gekennzeichnet.