Stadt Dortmund kennt Pflichtaufgabe der Straßenverkehrsbehörde nicht
In Dortmund kommt es regelmäßig zu massiven Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung. Peter Maier schrieb kürzlich:
Meist kann man nach ein paar Anzeigen nach drei oder vier Wochen vor Ort eine deutliche Verbesserung feststellen.
Das ist ein klares Indiz dafür, dass es Wiederholungstäter gibt. Auch an die hat der Gesetzgeber mit § 48 StVO gedacht.
Wer Verkehrsvorschriften nicht beachtet, ist auf Vorladung der Straßenverkehrsbehörde oder der von ihr beauftragten Beamten verpflichtet, an einem Unterricht über das Verhalten im Straßenverkehr teilzunehmen.
Der Verkehrsunterricht ist kein Strafe sondern hat eine präventive Stoßrichtung. Bei nicht nur geringfügigen Lücken in der Kenntnis der Verkehrsregeln oder dem Verkennen der Bedeutung oder bei der Unfähigkeit, die Kenntnisse anzuwenden, sollen diese Defizite ausgeglichen werden. (MüKoStVR StVO § 48 Rn. 5) Neben Vertiefung und Auffrischung der Regelkenntnis soll auch die mögliche Tragweite von Verstößen vor Augen geführt werden. Bei wiederholt gleichen Verstößen kommt es auf die Stärkung des Verantwortungsbewusstsein an. (Hentschel/König/Dauer StVO § 48 Rn. 8) Näher wird der Zweck des Verkehrsunterrichts in der VwV StVO erläutert.
Zweck der Vorschrift ist es, die Sicherheit und Ordnung auf den Straßen durch Belehrung solcher, die im Verkehr Fehler begangen haben, zu heben. Eine Vorladung ist daher nur dann sinnvoll und überhaupt zulässig, wenn anzunehmen ist, daß der Betroffene aus diesem Grunde einer Belehrung bedarf. Das trifft in der Regel nicht bloß bei Personen zu, welche die Verkehrsvorschriften nicht oder nur unzureichend kennen oder beherrschen, sondern auch bei solchen, welche die Bedeutung und Tragweite der Vorschriften nicht erfaßt haben. Gerade Mehrfachtäter bedürfen in der Regel solcher Einwirkung. Aber auch schon eine einmalige Verfehlung kann sehr wohl Anlaß zu einer Vorladung sein, dies vor allem dann, wenn ein grober Verstoß gegen eine grundlegende Vorschrift vorliegt, oder wenn der bei dem Verstoß Betroffene sich trotz Belehrung uneinsichtig gezeigt hat.
Einzelne Regelverstöße genügen in der Regel nicht als Ladungsgrund, da ja auch Bußgelder bereits erzieherisch wirken sollen. (MüKoStVR StVO § 48 Rn. 6) Die Möglichkeit zielt erst einmal auf Fälle wiederholter oder grober Regelverstöße ab. In Fällen hartnäckiger Weigerungen sich berechtigt belehren zu lassen kann ein einmaliger, nicht unerheblicher Verstoß genügen. Wenn z. B. das Verhalten und die Äußerungen in Zusammenhang mit einem einzelnen Parkverstoß darauf hinweist, dass die eigenen Interessen rücksichtslos zu Lasten Anderer durchgesetzt werden sollen, kann das bereits eine Vorladung rechtfertigen. Für alle selbstgerechten Möchte-Gern-Juristen auf zwei Rädern sei darauf verwiesen, dass auch Rotlichtverstöße mit dem Fahrrad ein Ladungsgrund sein können. (MüKoStVR StVO § 48 Rn. 3) Die Vorladung kann auch bei einem im Verkehrsrecht tätigen Volljuristen sinnvoll sein, wenn das nötige Verantwortungsbewusstsein fehlt, auch wenn ansonsten die Vorladung aufgrund des vorhanden Wissens unzulässig wäre. (Hentschel/König/Dauer StVO § 48 Rn. 9)
Um exemplarisch darzustellen, welche Relevanz dies in der Praxis hat, wollten wir für den Bericht von der Stadt Dortmund wissen:
1) Wieviele Personen wurden nach § 48 StVO in Dortmund jeweils in den letzten 5 Kalenderjahren zum Verkehrsunterricht geladen?
2) Wurden auch Halter sowie Aufsichtpflichtige in Betrieben und Unternehmen herangezogen (VwV-StVO zu § 48 Nr. I)? Ich denke da z. B. an die Paketdienste.
3) Aufgrund welcher Verstöße wurde in den 5 Jahren zum Verkehrsunterricht geladen?
4) Ab wieviel Parkverstöße schlägt die Verkehrsüberwachung jemanden der Straßenverkehrsbehörde für den Verkehrsunterricht vor?
Stadtsprecher Maximilian Löchter verweist uns an die Polizei und reagiert auch nicht weiter, als wir nochmal explizit auf die Zuständigkeit der Straßenverkehrsbehörde hinweisen. Die Polizei kann gegenüber der Straßenverkehrsbehörde geeignete Personen (selbstverständlich auch aus den eigenen Reihen^^) vorschlagen. Die Straßenverkehrsbehörde ist dann aber allein für den Erlass der Verpflichtung der Teilnahme und die Androhung von Zwangsmitteln im Falle der Nichtteilnahme zuständig. (MüKoStVR StVO § 48 Rn. 10) Die Teilnahmepflicht wird nicht durch den Verkehrsverstoß sondern durch die Vorladen begründet, die die Zustellung bzw. Bekanntgabe und der vorhergehenden Erschließung zur Vorladung der Straßenverkehrsbehörde voraussetzt. Diese Entschließung ist nicht übertragbar. (Hentschel/König/Dauer StVO § 48 Rn. 11) Selbst wenn die Straßenverkehrsbehörde die Polizei hinzuzieht als Lehrperson oder mit der Vorladung in einzelnen Fällen beauftragt, ist sie die Herrin und alleinige Verantwortliche des Verfahrens und müsste uns Auskunft zu den o. g. Fragen geben können. Die Polizei kann die Auskunft gar nicht geben, da sie nicht beteiligt werden muss und damit gar nicht wissen kann, ob sie von allen Verfahren Kenntnis hat.
Literatur
Bender, Engelbert/König, Peter (Hg.) 2016: Münchener Kommentar Straßenverkehrsrecht, Teil 1: Verkehrsstraf- und Verkehrsverwaltungsrecht; München: Beck. (=MüKoStVR)
König, Peter/Dauer, Peter (Hg.) 2017 (44. Aufl.): Straßenverkehrsrecht; Beck’sche Kurz-Kommentare 5; München: Beck. (=Hentschel/König/Dauer).