„Protected Bike Lanes“ – Radfahren mit Schutz und Komfort
(ADFC, 1.10.2018) Protected Bike Lanes (kurz: PBL, deutsch: Geschützte Radfahrstreifen) sind ein vom ADFC aus Nordamerika importiertes Konzept, mit dem Kommunen schnell und günstig Platz für komfortablen Radverkehr schaffen können.
Wie man in einer fahrradfeindlichen Großstadt schnell und kostengünstig komfortable Wege für Radfahrerinnen und Radfahrer schafft, das lässt sich von den Amerikanern abgucken. In New York, Chicago, Seattle und anderen Auto-Städten haben clevere Stadtplaner seit den 2000er Jahren damit begonnen, ganze Autospuren mit grüner Farbe und Pollern für den Radverkehr frei zu machen. Mit riesigem Erfolg: Es gibt jetzt bemerkenswerten Alltags-Radverkehr in US-Großstädten – und der Autoverkehr ist dadurch nicht zusammengebrochen!
Breit, komfortabel, physisch getrennt – Geschützte Radfahrstreifen
Protected Bike Lanes (kurz: PBL, deutsch: Geschützte Radfahrstreifen) sind ein vom ADFC aus Nordamerika importiertes Konzept, mit dem Kommunen schnell und günstig Platz für komfortablen Radverkehr schaffen können. Grob gesagt: Man nimmt dem Autoverkehr eine Spur weg – und legt darauf einen mindestens zwei Meter breiten, geschützten Radfahrstreifen an. Durch eine aufgemalte Pufferzone von mindestens 85 Zentimetern und eine schnell aufzubringende bauliche Barriere (Poller, Blumenkübel, Betonelemente o.ä.) schützt man die neue Radspur vor dem Überfahren und Zuparken durch den Autoverkehr. Vom Fußweg sind PBL meist durch die Bordsteinkante getrennt. In den USA werden die neuen Radspuren in der Regel zusätzlich durch eine Signalfarbe hervorgehoben. Diese Methode besticht dadurch, dass sie im Unterschied zu baulichen Radwegen günstig und schnell umzusetzen – und bei Bedarf schnell weiterentwickelbar ist.
Osnabrück hatte die erste PBL, Berlin zieht nach
In Osnabrück wurde vor ein paar Tagen die erste Protected Bike Lane auf dem Heger-Tor-Wall eröffnet. Damit hat die niedersächsische Stadt sogar Berlin überholt, das im Rahmen des neuen Mobilitätsgesetzes in großem Stil geschützte Radspuren an Hauptachsen anlegen will. In der Bundeshauptstadt wird gerade die erste Protected Bike Lane auf der Holzmarktstraße eingerichtet – zur großen Begeisterung der Berliner Radfahrerinnen und Radfahrer.
Radverkehrsanteil stagniert, Fahrrad braucht Platz
Obwohl sich die Verkehrspolitik in Bund, Ländern und Kommunen meist lobend zum Fahrrad bekennt, tut sich zu wenig auf der Straße. Der Radverkehrsanteil in Deutschland stagniert seit Jahren bei etwa 11 Prozent. Zum Vergleich: Dänemark hat 16 Prozent – und die Niederlande über 27 Prozent. Das bedeutet: In den Niederlanden wird jeder dritte Weg mit dem Rad zurückgelegt, in Deutschland nur jeder zehnte. Auch Deutschland könnte dieses Ziel erreichen und damit die Städte von kurzen Autofahrten entlasten – allerdings nur, wenn der Radverkehr mehr Platz und geschützten Raum erhält. Die Präferenz der Radfahrenden für vom Autoverkehr getrennte Radwege ist aus mehreren Studien bekannt. Stork: „Protected Bike Lanes sind das Mittel der Wahl, wenn es darum geht, unkompliziert innerstädtische Radwege anzulegen. Keine Raketenwissenschaft, keine Mega-Investitionen, man muss es nur wollen und tun.“
Immer mehr Bürgerprotest pro Rad
Damit die Politik die geänderten Mobilitätsbedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger endlich ernst nimmt, organisieren sich mit Unterstützung des ADFC immer mehr Bürgerinitiativen pro Rad: Aufbruch Fahrrad in NRW, Radgesetz Bayern, Radentscheid-Initiativen in Berlin, Bamberg, Darmstadt, Frankfurt, Hamburg, Stuttgart und vielen anderen Städten mehr. Mit aufsehenerregenden Aktionen erinnern sie die Politik daran, dass der Radverkehr mehr Platz und Schutz braucht – zuletzt mit einem roten Teppich in Stuttgart und einer Blumen-geschützten Radspur in Dresden. Experten-Informationen zu Protected Bike Lanes gibt es auf den Seiten des ADFC Bundesverbandes unter Positionspapier „Geschützte Radfahrstreifen“ sowie eine Visualisierung einer Berliner „Protected Bike Lane“.
In der Meldung ist komplett nichts Neues. *gähn* Warum auch immer die den Weg hierhin gefunden hat.
Die Meldung ist von heute. Und wer lesen kann, klar im Vorteil: „In Osnabrück wurde vor ein paar Tagen die erste Protected Bike Lane auf dem Heger-Tor-Wall eröffnet. Damit hat die niedersächsische Stadt sogar Berlin überholt, das im Rahmen des neuen Mobilitätsgesetzes in großem Stil geschützte Radspuren an Hauptachsen anlegen will. In der Bundeshauptstadt wird gerade die erste Protected Bike Lane auf der Holzmarktstraße eingerichtet – zur großen Begeisterung der Berliner Radfahrerinnen und Radfahrer.“
Stimmt. Deshalb las ich vor Wochen schon Artikel wie http://itstartedwithafight.de/2018/08/08/erster-guter-radweg-in-osnabrueck-ist-fertig/ und guckt mir Bilder und Videos an und es ist ein schnöder Radweg, der vielleicht mal zum Pöller-Radweg wird, wenn er weiterhin zugeparkt wird.
Deine Vorurteile gegen attraktive Infrastruktur scheinen dein Textverständnis zu beeinträchtigen.
Ich setze das Wesentliche mal kursiv: „In Osnabrück wurde vor ein paar Tagen die erste Protected Bike Lane auf dem Heger-Tor-Wall eröffnet. Damit hat die niedersächsische Stadt sogar Berlin überholt, das im Rahmen des neuen Mobilitätsgesetzes in großem Stil geschützte Radspuren an Hauptachsen anlegen will. In der Bundeshauptstadt wird gerade die erste Protected Bike Lane auf der Holzmarktstraße eingerichtet – zur großen Begeisterung der Berliner Radfahrerinnen und Radfahrer.““
Focus veröffentlich einfach 1:1 die Pressemitteilungen der Stadt. In Dortmund würdest du das doch auch hinterfragen. Ich verlasse mich da lieber auf andere Quellen. Die lokale Seite It started with a fight schrieb schon im August – den entscheidenden Satz habe ich hervorgehoben:
Mehr sage ich auch nicht: Wenn PBL sich durch eine zusätzliche bauliche Trennung durch Autos, Pfosten etc. zum Kfz-Verkehr von schnöden Radwegen unterscheiden, dann ist das in OS gar kein PBL sondern ein Radweg, wie man ihn kennt – nur halt mal 3 Meter statt 1-2 Meter breit. Die Bilder und ein Video findest du auf der verlinkten Seite (Da steht auch, dass es schon erste Schäden gibt …). Wenn die bauliche Trennung (= Schutz, also das was hier „Protected“) aber nicht mehr Merkmal eines PBL ist, kann man den PBL vom Radweg nur noch daran unterscheiden, wie er genannt wird. Dann ist es ein Synonym für Radweg.
Wäre ich PBL-Fanatiker oder PBL-Fan oder PBL-Befürworter, würde ich das von mir vertretende Konzept nicht dadurch verwässern, dass ich alles unter dem Label segeln lasse, nur damit es dem Wort nach umgesetzt wurde.
Die Städte kündigen vieles an. Warum soll dass in Berlin anders sein, dass hinter kaum was kommt und meist anders als angekündigt?
Gibt es denn eine repräsentative Umfrage, die belegt, dass 100 % („zur großen Begeisterung der Berliner Radfahrerinnen und Radfahrer.“) wirklich begeistert sind? Den meisten wird das vermutlich ziemlich egal sein und die werden in Wahrheit gar keine Meinung dazu haben.
Du lenkst ab. Deine Behauptung „In der Meldung ist komplett nichts Neues“ ist widerlegt.
Immerhin siehst du nun ein, dass es kein PBL ist. Übrig bleibt damit die Info: In OS sind 100-200 Meter normaler Radweg eröffnet worden. Wo ist da die Relevanz die über OS hinausgeht? Da hätte sich der von dir geschätzte Bundesverband zur Bekämpfung der tödlichen Irrlehrern männlicher Vielradler zwischen 20 und 70 halt besser informieren müssen …
Nochmal von Daniel klar gestellt:
Also, was ist nun das Neue in der Meldung? 🙂
Ach Norbert. Das Ding ist als geschützter Radweg geplant und kann jederzeit vor Falschparkern geschützt werden, auch wenn vorerst darauf verzichtet wurde. Und in Berlin gibt es auch Neues: „In der Bundeshauptstadt wird gerade die erste Protected Bike Lane auf der Holzmarktstraße eingerichtet.“
Ach Peter, auch jeden anderen beliebigen Radweg kann man mit Pollern etc. versehen. Baubeginn in Berlin, klar, dass ist bundesweit von Bedeutung.
Kann man nicht, meist fehlt die nötige Breite. Natürlich ist Berlin relevant: Eine der ersten Umsetzungen eines innovativen Konzepts.
Die Forderung, dass man den Radverkehr baulich vom Autoverkehr trennen müsse, tauchte erstmalig etwa in den 20er-Jahren auf, als das Auto keinen völligen Exotenstatus mehr hatte. Für die herrschende Kreise stand das Auto für Fortschritt und man nahm an, dass es Rad und Kutsche mehr oder weniger ablösen sollte und wurde entsprechend gefördert. Eine Fußnote der Geschichte ist, dass es damals aus der breiten Bevölkerung Widerstand gegen die „Automobilisten“ gab. Ziel der Forderung nach getrennten Radwegen (die möglichst von den Radfahrern selbst finanziert werden sollten) war die Beschleunigung des Autoverkehrs und dass man den „Automobilisten“ nicht die Verantwortung übertragen wollte, so zu fahren, dass keine anderen gefährdet werden.
Ebenso in die 1. Hälfte des 19 Jahrhunderts gehören die städtebaulichen Ideen der funktionalen Trennung. Gut, mancher Vertreter dieser Richtung hat den Verkehrsbereich – meine ich – sogar dreidimensional gedacht. Auch diese Ideen hat man in London wieder aufgewärmt mit Radwegen über Bahntrassen und in alten U-Bahn-Tunneln. Dem stand – das nur der Vollständigkeit halber – eine ganz andere Richtung gegenüber, die das Dorfleben romantisierte und zurück zu überschaubaren Gemeinschaften wollte. Am Ende kamen dann nur die Gartenstädte raus, denen viele wesentliche Elemente fehlten. Das Konzept der autogerechten Stadt ist eher 50er-/60er-Jahre und nicht deckungsgleich mit der funktionsgetrennten Stadt. Aber auch hier war das Ziel, den Rad- und Fußverkehr möglichst hinter die Häuser auf Wege im grünen zu separieren.
Die von Radaktivisten durchaus gerne zitierte Jane Jacobs gehört übrings zu den Kritikern des modernen Städtebaus und seiner Entmischung. Ob sie sich mal zur Trennung von Verkehrsarten geäußert hat weiß ich nicht.
Die Idee der Trennung hat im Städtebau noch eine ganz andere Tradition und zwar die des Emissionsschutz. Da kommen die ganzen Grenzwerte her, die aktuell in der Debatte sind. Unter dem Eindruck von ein paar Jahrzehnten Industrialisierung war das auch kein abwegiger Gedanke, Wohnen und Arbeiten zu trennen. Juristischerseits werden die Grenzwerte aber im Zusammenhang mit dem neuen städtebaulichen Liebling des psydurbanen Greenwashing-Millieus – dem „Urbanen Mischgebiet“ nach BauGB – zu einem umstrittenen Thema.
Fazit: Die Idee, Dinge zu trennen, ist städtebaulich keine neue Idee.
Interessiert es bisher Städte, ob genug Platz ist? Also wird es sie genauso wenig interessieren, wenn sie 20 cm abknapsen für „Protection“.
Du hast das Wesentliche falsch verstanden: Innovativ an geschützten Radfahrstreifen ist nicht die Trennung (die hat sich in manchen Bereichen längst bewährt, in anderen nicht), sondern die Art ihrer Umsetzung.
Autos zwischen Fahrbahn und Radweg. Keine neue Idee. Pfosten zum Schützen von Radwegen? Keine neue Idee. Im privaten Umfeld hat so ein toller Pfosten das Berufsleben beendet. Auch keine neue Idee. Falschparker durch Blumenkübel etc. verhindern? Auch keine neue Idee.
Mal wieder die übliche tumb populistische Verkürzung der ADFC Theologen.
Steigerung des Autoverkehrs in den hochgelobten USA um satte 7% in zwei Jahren.
Geschenkt?
Verlagerung der Kurzstrecken aufs flächensparsame Fahrrad induziert in Wachstumsregionen mit Umland-Wohnbevölkerung verstärkt Autoverkehr auf den weiteren Distanzen und erhöht systematisch die Erreichbarkeitsradien des MIV.
Geschenkt?
Die berühmten 70% Kurzstreckenfahrten bis 5KM tragen insgesamt gerade mal zu max. 6% zur MIV-Verkehrsleistung bei.
Geschenkt?
Die angestrebte Verlagerung der Kurzstrecken bis 5KM aufs Fahrrad ist ökologisch im besten Falle nahezu wirkungslos, ist aber im absehbaren Falle einer überkompensierenden Induktion von Mittel- und Langstrecken-MIV (verkürzte Reisezeit) sogar ökologisch stark negativ.
Geschenkt?
Im Text erfolgt ein erfrischend klares Bekenntnis zum Fortbestand des Automobilismus:
„Mit riesigem Erfolg: Es gibt jetzt bemerkenswerten Alltags-Radverkehr in US-Großstädten – und der Autoverkehr ist dadurch nicht zusammengebrochen!“
Immerhin ehrlich!
Ja. PBL können empirisch belegt ein wirkungsvolles Instrument im Arsenal stauvermeidender autogerechter Radverkehrsförderung sein.
Fragt sich nur, ob wir diese ganze Palette an autogerechter Planung im 21. Jhd. noch brauchen, oder ob es nicht langsam mal an der Zeit wäre einen Paradigmenwechsel durchzuführen (real mit Maßnahmepaketen, die auf der Strasse wirksam werden, und nicht in populistischen Sonntagsreden ala ‚von der Strasse auf die Schiene‘).
Das Nordpoleis ist eh schon nicht mehr zu retten, die ersten Permafrostböden habe zu tauen begonnen, aber der ADFC Theologe freut sich wie Bolle, dass seine PBLs dem Autoverkehr nicht schaden.
Wirklich ärgerlich finde ich dabei die Vernebelungstaktik einiger Akteure der Redentscheide, bei der so getan wird, dass die übliche separierend autogerechte Radverkehrsförderung den Autoverkehr (Verkehrsleistung MIV) zurückdrängen würde. Das ist allenfalls in den ‚Kernen‘ der Fall. Bei Betrachtung der Region und dem Umland ist dies nicht der Fall.
Die Geschichte des Baus von ‚RadInfra‘ ist leider zugleich eine Geschichte anwachsenden Autoverkehrs.
Die hochgelobten NL und DK bilden da keine Ausnahme. Das gälte es endlich zur Kenntnis zu nehmen.
Typisch der Jubel: ‚Lets go Hovenring‘, ohne mal zu realisieren, dass das Projekt den Zweck hatte den Knotenpunkt in seiner Leistungsfähigkeit für den Autoverkehr zu ertüchtigen.
Und?
Operation gelungen, mehr Blechkisten rollen täglich über die erweiterte Kreuzung, während die Welt blind staunend den Radkreisverkehr als ‚Leuchtturm‘ von Radverkehrsförderung beklatscht.
Leider ist dieses ‚Hovenring-Syndrom‘ gerade in der Scheuklappenperspektive der gegenwärtigen Radwege-bewegung weit verbreitet, die Bereitschaft mal hinter die PR-Kulissen zu schauen ist in der Regel nicht vorhanden oder erheblich zu schwach ausgeprägt (tl:dr und so weiter).
Zugegebenermassen werden solche Absurditäten und eine generell fehlende Folgenabschätzung in den copy-paste Powerpointfolien recht gut versteckt. Wer sich mit verkehrswissenschaftlichen Zusammenhängen nicht oder nur am Rande beschäftigt hat, dem/der wird der PR von autogerechter Radverkehrsförderung recht schutzlos auf den Leim gehen.
Gabs ja schon beim „Bio“-Sprit und diversen anderen autogerechten Placebos, die uns mit umweltgerechter Begleitrhetorik vom damaligen Regen in die gegenwärtige Traufe geführt haben.
Geschickt eingesetzt KÖNNTEN (Konjunktiv!) PBL natürlich auch an geeigneten Stellen im Sinne einer ökologischen Verkehrswende eingesetzt werden.
– Wegfall einer relevanten Zahl von Autoparkplätzen
– Beschleunigung des Radverkehrs bei gleichzeitiger Verminderung der Kapazität des MIV (vor allem auch bei den ‚Flaschenhälsen‘), und Verschlechterung der MIV Reisezeit.
Leider geht der Trend in die genau entgegegesetzte Richtung:
Stork und Konsorten werden nicht müde die empirischen Ergebnisse aus dem Trump-Land, nachdem die PBL den Autoverkehr NICHT verlangsamen, sondern – im Vergleich zum Mischverkehr – sogar beschleunigen als Argument FÜR derartige Maßnahmen in den Ring zu werfen.
Leider ist das kein trojanisches Pferd, sondern es sind tatsächlich valide Ergebnisse solider Studien.
Aber was solls, der Trend wird sich hochwahrscheinlich durchsetzen, und wir werden ‚erfolgreiche Radentscheide‘ nebst neuen Stadien der damit verbundenen autogerechten Regionen erleben:
– autoarme und im Gehl’schen Sinne attraktivierte Innenstädte mit steigenden Wohnkosten für zahlungskräftige ‚urbane Eliten‘
– stark steigende Autoverkehre auf den ökologisch relevanten mittleren und längeren Distanzen.
Die AUTOGERECHTE ‚Radverkehrsförderung‘ hat gewonnen, die UMWELTGERECHTE Radverkehrsförderung ist leider auf der Strecke geblieben.
Schade, denn es bestand im Zeitfenster des Dieselskandals eine realistische Möglichkeit die Weichen umzustellen, einen Paradigmenwechsel herbeizuführen und den destruktiv wuchernden Automobilismus dorthin zu schieben wo er längst hingehört:
aufs Abstellgleis.
Nur, welche Rolle spielt es, ob er Theologe ist oder nicht? Eine theologische Ausbildung ist in dem Zusammenhang weder im positiven noch im negativen Sinne von Bedeutung. Da finde ich es schon relevanter, dass ich mich an ein einziges Bild von ihm auf einem Fahrrad erinnern kann.
Und es ist eine offizielle PM des Verbandes und damit mehr als die Privat-Meinung des Geschäftsführers und damit ist es die Meinung, die der ADFC für seine Mitglieder vertritt, was aber nur ein sehr keiner Teil der Radfahrer*innen ist. Und als genau das muss man solche Äußerungen ernst nehmen. Wobei man auch wie beim ADAC fragen könnte, wieviel Prozent der Mitglieder wegen „Service“ wie Radtouren Mitglied sind. Mich würde nicht wundern, wenn die PBL-Debatte am Ende eine Debatte einiger vorwiegend männlicher Aktiver Ü30 ist.
Wenn man sich überlegt, dass der ADAC Radabstellanlagen an Bahnhöfen testet und nicht der ADFC, haben wir nun eine interessante Situation, wo eine neue Unübersichtlichkeit entsteht darüber, wer unter welche Flagge welche Interessen vertritt.
Ja stimmt schon, ist ein wenig polemisch auf dem ‚Theologen‘ herumzureiten.
Aber wenn ich mir so ansehe welche Absurditäten die gegenwärtige ADFC Bundesriege so aufführt, wenn ein Theologe oder ein Sozialarbeiter gegenüber ausgewiesenen ökoilogisch orientierten Verkehrsexperten wie H.Monheim mit billigem Populismus und ohne jeden qualifizierten Blick auf die Gesamtsituation von Verkehr/Mobilität, ohne jegliche Fähigkeit mal über den schmalen Tellerrand ihrer Copy-paste Powerpointfolien mit NL und US Radwegewerbung zu schauen, ohne die Bereitschaft mal wenigstens ansatzweise eine ökologische Folgenabschätzung ihrer ‚protected Powerpoint‘ Konzepte anzustellen, wenn diese Riege also sich dann als ‚Experten‘ aufspielt …
Da geht es um Glauben, es geht um Marketing, um One-voice Kampagnenfähigkeit, um einfache Lösungen in einer offenbar für Theologen zu verwirrenden Komplexität, es geht drum Jünger zu fischen und Ungläubige auszugrenzen.
Da spiegeln die alten religiösen Bilder von VC-Hölle und Radweg-Himmel auf, vermischt mit irrationalen Heilserwartungen durch einen vermeintlich ‚richtigen Weg‘, den uns die ‚richtigen‘ Propheten würden weisen können.
Da ist in den letzten Jahren regelmässig Etliches dabei, was in den Bereich von Theologie gehört, und nicht in den Bereich faktenorienteriter Bestandsaufnahme, nüchterner empirisch gestützter Folgenabschätzung und theoretisch konsistenter Maßnahmenentwicklung.
Wenn der Trend zu autogerechten Placebo Maßnahmen so weiter geht sind die Leute bald nicht nur Politikmüde, sondern auch noch NGO-müde.
So kleine Organisationen wie die Umwelthilfe, gegen deren faktisch gut begründeten Fahrverbote der Theologe ja gerne argumentert (Radwege statt Fahrverbote), bewirken bereits mehr als irgendwelche Pöller-Enthusiasten und Enthusiastinnen, die dann im Erfolgsfall (!) durch ‚more people bike more Kurzstrecke‘ geradewegs für höhere Erreichbarkeitsradien des wachsenden Autoverkehrs sorgen.
Wer in Vorträgen regelmässig suggeriert, dass die berühmten Autofahrten unter 5KM eine ökologisch relevante Größe seien
( „mehr als die Hälfte der Autofahrten sind unter x Kilometer usw“)
, und dabei bewußt die Tatsache verschweigt, dass das gerade mal knapp 6% der Verkehrsleitung ausmacht, wobei selbst dieser kleine 6% Fortschritt selbst bei 100%igem Umstieg dieser Distanzen aufs Rad nur ein scheinbarer wäre, da die durch verbesserte MIV-Verkehrsqualität (Antistau) zusätzlich induzierten längeren MIV-Strecken den schmalen Positiveffekt locker ins Gegenteil verkehren können, wer permanent so einen Mist mit missionarischem Eifer unter die Leute bringt, der ist dann auch nicht besser als die ‚Theologen‘ des Mittelalters mit ihren wahnhaft magischen Weltbildern.
Die Lage ist ökologisch definitiv zu ernst, um unreflektiert ‚lets go dutch‘ ‚lets go US-Bikelane‘ zu kopieren, ohne sich überhaupt mal darüber Klarheit zu verschaffen, warum 45 Jahre ‚erfolgreicher‘ Radwegebau in NL die Steigerungen des Autoverkehrs NICHT eindämmen konnten.
Die Frage müsste also längst gelautet haben:
„Was haben die in NL mit ihren teilweise tollen Radwegen eigentlich falsch gemacht, dass es dort im Gesamtverkehr nicht ansatzweise zu einer ökologischen Verkehrswende kam?“
Stattdessen wird genau DAS in verschlechterter Fassung kopert, was schon anderswo ökologisch gescheitert ist.
Und das, was in großen Teilen nichts anderes ist als ein neuer Aufguss der autogerechten Separation der Verkehrsmittel, wird uns auch noch allen Ernstes als Baustein einer ‚Verkehrswende‘ verkauft !
Diese neue ‚Stork-Linie‘ ist faktisch (!) nicht im geringsten darauf ausgerichtet Autoverkehr wirksam und vor allem ökologisch wirksam zu reduzieren, sondern es geht nur noch darum, dass der ‚convenience‘ Aspekt der ‚Radler und Radlerinnen‘ ausreichend berücksichtigt wird.
Wer glaubt damit irgendwas zu Positiven ändern zu können, der glaubt auch an die ganzen „freiwilligen Selbstverpflichtungen“ der Autobauer und der diversen Industriezweige bezüglich einer alsbaldigen Umstellung auf eine umweltgerechte Produktionsweise.
Aus den Augen aus dem Sinn lautet das aus NL übernommene Credo der ’neuen‘ autogerechten Separation. Und ja, es mag für eine zufriedene Gemeinde sorgen, wenn wir dann die längeren Strecken schneller und stauärmer mit dem Auto zurücklegen können, im autoarm gentrifizierten Quartier fahrradfahrend wohnen dürfen (siehe Utrecht mit durchschnittlich 16EUR Kaltmiete), und aussenrum (!) auf 6-spurigen Highways knapp abseits der Blickachse der Fahrradwege das Erdöl Megatonnenweise in die Atmosphäre geballert wird (siehe Utrecht, wo in den nächsten Jahren noch weitere 2 Milliarden EUR in erweiterten Ausbau der Auto-Highways gesteckt werden).
https://www.uni-muenster.de/NiederlandeNet/nl-wissen/umwelt/staubekaempfung/verkehrsprojekte.html
Hätte das Desaster mit dem „Biosprit“ nicht genug Warnung sein müssen, dass solche Placebo-Marketing-Hypes einfach nur vom Regen in die Traufe führen?
Aber gut, das mit dem ‚Theologen‘ sollte ich mir vielleicht wirklich abgewöhnen …
Das entscheidende ist, dass planerisches Fachwissen fehlt oder für sich behalten wird. Die eigene Argumentation wird angreifbar, wenn man auf was abzielt, was gar nicht relevant ist. Sowohl jemand der Theologie als auch Verkehrsplanung studiert hat, kann ein guter BG des ADFC sein und genauso gut auch ein schlechter. Ist ja nicht so, als ob alle Planer richtig viel Ahnung hätten.
Stork und Co. geht es – anders als uns – nicht vorrangig um weniger Kfz-Verkehr sondern um „War of area“ in einer binär konstruierten Welt von Gut und Böse, in der die einen nur Rad fahren und die anderen nie, aber die anderen wollen das. Wenn man da nochmal den Bogen zur Religion schlägt, sieht man Parallelen zur Vorstellung der „unsichtbaren Religion“ etc. außerhalb der Kirchen, mit der Kirchenvertreter*innen sich die Lage schön reden. Nur fehlt es an jeglichem Beleg dafür. Angeblich sind 60 % der Flächen nur für den Autoverkehr, sagt Aufbruch Fahrrad. https://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr5/quarks/hintergrund/audio-was-heisst-hier-fahrradfreundlich-100.html Ich wusste nicht, dass 60 % Der Verkehrsflächen Autobahnen, Autoparkplätze und Fahrbahnen in Straßen mit Radwegbenutzungspflicht sind. Und die Paradoxie ist, dass die Forderung ja ist, noch mehr Flächen zu schaffen, die exklusiv für den Autoverkehr sind.
Schafft die 100% Verlagerung der mit dem Auto erledigten Fußwege auf’s Rad wirklich dauerhaft weniger Stau? Es entstehen damit ja neue Kapazitäten und neue Kapazitäten schaffen neuen Verkehr und schwupps ist wieder alles vollgestaut.
“ Es entstehen damit ja neue Kapazitäten und neue Kapazitäten schaffen neuen Verkehr und schwupps ist wieder alles vollgestaut.“
In Wachstumsregionen dürfte das wohl das Szenario mit der höchsten Eintrittswahrscheinlichkeit sein,
Der Unterschied zu vorher ist halt, dass dann die Streckenlängen erweitert sind (konstantes Reisezeitbudget) und die ‚Sättigung‘ mit höherer MIV-Kilometerleistung stattfindet.
Ferner verfestigt sich so der Trend zu zersiedelten ‚Regionen der weiten Wege‘.
Ich hoffe ich habe da Unrecht, wüste aber nicht warum.
In der Randstad (NL) lässt sich das beobachten, in der Region München ist das ausgeprägt, im wachsenden ‚Oberzentrum‘ Münster findet sich wohl eines der extremsten Beispiele, wo bei steigenden Pendlerdistanzen im nächsten oder übernächsten Jahr vermutlich erstmalig mehr auswärtige Autofahrten aus dem Umland in und durch die Stadt dieseln als Münster EinwohnerInnen hat.
Gegenwärtig sind es satte 300.000 Autofahrten von auswärtigen Pendlern, Touristen und Konsumenten an jedem einzelnen Werktag.
Aneinandergereiht würde das eine Blechkistenkolonne von Oslo bis Palermo ergeben.
Täglich.
Bei, laut IHK, durchschnittlicher Strecke von mittlerweile 17KM macht das mehr als 6 x Erde – Mond und zurück.
Täglich.
Wieviel davon taucht im umjubelten ‚modal-split‘ der ‚Fahrradhauptstadt‘ auf?
Null!
„Sind ja nur Auswärtige“ weiss der beflissene Verkehrsplaner der Fahrradhauptstadt verschmitzt zu berichten, während er beherzt den nächsten Ausbauplan für die bereits jetzt überdimensionierten Einfallstrassen auf das Reißbrett spannen lässt.
Und die Menschen wollen münsterraner Verhältnisse … und die Politik trägt Münster auf einem Tablett als Vorbild/Ziel vor sich her. Es guckt halt keiner in die Küche des Festbanketts.
So ist es, da hat dann der Eisbär in einigen Jahren Pech gehabt.
Also in Stuttgart scheint man gar nicht so sehr die eigene Ziele für wichtig zu erachten, sondern dass Druck entsteht und irgendetwas passiert.
https://martintriker.wordpress.com/2018/10/11/radentscheid-die-zweite/
Du betreibst also Schwarz-Malerei und alles wird gut. Oder …Wer weiß, vielleicht sieht man das in NRW auch so und freut sich dann, dass die Politik auf die „Radfahrer*Innen müssen geschützt werden“-Rhetorik mit Warnwesten-Verteilen reagiert im Rahmen eines Sofortprogramms der Landesregierung.
Ich gehe nicht davon aus, dass die Radentscheide irgendwie was verändern.
Vielleicht sollte man zur Einordnung des vom ADFC Bundesverband nach eigener Einschätzung importierten Konzeptes sich auch anschauen, was in den USA unter dem Segel so gebaut wurde.
https://la.streetsblog.org/2015/04/03/city-of-l-a-s-first-parking-protected-bike-lanes-reseda-boulevard/
Die Breite eines typischen deutschen Radweges bei deutlich größerem Straßenquerschnitt nur zwischen Bordstein und Autos keine Chance auszuweichen oder zu überholen und 1/3 des PBL ist Rinnstein. Ja, ein Einzelfall. Aber der zeigt auf, dass ein PBL nicht automatisch gute Verhältnisse schafft.
Auf meinem Schulweg gab es einen „Protected Sidewalk“. Die Plastik-Pömpel (Zeichen 620 Leitpfosten) wurden immer von Bürgern umgetreten aus Spaß an der Freude. Die Dinger können einen nicht vor den wirklich gefährlichen Dingen schützen.