Verkehrsrecht

Bundesgerichtshof: Kraftfahrzeuge sind grundsätzlich keine Waffen

Sobald eine Person, die nicht mit einem Kfz am Straßenverkehr teilgenommen hat, bei einem Verkehrsunfall verstirbt, an dem auch eine Person mit einem Kraftfahrzeug beteiligt war, wird schnell von dem Auto als Mordwaffe gesprochen. Rechtlich gesehen ist es egal, wie gemordet wurde, sondern es kommt auf die Motive, was ein Sonderfall im Strafrecht ist. In § 211 Absatz 2 StGB heißt es:

Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet.

In allen anderen Fällen handelt es sich gemäß § 212 StGB um Todschlag. Beim Sich-auf-die-Fahrbahnkleben und vielen anderen Vergehen, kommt es hingegen nicht auf die Motivation an.

Ohne den Nachweis eines der Mordmerkmale, fehlt es schon am Mord. Selbst wenn man dies bejahen kann, steht der Bezeichnung des Kraftfahrzeug als Mordwaffe entgegen, dass dies eben keine Waffe im straftrechtlichen Sinne ist, wie der Bundesgerichtshof (Beschluss vom 22.05.2025 – 4 StR 74/25) festhält, soweit mit der Verwendung einer Waffe eine Strafverschärfung einhergeht.

Ein Kraftfahrzeug kann nicht als Waffe im Sinne von § 113 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 StGB angesehen werden, da es weder von der Zweckbestimmung noch von einem typischen Gebrauch her zur Bekämpfung anderer oder zur Zerstörung von Sachen eingesetzt wird. Den Begriff der Waffe in § 113 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB in einem „nichttechnischen“ – gefährliche Werkzeuge und insbesondere bei entsprechender Verwendung auch Kraftfahrzeuge – umfassenden Sinne zu verstehen, lässt sich mit dem im Wortlaut der Vorschrift zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Willen ohne Verletzung des strafrechtlichen Analogieverbots (Art. 103 Abs. 2 GG) nicht in Einklang bringen […].

Ein Kraftfahrzeug erfüllt auch nicht die Voraussetzungen eines gefährlichen Werkzeugs im Sinne von § 113 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Alt. 2 StGB. Denn trotz der von ihm ausgehenden erheblichen Bewegungsenergie ist ein Kraftfahrzeug bei objektiver Betrachtung kein Gegenstand, der dazu bestimmt ist, eine Kraft gegen ein anderes Objekt zu entfalten oder zu verstärken. Er unterscheidet sich dadurch von alltäglichen Werkzeugen wie etwa einem Hammer oder einem Schraubendreher, die schon bei bestimmungsgemäßer Verwendung diesen Zweck haben und sich ohne weitreichende Veränderung der vorgesehenen Einsatzform (Schlagen, auf einen Punkt konzentrierte Druckausübung etc.) verbotenen Waffen ähnlich gegen Menschen einsetzen lassen. Dass sich unter krasser Pervertierung seines Zwecks als Fortbewegungsmittel auch ein Kraftfahrzeug dazu missbrauchen lässt, Sachen zu zerstören oder Menschen zu verletzen, ändert daran nichts […].

Wenn es um die Einziehung von Fahrzeugen im Zusammenhang mit illegalen Straßenrennen geht, spricht der Gesetzgeber eher hölzern von „Kraftfahrzeugen, auf die sich die Tat bezieht“ (§ 315 f StGB), was offensichtlich nicht zu den alltagssprachlichen Ausdrucksweisen gehört.

Was eine Waffe ist, hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschluss vom 1. 9. 2008 – 2 BvR 2238/07) näher ausgeführt:

Der allgemeine Sprachgebrauch bezeichnet danach Gegenstände als Waffen, wenn ihre primäre Zweckbestimmung darin liegt, im Wege des Angriffs oder der Verteidigung zur Bekämpfung anderer eingesetzt zu werden, oder wenn eine solche Verwendung zumindest typisch ist – etwa bei Hiebwaffen wie Keulen oder bei Messern. Die bloße Möglichkeit, einen Gegenstand auch in zweckentfremdender Benutzung zur Bekämpfung von Zielen zu verwenden, genügt zur Begründung der Waffeneigenschaft danach jedenfalls nicht. […] Der vom BGH […] verwendete „strafrechtliche Waffenbegriff” umfasst körperliche Gegenstände, die nach ihrer objektiven Beschaffenheit und ihrem Zustand zur Zeit der Tat bei bestimmungsgemäßer Verwendung geeignet sind, erhebliche Verletzungen zuzufügen. […] Gegenstände, die nicht bei bestimmungsgemäßem Gebrauch, wohl aber nach ihrer objektiven Beschaffenheit und der Art ihrer Benutzung im Einzelfall geeignet sind, erhebliche Verletzungen zuzufügen, werden in Rechtsprechung und Schrifttum dagegen dem in den genannten Vorschriften ebenfalls enthaltenen Begriff des „gefährlichen Werkzeugs” zugeordnet.

Norbert Paul

Norbert Paul ist per PGP-Schlüssel erreichbar über die E-Mail-Adresse norbert.paul@velocityruhr.net

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert