DortmundVerkehrsrecht

Zur Regelung des Radverkehrs auf Friedhöfen und in Grünanlagen

Den Dortmunder Gremien liegt in den nächsten Sitzungen die brisante Vorlage 34366-24 „Konzept zur Regelung von Fahrradverkehr in städtischen Park- und Grünanlagen und auf Friedhöfen“ vor.

Schon in den ersten Absätzen fällt auf, dass die Vorlage in Details nicht korrekt ist.

In diesen Fällen wird das blaue Verkehrsschild nach StVO „Fahrradfahren erlaubt“ gleichfalls installiert.

Dieses Schild gibt es in der StVO nicht.

Grundsätzlich müssen Radfahrende auf straßenbegleitenden baulich angelegten Radwegen,
Radfahrstreifen oder Schutzstreifen fahren, wenn diese vorhanden und mit den Zeichen 237,
240 oder 241 gekennzeichnet sind.

Die Kombination von V7 237, 240 und 241 mit Schutzstreifen ist unzulässig. Es gibt keine Benutzungspflicht. Es greift allein das Rechtsfahrgebot.

Da die Vorlage das eigentliche Problem nicht wirklich erläutert, nachfolgend ein paar Anmerkungen.

Bei Friedhöfen ist das Gesetz über das Friedhofs- und Bestattungswesen des Landes Nordrhein-Westfalen das maßgebliche Gesetz. Dass die Einrichtung durch Widmung erfolgt, ergibt sich aus § 3 Abs. 2 BestG NRW. Deswegen gibt es auch Friedhofssatzungen, z. B. für die städtischen Friedhöfe und keine AGB. Zur Frage, ob Wege auf Friedhöfen gleichzeitig nach Landesstraßenrecht gewidmet sein können, wird es sicherlich unterschiedliche Positionen geben, die aber wohl eher ins Reich der akademischen Fingerübungen als der Praxis gehören.

Grünanlagen im Besitz der Stadt können ebenfalls förmlich als öffentliche Einrichtung gewidmet sein, wenn auch auf kommunalrechtlicher Grundlage. Auch Festlegungen im B-Plan, als spezielle Form der kommunalen Satzung, wären im bauplanungsrechtlich zulässigem Umfang denkbar, z. B. wenn gezielt die Wege als Verkehrsflächen mit Nutzungsbeschränkungen festgelegt werden, was aber späteren Neugestaltungsambitionen entgegenstehen würde. Eine Widmung kann auch konkludent erfolgen (Thüringer OVG, Urteil vom 14.02.2011 – 4 KO 514/08: Rn. 73), indem die Kommune den Park faktisch als solche Einrichtung der Öffentlichkeit zugänglich macht.

Hinweis: Eine konkludente Widmung von Straßen ist straßenrechtlich ausgeschlossen aufgrund der Widmungspflicht. Bei sehe alten Straßen und Parkanlagen, die entstanden sind, als sich das Rechtsinstitut der Widmung noch nicht herausgebildet hat, spricht man von einer unvordenklichen Verjährung. Das bedeutet, dass man annimmt, die Widmung wäre damals erfolgt, hätte sie es damals schon gegeben. also quasi eine Widmung durch Alter.

Die Benutzung kann dann, durch Satzungen – durch den Rat – oder bei Ermächtigung der Verwaltung durch den Rat durch Nutzungsordnungen geregelt werden.

In der Friedhofssatzung der Stadt Dortmund heißt es z. B. in § 5 Satz 1 f.:

Der Besuch der Friedhöfe ist während der hellen Tageszeit möglich. Mit Einbruch der Dunkelheit sind die Friedhöfe zu verlassen.

und in § 6 Abs. 2 Satz 1:

Die Fahrwege der Friedhöfe dürfen nur von Fahrzeugen befahren werden, deren Fahrer von der Stadt eine vorherige schriftliche Genehmigung erhalten haben.

Das wirft hinsichtlich der B1-Ausbau-bedingter Führung des Radverkehrs über den Hauptfriedhof viele Fragen auf, die bei Gelegenheit zu erörtern sind. Warum die Stadtverwaltung schreibt, es gäbe keine Regelung zum Radverkehr, ist unklar, es sei denn man zählt Fahrräder, abweichend vom Straßenverkehrsrecht, nicht zu den Fahrzeugen.

Für die Grünanlagen und Friedhöfe findet sich in der Ordnungsbehördlichen Verordnung über die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in der Stadt Dortmund, ein Verbot (§ 7 Abs. 1 Buchstabe a), diese mit Kraftfahrzeugen mit Ausnahme von Krankenfahrstühlen, die m. E. keine Kraftfahrzeuge sind, zu befahren oder diese dort abzustellen. Für die Grün- und Erholungsanlagen ist – anders als für Friedhöfe – außerhalb der dafür bestimmten und entsprechenden gekennzeichneten Stellen Rad zu fahren untersagt (§ 8 Buchstabe b).

Das bedeutet für die Stadtverwaltung:

Die städtischen Grünanlagen und Friedhöfe stellen hier eine Herausforderung dar, zumal es hier derzeit keine einheitliche Regelung gibt.

Davon zu trennen ist die Frage, ob eine tatsächlich-öffentliche Verkehrsfläche vorliegt. Da der Zugang nicht nur einer klar bestimmten Gruppe zugänglich ist, ist von tatsächlich-öffentlichen Verkehrsflächen auszugehen auf denen die StVO vollständig gilt. Sich aus der (straßenverkehrsrechtlichen, kommunalrechtlichen, friedhofsrechtlichen) Widmung ergebende Beschränkungen können nur mit den Möglichkeiten der StVO durch Verkehrszeichen bekannt gemacht werden, wie es unzählige Male bei straßenrechtlichen Widmungsbeschränkungen erfolgt ist. Dabei können die Rechtsgrundlagen auch außerhalb der StVO liegen. Die Zuständigkeit für die Umsetzung liegt allein bei der Straßenverkehrsbehörde (§ 44 Abs. 1 Satz 1 StVO). Daher sind Bastellösungen, wie kürzlich auf dem Hauptfriedhof zurückgenommen, unzulässig, zumal die materiellen rechtlichen Grundlagen fehlen. Materielles Recht sind inhaltliche Regelungen im Gegensatz zum formalen Recht.

Schwierig zu beantworten ist dies bei Parkanlagen mit Einritt (Westfalenpark, Zoo), um die es der Stadt wohl nicht vorrangig geht. Durch die Zugangsanlagen werden de facto eh nur Fußgänger auf das Gelände gelassen, sodass es hier erst einmal ohne Relevanz ist, ob es eine tatsächlich-öffentliche Verkehrsfläche mit faktischer Beschränkung auf den Fußverkehr oder eine öffentliche Einrichtung handelt, die man nur zur Fuß nutzen kann.

Bei der Teilnahme am Straßenverkehr kommt es drauf an, die geltenden Regeln bei flüchtiger Teilnahme am Verkehr  zu erkennen – auch auf tatsächlich-öffentlichen Verkehrsflächen. Auf – von Kommune zu Kommune unterschiedlich gestalteten –  Tafeln wiedergegebene Beschränkungen aufgrund von Satzungen sind meines Erachtens ungeeignet, eine rechtssichere Bekanntgabe vorzunehmen. Klare gesetzliche Regelungen gibt es aber leider nicht und je nach Gerichtsverfahren werden unterschiedliche Ansichten die Rechtsprechung prägen. Rechtssicherheit erreicht man nur mir Beschilderung durch VZ 237, VZ 240 etc. Die Verkehrszeichen sind dabei – nach der straßenverkehrsbehördlichen Anordnung – in der amtlichen Form und den zulässigen Größen nach den Regeln der StVO aufzustellen und können somit nicht in verkleinerter Form und/oder integriert in Informationstafeln angebracht werden, wenn man Rechtssicherheit will. Eine alleinige Markierung der Verkehrszeichen reicht nicht aus, wie die VwV-StVO klar stellt.

Durch […] Wiedergabe eines Verkehrszeichens auf der Fahrbahn kann der Fahrzeugverkehr lediglich zusätzlich auf eine besondere Verkehrssituation aufmerksam gemacht werden. Von dieser Möglichkeit ist nur sparsam Gebrauch zu machen.

Es bleibt abzuwarten, was bei teilweisen Integration der eKFV in die StVO rauskommt. Der Referentenentwurf sieht vor, dass Elektrokleinstfahrzeuge weitestgehend dem Radverkehr gleichgestellt werden. Wenn das so erhalten bleibt, wird die Vorlage nicht umsetzbar sein:

Alle Fahrzeuge, die aus eigener Kraft schneller als 6 km/h fahren können, sind Kraftfahrzeuge und benötigen ein Kennzeichen. Dazu zählen u. a. Kleinkrafträder wie S-Pedelecs und Mofas, aber auch Fahrzeuge, die der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung zugeordnet sind wie ETretroller, E-Scooter, Segways u. ä. Diese Fahrzeuge werden aus Gründen der Verkehrssicherheit weiterhin weder in städtischen Grünanlagen noch auf Friedhöfen zugelassen.

Norbert Paul

Norbert Paul ist per PGP-Schlüssel erreichbar über die E-Mail-Adresse norbert.paul@velocityruhr.net

5 Gedanken zu „Zur Regelung des Radverkehrs auf Friedhöfen und in Grünanlagen

  • Alfons Krückmann

    Bedingt (oder mindestens mitbedingt) durch die immer noch vorangetriebene Ausweitung und Metastasierung des Autoverkehrs sollen jetzt sogar Friedhöfe zu Trassen für den Rad-Durchgangsverkehr werden können?
    Das ist ja. noch perverser als der überschäumende Autowahn in den 60ern und 70ern des letzten Jahrhunderts.

    Antwort
    • Norbert Paul

      Die großen Dortmunder Friedhöfe sind als Parkanlagen angelegt. Der Hauptfriedhof gehört zu den größten Friedhöfen in Deutschland. Den umfährt man nicht mal eben. Gerade da schafft die Freizeitnutzung einen wichtigen Teil der sozialen Sicherheit und auch Raddurchgangsverkehr.

      Antwort
      • Und der Radweg führt dort ja nicht direkt an den Gräbern vorbei, vermutlich kennt Alfons nicht die Situation vor Ort. Soll es denn nach der Erweiterung der A40 wieder einen Radweg an alter Stelle, leicht versetzt, geben?

        Antwort
        • Norbert Paul

          Doch, es gibt da ein paar Gräber direkt an der Strecke.

          Das Problem ist bei dem alten Weg die rot markierte Strecke. Mit dem Ausbau zur Autobahn fehlt da zwischen Friedhof und Autobahn der Platz für einen Geh- und Radweg. Daher bringt der gelb markierte Wirtschaftsweg auch nichts, um außerhalb des Friedhofs auf den neuen Weg (auf einem alten Wirtschaftsweg meine ich) zu kommen – man könnte höchstens einen Rundweg draus machen, was m. E. Verschwendung von Geldern und unnötige Flächenversiegelung wäre. Daher die Führung über den Friedhof (grüne dünne Linie).

          Antwort
  • Ich finde Führungen von Radwegen durch Friedhofparkanlagen super. Das klappt oft viel besser als alle behaupten. In Düsseldorf fahren viele mit ihren Autos auf die Friedhöfe oder lassen sich mit städtischen Autos darüber fahren, da sind mir Radfahrer viel lieber.

    Es gibt oft die Situation, da gibt es nur die Verbindung durch Friedhöfe und auch in Paris und anderen großen Städten wird das erfolgreich gelebt.

    Ich werbe für Toleranz gegenüber unbürokratischen Lösungen für alle.

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