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Jeden Monat ein Todesfall bei Unfällen mit abbiegenden LKW in Nordrhein-Westfalen

(Foto: ADFC/Jens Lehmkühler)

(ADFC NRW) Seit Beginn des Jahres zeigt sich eine alarmierende Entwicklung in Nordrhein-Westfalen. Die Zahl der Radfahrerinnen und Radfahrer, die bei LKW-Abbiegeunfällen ums Leben kommen, ist drastisch angestiegen. In 2018 verzeichnet NRW sechs Radverkehrstote (Dortmund, Emsdetten, Köln, Lünen, Köln, Wesel) durch rechtsabbiegende LKW.

Zum Vergleich: 2017 kamen im gesamten Jahr acht Menschen bei solchen Unfällen ums Leben. […] Allein in den vergangenen anderthalb Monaten sind vier Menschen bei Abbiege-Unfällen in NRW ums Leben gekommen.

Die Zahl der durch abbiegende LKW getöteten Radfahrer steigt seit einigen Jahren stetig an. Allein in den ersten Monaten dieses Jahres wurden bundesweit 19 Radfahrende durch abbiegende LKW getötet – im Vorjahr waren es insgesamt 33 Tote. Denn sowohl der Radverkehr als auch der Straßengüterverkehr in den Städten nehmen stetig zu. Laut Unfallforschung der Versicherer (UDV) könnten durch Warnsysteme bis zu 60 Prozent der schweren Unfälle durch abbiegende LKW verhindert werden. Die Technologie kommt nicht nur den Radfahrern zugute. Sie hilft den Lastwagenfahrern, die Gefahrenlage einzuschätzen. Das System überwacht mittels Sensoren die Bereiche vor und neben dem Lkw und warnt den LKW-Fahrer, wenn beim Anfahren oder während des Abbiegevorgangs sich ein Fußgänger oder ein Radfahrer dem LKW nähert und die Gefahr einer Kollision besteht.

Nachdem der Bundesrat am vergangenen Freitag grünes Licht für eine Initiative für Lkw-Abbiegeassistenten gegeben hat, ist jetzt die Bundesregierung am Zug. Sie wird aufgefordert, sich auf europäischer Ebene stark zu machen, dass Neufahrzeuge generell mit dem System ausgeliefert werden, das beim Abbiegen vor Radfahrern oder Fußgängern warnt. Auch die Nachrüstung bereits zugelassener Laster ab 7,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht soll nach dem Willen der Länderkammer verpflichtend sein. Die Sensibilität für das Thema ist auf allen Ebenen vorhanden. Mitte Mai hatte die EU-Kommission bereits bekannt, dass sie sich für die europaweite Einführung elektronischer LKW-Abbiegeassistenten einsetzen wird. Dennoch könnte es Jahre dauern, bis die LKW-Warnsysteme zum Standard auf deutschen Straßen gehören: „Entscheidungen auf EU-Ebene sind langwierig. So lange können die Radfahrer in unseren Städten nicht warten.“ sagt Thomas Semmelmann, Vorsitzender des ADFC Nordrhein-Westfalen.

„Wir fordern, dass die kommunalen Flotten – also alle LKW, die auf Städte und Kommunen zugelassen sind – freiwillig und vorzeitig mit LKW-Warnsystemen ausgestattet bzw. nachgerüstet werden. Es geht hier um den Schutz von Menschenleben. Wir fragen uns, warum das Warnsystem nicht schon längst zur Standard-Ausstattung eines jeden LKW dazugehört.“ so Thomas Semmelmann, Vorsitzender des ADFC Nordrhein-Westfalen. Eine mögliche Lösung, um Abbiege-Assistenzsysteme für kommunale Fahrzeugflotten schneller auf den Weg zu bringen, sieht der ADFC NRW in Einrichtung eines landesweiten Fördertopfes für die freiwillige Nachrüstung bzw. Ausrüstung von LKW.
„LKW-Warnsysteme kosten je nach Ausstattung zweieinhalb Tausend Euro. Die wenigsten Kommunen können sich das leisten, deshalb müssen sie von der Landesregierung Unterstützung bekommen.“, sagt Thomas Semmelmann, Vorsitzender des ADFC Nordrhein-Westfalen.

Pressemitteilung

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9 Gedanken zu „Jeden Monat ein Todesfall bei Unfällen mit abbiegenden LKW in Nordrhein-Westfalen

  • Michael HA

    Das Foto zum Artikel ist ein Ärgernis. Es mag zwar Fälle geben, wo sich ein Radfahrer selbstmörderisch noch neben einen LKW quetscht, aber ein solcher Unfall ist doch äußerst selten. Zumindest ist mir kein solcher bekannt. Der Standard bei diesem Unfalltyp ist, dass der oder die RadfahrerIn auf einem Radweg oder Radfahrstreifen fährt und gleichzeitig als Geradeausfahrende mit den Rechtsabbiegern grün bekommt. Durch das Foto werden nur falsche Klischees bedient, die da sagen, der Radfahrer hat doch wieder mal selbst Schuld. Erstaunlich ist, dass das Foto sogar vom ADFC stammt. Vielleicht aber doch nicht, denn in der neuesten Ausgabe der Radwelt wird wieder mal kräftig für Protected Bike Lanes geworben. Dann haben wir wieder genau die Gefahr, die solche Unfälle produziert. Erst die Radfahrenden aus der Wahrnehmung der KFZler nehmen, um diese dann an der nächsten Kreuzung oder Einmündung unter die Zwillingsreifen der abbiegenden LKW zu schicken.
    Ein ehrliches Foto zu den tatsächlichen Unfallursachen und zwar eines mit Radweg, passt wohl nicht ins derzeitige verkehrspolitische Konzept des ADFC.

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    • Norbert Paul

      Keine Ahnung, was sich die Pressestelle des ADFC Bundesverband dabei gedacht hat.

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    • Alfons Krückmann

      Es gibt beim ADFC durchaus ein Foto mit Radweg.
      https://twitter.com/FahrradClub/status/1006823342576406530
      Beim Bild mit Radweg ist allerdings der Abbiegeassistent aktiv und protected die Radfahrenden, während beim Bild ohne Abbiegeassistent natürlich ein Radfahrender im ‚gefährlichen Mischverkehr‘ gezeigt wird.
      Der ADFC scheint Fortschritte bei der Professionalisierung seiner PR zu machen, wohlwissend, dass sich vor allem Bilder einprägen und dabei unterhalb der Kognitionsschwelle Einstellungen verschieben oder verfestigen.
      Achtet mal drauf: Mischverkehr wird in den letzten Monaten/Jahren verstärkt negativ bebildert, während Radwegelchen oder protected bikelanes in aller Regel eine positive Bildaussage verpasst kriegen.
      Zugegeben, die Methode steht im deutlichen Gegensatz zur guten alten Tradition von Aufklärung und sachlicher Information, aber sie ist tatsächlich ziemlich wirksam.
      Leider.

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  • Frank aus Dortmund

    Ich frage mich, wie sinnvoll die ganze Geschichte mit dem Abbiegeassistenten (und das Engagement des ADFC) wirklich ist.
    Es ist technisch wirklich anspruchsvolles Terrain (das System braucht eine extrem gute Mustererkennung und wirklich gute Sensoren), es gibt einen bunten Blumenstrauss von neuen Fehlerquellen, und vermutlich führt das Ganze dazu, dass der Fahrer sich in einer falschen Sicherheit wiegt und die eigene Aufmerksamkeit noch weiter herunterfährt.

    Die erwähnte Reduktion der Unfälle um 60% erscheint von daher realistisch; das heißt aber auch, dass in Zukunft weiterhin mit einem überfahrenen Radfahrer alle acht oder neun Wochen zu rechnen ist.

    Wär’s nicht schlauer, seine Energie darauf zu verwenden, strukturell etwas zu verändern?!

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    • Norbert Paul

      Mich würde der Nutzen von vernünftig qualifizierten Beifahrer*innen interessieren, die z. B. innerorts verpflichtet sind, von außen zu unterstützen.

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  • Mich stört an der ganzen Debatte vor allem, dass die vermeintliche Lösung hier auch mal wieder vollkommen Kapitalismus-Kompatibel sein muss: Irgendeine Firma erfindet was, es wird per Gesetz oder Verordnung verpflichtend – und die Firma macht aufgrund menschlicher Tragödien einen Milliarden-Reibach. Wenn dann immer noch schwere und tödliche Unfälle passieren – interessiert das auch keinen mehr. Bis man das nächste „Produkt“ zur Marktreife geführt hat.

    Das Hauptproblem bei Abbiegeunfällen nennt sich „Radweg“! Und Radfahrer werden dort ja auch nicht nur von Lkw über den Haufen gefahren; bei der Kollision mit dem Auto endet es aber in aller Regel (im Gegensatz zum Lkw) nicht unbedingt tödlich.

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    • Norbert Paul

      Klar, es löst das Problem nicht, dass LKW und Stadt/Dorf nicht wirklich kompatibel sind, erst recht nicht, wenn da nur eine Person für verantwortlich ist. Aber auf den LKW zu verzichten, hieße zurück zu Selbstversorgerstrukturen und das kann mir keiner als Fortschritt verkaufen, wenn ich wir z. B. Stroke Units durch Küchenkräuter, und gereinigtes Trinkwasser durch Brunnenwasser ersetzen. Das sind die unweigerlichen Konsequenzen, wenn wir zurück dahin gehen.

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      • Naja, es gibt auch noch Zwischenstufen zwischen grenzenlosem Konsumismus und Selbstversorgung auf Nachkriegsniveau. ;) Es krankt was alternative Transportmöglichkeiten betrifft ja schon in größerem Rahmen – wenn man sich vergegenwärtigt, wieviel an Eisenbahninfrastruktur in den letzten Jahrzehnten vernichtet wurde. Wir leben aber doch wirklich inzwischen in einem System, in dem so unheimlich viel überflüssiger Wegwerf-Schwachsinn produziert und konsumiert wird – und kreuz und quer durch die Welt transportiert wird.

        Sicher, der Plunder muss am Ende dann auch in die Städte geliefert werden. Die Sache mit den Abbiegetoten ließe sich ja am einfachsten vermeiden, wenn man auf gemeingefährlichen Schwachsinn wie Radwege verzichten würde. Irgendwen jetzt mal wieder zum Milliardär zu machen, weil der irgendeine Technik entwickelt hat, die dann allerdings auch sicher zu anderen Kollateralschäden führen wird, halte ich für die unzureichendste Idee, die Ursachen des Problems zu bekämpfen.

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  • Alfons Krüclmann

    Wow, mit dem Foto wird wirklich dem Fass der Boden ausgeschlagen.
    Dieser Unfalltyp kommt bekanntermaßen in den weit überwiegenden Fällen in Kombination mit Radwegen zustande. Sozusagen DER typische Radwegunfall.
    Und was macht der ADFC?
    Bringt ausgerechnet bei diesem Thema eiskalt ein Framing von ‚Gefahr bei Fahrbahnführung‘.
    Da kann Trumps Presseabteilung noch was lerenen.
    Frechheit sowas.

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