Andernorts und überallRadkultur

250 Euro im Monat über 5 Jahre für Fahrradlobbyismus

Die Stadt Bad Segeberg ist bereit, einem Einwohner jeden Monat 250 € dafür zu überweisen, wenn er sich für den Radverkehr engagiert. Dafür muss man dann aber den Titel Radverkehrsbeauftragte tragen, was ja meistens viel Frust und wenig Einfluss bedeutet aber immerhin gibt es sonst eine richtige Stelle. Als ob man eine Profi erwartet, liest sich auch das Anforderungsprofil:

Der / die Radverkehrsbeauftragte soll sich für eine Verbesserung der Radverkehrsinfrastruktur einsetzen; dazu zählen u.a. das Radverkehrsnetz, der Zustand vorhandener Radwege, die Radverkehrswegweisung, Fahrradabstellanlagen und die Radverkehrssicherheit.

Ein weiteres wichtiges Aufgabenfeld ist die Information über Radverkehrsförderung, die Beratung über Finanzierungsmöglichkeiten und die Öffentlichkeitsarbeit. Dadurch soll der oder die Radverkehrsbeauftragte zu einem radverkehrsfreundlichen Klima beitragen und die Bereitschaft zur Nutzung des Fahrrades als Verkehrsmittel im Alltag fördern.

Was haltet ihr davon, wenn eine Stadt mit 17.000 Einwohner*innen so eine Ansatz wählt? Ich bin mir wirklich unschlüssig, was ich davon halten soll.

Norbert Paul

Norbert Paul ist per PGP-Schlüssel erreichbar (Testphase) über die E-Mail-Adresse norbert.paul@velocityruhr.net

9 Gedanken zu „250 Euro im Monat über 5 Jahre für Fahrradlobbyismus

  • Andreas Linnemann

    Ich finde den Ansatz mich verkehrt, aber die Ansprüche viel zu hoch für eine mehr freiwillige ehrenamtliche Tätigkeit.
    Vielleicht wäre es möglich das in einem Verein zu stemmen. Die Stadt könnte im Rathaus ein Büro bereitstellen incl. Bürobedarf und jeden Monat die 250€. Das halte ich für realistischer.

    Antwort
  • Pirmasens hat 40.000 Einwohner, sollte also auch hier reichen! :)

    Es wär ja mein Traum, wenn Stadt oder Kreis irgendwann auf die Idee kämen, meine gewaltige Kompetenz in Sachen Radverkehr zu würdigen, indem sie mir eine Stelle als „Radverkehrsbeauftragten“ anbieten. Gerne Teilzeit – dann aber auch nach TVÖD bezahlt! Das ganze Rumgemäkel und Rumärgern mit den Behörden macht nämlich auch eine gewaltige Menge (ehrenamtlicher) Arbeit – die niemand bezahlt oder sonst wie würdigt…!

    Grade Letztens hatte ich Kontakt mit dem örtlichen Gartenamt wegen der zahlreichen mit Z 250 gesperrten oder allgemein auch gerne mal auf Gehwege (oder Fußgängerzonen…) verweisende HBR-Wege. Man habe da damals ein spezialisiertes Unternehmen beauftragt (und jenes dafür sicher mehr als ordentlich bezahlt). Wenn man jetzt aber meint, dass ich mir dagegen kostenlos die nicht unerhebliche Mühe mache und den ganzen Murks kostenfrei dokumentiere, damit sich die Stadt die Mühen spart, das selber zu überprüfen…!? Es ist ja schon bezeichnend genug, dass ein Leiter des Gartenamts nicht weiß, dass mit Z 250 beschilderte Wege auch für Radfahrer gesperrt sind!

    Antwort
    • Norbert Paul

      Jetzt willst du doch in den öffentlichen Dienst?

      Das ganze Rumgemäkel und Rumärgern mit den Behörden macht nämlich auch eine gewaltige Menge (ehrenamtlicher) Arbeit – die niemand bezahlt oder sonst wie würdigt…!

      Geht mir auch so, wobei ich ja inzwischen soweit bin, dass ich regelmäßig via Presse zum Volk spreche und damit man hat man schon ein wenig Einfluss, wenn auch kaum genau erfassbar.

      Antwort
      • Ich war ja schon einmal drei Jahre im ÖD – und wär da durchaus gerne geblieben. ;) Leider wird ja aber auch dort (vor allem aufgrund zunehmenden Personalabbaus) inzwischen ziemlich brutal ausgesiebt… :( Die, die es packen, werden dann mit nicht stemmbarer Arbeit überhäuft – weshalb es dann halt auch mal ein halbes oder ganzes Jahr braucht, um ein popliges Blauschild abschrauben zu lassen.

        Ohne den Blog (und die zunehmende, überwiegend positive Resonanz) hätte ich die Sache wohl recht bald wieder entnervt aufgegeben. Mal sehen, was die Zukunft bringt! :)

        Antwort
  • MatthiasO

    Hm. 250 Euro dafür, dauerhaft Mängellisten zu füllen aber auch konstruktive Vorschläge für die Positionierung von Anlehnbügel zu machen, scheint mir ein netter Nebenverdienst zu sein. Wenn sich die Person aber wirklich inhaltlich mit Argumentationen einer überlasteten Verwaltung und der Untätigkeit von Mitarbeitenden innerhalb der Verwaltung herumschlagen soll, ist das eigentlich nicht genug.

    Die Leistungen im zweiten Abschnitt sind definitiv entweder Aufgaben für ein echtes Beratungsbüro oder jemanden innerhalb der Verwaltung. Das kann man gar nicht sinnvoll von draußen machen. Und erst recht nicht für 250 Euro im Monat. Noch nichteinmal als Nebenverdienst.

    Antwort
    • Norbert Paul

      Ich frage mich, ob da nicht genuine Aufgaben der Verwaltung verehrenamtlicht werden sollen. Und gerade fällt mir auch auf, dass gar nichts zu Zielen und den zu erwartenden Support genant wird (z. B. Einbindung in interne Gremien, Dienst-Laptop). Klingt irgendwie nach „Die Radfahrer sollen sich selbst mit ihren Problem beschäftigen, aber ob wir was ändern, schauen wir mal.“

      Antwort
      • Diese „Verehrenamtlichung“ ist ja grade in Sachen Blauschilder quasi vollkommene Normalität. Behörden kümmern sich Jahrzehnte nicht um „Altlasten“. Und solange nicht irgendein Bürger sich die nicht unerhebliche Arbeit macht, den Murks zu sichten, ihn zu melden und ggf. sogar auf eigene Kosten zu widersprechen bzw. zu klagen – bleibt einfach alles beim Alten. Das ist grade auch deshalb ärgerlich, weil man ja gegen Allgemeinverfügungen (die alle betreffen) vorgeht. Aber man alleine das Risiko trägt. Nicht nur, als Querulant zu gelten.

        Im Grunde ist jeder Hinweis auf gefährliche und rechtswidrige Radverkehrsanlagen für die Behörden gesparter personeller Aufwand. Weil man es schlicht unterlassen hat, ausreichen Personal vorzuhalten.

        Aber das ist in den Zeiten des Neoliberalismus halt eben kein Bug, sondern ein Feature! So werden z. B. ja auch Straßenverkehrsämter mehr und mehr konzentriert. In RLP läuft das über Verbandsgemeinden. Da hockt dann irgendwo ein Beamter und soll den Überblick darüber haben, was für (blaue) Verkehrszeichen in einer 5, 10 oder 15 km entfernten Gemeinde stehen, die er vielleicht einmal alle paar Jahre bei der Durchfahrt mit dem privaten Auto zu Gesicht kriegt…!

        Dass die zwei-Jahre-Regel bei Verkehrsschauen grundsätzlich nicht eingehalten wird, ist ja inzwischen ebenfalls akzeptierte Normalität.

        Antwort
        • Norbert Paul

          Das mit den Verkehrsschauen klingt sinnvoll, aber in der Realität ist das in der vorgesehen Form mega viel Aufwand und ab Reihe 3 bekommt in dem dafür nötigen Bus keiner mehr mit, was besprochen wird und das Ergebnis ist zu mager. Bochum macht inzwischen die Verkehrsschauen in verkleinerter Runde und mit dem Rad und das soll ganz gut gehen. Gerade diese Woche führte ich ein Gespräch in der es um die Einführung einer Radverkehrsschau geht in Dortmund. Mal sehen.

          Dortmund hat übrings weit vor vielen anderen Städten, wenn dennoch auch zu spät das Thema erkannt, und von sich aus viele Benutzungspflichten aufgehoben. Wenn 20 Jahre zu spät sich jetzt mache Städte rühmen, dass sie das jetzt mal systematisch prüfen, schäme ich mich immer ein wenig fremd, wenn selbst notorisch autofreundliche Städte das 10 Jahre eher bearbeitet hatten.

          Antwort

Schreibe einen Kommentar zu MatthiasO Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert