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Minister übergibt AGFS-Urkunde an Bochum

NRW-Verkehrsminister Michael Groschek, AGFS-Vorstand Christine Fuchs und Oberbürgermeister Thomas Eiskirch unterzeichnen die AGFS-Mitgliedschaftsurkunde. (Foto: Lutz Leitmann / Stadt Bochum)
NRW-Verkehrsminister Michael Groschek, AGFS-Vorstand Christine Fuchs und Oberbürgermeister Thomas Eiskirch unterzeichnen die AGFS-Mitgliedschaftsurkunde.(Foto: Lutz Leitmann / Stadt Bochum)

Die Stadt Bochum ist seit Mai Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft der fußgänger- und fahrradfreundlichen Städte, Gemeinden und Kreise in NRW e.V. (AGFS). Am gestrigen Donnerstag (25. August) unterzeichneten Michael Groschek, Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes NRW, Oberbürgermeister Thomas Eiskirch und Christine Fuchs vom Vorstand der AGFS im Bochumer Rathaus die Mitgliedsurkunde – zu Beginn der Sitzung des Ausschusses für Infrastruktur und Mobilität.

Oberbürgermeister Thomas Eiskirch: „Die Aufnahme ist für uns Ansporn. Wir wollen uns den veränderten Mobilitätsanforderungen der Gegenwart und Zukunft stellen, denn wir sehen den Wandel. Der Fuß-, Rad- und öffentlichen Nahverkehr gewinnt neben dem Auto immer mehr an Bedeutung. Wir haben uns auf den Weg gemacht und wollen ihn weiter gehen. Dazu geben wir jetzt beim Planen weiter Gas.“

Verkehrsminister Michael Groschek sagte: „ich freue mich sehr, dass die Stadt Bochum Mitglied der AGFS geworden ist. Sie macht damit deutlich, dass sie den strukturellen Wandel gestaltet. Die autogerechte Stadt ist ein Modell, das nicht mehr für die Zukunft taugt. Nachhaltige innerstädtische Mobilität findet in erster Linie zu Fuß, auf dem Rad und in Bussen und Straßenbahnen statt. Der Beitritt zur AGFS ist auch Verpflichtung für die Zukunft. Ich hoffe, Herbert Grönemeyer singt dann eine neue Strophe: Tief im Westen, wo die Sonne nicht mehr verstaubt, ist es auf dem Rad besser, viel besser, als man glaubt.“

Am 23. Mai hatte sich die AGFS einstimmig dafür ausgesprochen, Bochum als neues Mitglied aufzunehmen. Die Stadt hatte sich dafür offiziell beworben. Oberbürgermeister Thomas Eiskirch und Stadtbaurat Dr. Markus Bradtke begleiteten die Mitglieder der Auswahlkommission der AGFS, die das Stadtgebiet bereiste und dafür – auch trotz regnerischen Wetters – als Fortbewegungsmittel selbstverständlich das Fahrrad wählte. Auf Zweirädern von Metropolradruhr prüfte sie das städtische Engagement für mehr Nahmobilität. Von der Ruhr-Universität Bochum (RUB) radelten die Mitglieder durch die Hustadt, Wiemelhausen und das Ehrenfeld in die Innenstadt und schauten sich bauliche Beispiele an. Dazu zählte unter anderem die Mobilitätsstrategie der RUB, die Führung für Radfahrer im Kreisverkehr auf der Max-Imdahl-Straße, die Neugestaltung des Springerplatzes und das indirekte Links-Abbiegen an der Kreuzung Oskar-Hoffmann- und Universitätsstraße.

Nach abschließender Diskussion mit Vertretern der Stadt und Beratung konstatiert die Kommission: „Wir haben die offene und ehrliche Präsentation sehr geschätzt und sehr begrüßt, dass der Oberbürgermeister und der Stadtbaurat sich die Zeit genommen haben, uns zu begleiten – das ist für eine Großstadt selten und daher nicht selbstverständlich“.

Kommentar
Da bin ich einer Meinung mit der Verkehrsminister, wenn er sagt: „Der Beitritt zur AGFS ist auch Verpflichtung für die Zukunft.“ VeloCityRuhr wird natürlich beobachten, ob Bochum wie viele (oder sind es alle) Mitglieder sich auf der Mitgliedschaft ausruhen. Dass das ein Problem ist, hat die AGFS längst selbst erkannt und exemplarisch Marl ausgeschlossen. Man kann nur hoffen, dass Bochum das als Mahnung im Hinterkopf behält. Wie wenig sinnvoll es ist, sich auf Autos zu verlassen, hat Bochum aber erst kürzlich schmerzlich mit Opel erlebt. Vielleicht ist auch das hilfreich, neue Wege einzuschlagen. Da aber erst nach der Vorstellung geklatscht wird, muss Bochum nun liefern. Noch steht, wenn man sich diese Pressemitteilung durchliest, der Radverkehr deutlich mehr im Vordergrund als der Fußverkehr. Das fügt sich in die AGFS ein, ist FUSS doch bis heute nicht als Verband eingebunden wie der ADFC und fehlt es bisher an einer erkennbar eigenen Fußverkehrsstrategie auf AGFS-Ebene. (Norbert Paul)

Punkten konnte Bochum bei der Bereisung mit vielen Aspekten. So wertete die Auswahlkommission als dickes „Plus“, dass die Stadt
• bei neuen Radwegen sehr auf ehemalige Bahntrassen setzt, die ein nahezu konfliktfreies Fortbewegen mit motorisierten Verkehrsteilnehmern ermöglichen,
• Umleitungen für Radfahrer sehr gut ausschildert,
• bereits viele barrierefreie bauliche Lösungen, zum Beispiel an Ampeln, geschaffen hat,
• alle „auf der Klaviatur vorhandenen Möglichkeiten“ nutzt, um Radfahren sicher zu ermöglichen (zum Beispiel durch Radwege, Angebotsstreifen etc.)
• mit den höchsten Ausleihzahlen beim metropolradruhr ganz klar Vorreiter im Ruhrgebiet ist,
• einen eigenen Radverkehrsbeauftragten berufen hat und
• eine Verwaltungsspitze hat, die sich engagiert für Nahmobilität einsetzt.

„Alles, was die Stadt neu angefasst hat, ist prima. Vor allem der umgestaltete Springerplatz mit seiner neuen hohen Aufenthaltsqualität habe beeindruckt. Nach diesem Vorbild darf es gerne noch mehr sein“, lobte die Kommission. Um in sieben Jahren noch besser da stehen zu können, empfahl sie der Stadt unter anderem,
• eine gemeinsame Gehwegnutzung von Fußgängern und Radfahrern, wo immer möglich, voneinander zu entkoppeln,
• noch mehr Einbahnstraßen in Gegenrichtung zum Radfahren freizugeben,
• neben den schon vorhandenen Abstellflächen für Räder an zentralen Knotenpunkten wie dem Rathaus zusätzlich welche an großen Wohnkomplexen einzurichten.

Aktuell hat die Stadt einige Baumaßnahmen mit Verbesserungen für Radfahrer gestartet oder will damit noch diesem Jahr beginnen:
• Bessemer Straße: Anlage breiter Radfahrstreifen
• Alte Wittener Straße: Anlage von Radfahrstreifen – bis September 2017
• Hauptstraße in Langendreer: Anlage von Radfahrstreifen zwischen Hasselbrinkstraße bis S-Bahn-Brücke
• Lewacker Straße: Anlage eines durchgehenden Geh- und Radweges
• Im Lottental, Eichenweg/Baumhofstraße: Asphaltierung des Weges, steigungsarme Verbindung vom Ruhrtal bis zur Höhe Markstraße
• Volkspark Hiltrop: Asphaltierung von Wegen von der Hiltroper Heide aus nach Nordwesten
• Abschlussarbeiten Parkband West – Fertigstellung im Herbst 2016
• Springorumtrasse: Untertunnelung der Hattinger Straße – Fertigstellung Mitte 2017, dann weiterer Ausbau in Richtung Dahlhausen
• Unterstraße, Anlage von Radfahrstreifen
• im gesamten Stadtgebiet die ungeliebte „Umlaufsperren“ – versetzte Gitter, die aus Sicherheitsgründen am Ende von Wegen gesetzt werden – wenn möglich durch andere bauliche Lösungen wie Bodendrempel zu ersetzen

Neben Straßenbaumaßnahmen arbeitet das Tiefbauamt der Stadt aktuell an einer Ergänzung zum Landesradwegenetz, um für den Bürger Radrouten besser sichtbar zu machen und Wegebeziehungen zwischen den Stadtteilen herzustellen. Denn während das Landesradwegenetz die Hauptrouten durch die Städte Nordrhein-Westfalens zeigt und die Städte miteinander verknüpft, soll die Ergänzung kleinteiliger angelegt und damit häufiger im Alltag nutzbar sein. Die dazu passenden Schilder sollen voraussichtlich in zwei Wellen in den Jahren 2017 und 2018 aufgestellt werden.

Diese Pressemitteilung der Stadt Bochum gibt die Meinung der Stadt Bochum wieder. Die Überschrift wurde von uns gewählt.

Pressemitteilung

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4 Gedanken zu „Minister übergibt AGFS-Urkunde an Bochum

  • Noch zur Ergänzung der offiziellen Mitteilung: Der OB und auch die Vorsitzende des Ausschusses f. Infrastruktur und Mobilität haben direkt am Anfang ihrer Reden betont, dass sie die Mitgliedschaft ausdrücklich als Auftrag und Verpflichtung verstehen. Das Bewusstsein und der Wille zu weiteren Verbesserungen ist also sowohl auf Verwaltungs- als auch auf Seiten der Politik vorhanden.

    Die Tagesordnungen dieses Ausschusses sind auch regelmäßig voll von Radverkehrsthemen. Dass der Fußverkehr kein so präsentes Thema ist kann auch daran liegen, dass (abgesehen mal vom Thema Bergstraße) Bochum da dem Hörensagen nach im Vergleich zu anderen Städten wohl ganz gut aufgestellt ist.

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    • im Vergleich zu anderen Städten wohl ganz gut aufgestellt ist.

      Kein Grund sich zurückzulegen und auszuruhen. :-)

      Diese allgemeinen Worte hört man ja immer wieder, die Frage ist, was dann im Einzelfall passiert.

      Antwort
  • Christoph

    Natürlich ist es schön wenn man sich als Stadt oder Gemeinde das Ziel setzt, fahrradfreundlicher zu werden. Auch in meiner Heimatstadt Lübeck hat man sich dies als Handlungsmaxime auf die politische Agenda geschrieben.

    Nur was soll ich damit anfangen, wenn die Belange des Radverkehrs immer genau dann unter den Teppich gekehrt werden, wenn es hart auf hart kommt. Das kann die Vierspurigkeit einer Straße sein, die unbedingt erhalten bleiben muss, der freie Rechtsabbieger, den es auf Teufel komm raus zu verteidigen gilt, die “Quartiersbelange“, die es nötig machen jeden auch illegalen Gehwegparkplatz auf alle Fälle zu bewahren oder oder.

    Auch werden die Bedürfnisse von Radfahrern und die Anforderungen an die Verkehrsführung von Radverkehr oft völlig falsch eingeschätzt.

    Da wird kein Problem darin gesehen, dass der ca. 1,5 Meter breite benutzungspflichtige Radweg durch eine teilweise Anwohnerstraße (wenig Verkehr) und durch den Türzonenbereich der geparkten Fahrzeuge geführt wird. Die Forderung den Radfahrer auf die sicherere Fahrbahnzu schicken, wird dann als Schildbürgerstreich abgetan.

    Oder es wird “im Interesse des Radfahrers“ am Holperradweg festgehalten, da die Benutzung der Fahrbahn ja per se gefährlich ist.

    Solange vielerorts wenig Sachverstand vorhanden ist bzw. freundlicher formuliert es an Problembewusstsein mangelt, genügt es eben nicht, sich die Fahrradfreundlichkeit auf die Fahnen zu schreiben. Denn dann werden Maßnahmen ergriffen, die zwar als freundlich dem Radverkehr gegenüber angesehen werden, es aber definitiv nicht sind oder eben gar keine Maßnahmen ergriffen.

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    • Nur was soll ich damit anfangen, wenn die Belange des Radverkehrs immer genau dann unter den Teppich gekehrt werden, wenn es hart auf hart kommt.

      Das ist dann die amtlich-offizielle Variante der Radverkehrsfreundlichkeit. Man hat wenigstens dran gedacht, die Belange wegzuwägen, gerne unter Rückgriff auf die Protected-Bike-Lane-Restauristen. Draußen im Grünen soll es ja eh schöner zu radeln sein. ;-)

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